Grasser - zwischen Liveticker-Verboten und Bürotürmen

BUWOG GRASSER PROZESS: GRASSER / WESS
BUWOG GRASSER PROZESS: GRASSER / WESSAPA/HERBERT NEUBAUER
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Ticker Verhandlungstag 45 Umfassende Kritik an den Medien, ein Ex-Finanzminister, der für Wertpapiere wirbt, und ein Tower, über den Karl-Heinz Grasser kaum etwas gewusst haben will, standen auf der Agenda am 45. Tag in Österreichs bislang größtem Korruptionsprozess.

Soll es Liveticker aus dem Gerichtsaal geben? Diese Frage stand am Beginn des 45. Tages im Korruptionsprozess gegen Karl-Heinz Grasser und Co. im Raum – gemengt mit einer umfangreichen Kritik an den Medien. So beanstandeten die Verteidiger des früheren Finanzministers, Norbert Wess und Manfred Ainedter, „verzerrende“ Artikel, „reißerische Headlines“ und „falsche“ Darstellungen. Damit einher gehe die Gefahr, dass die Schöffen, die letztlich unvoreingenommen über Schuld und Unschuld der Angeklagten zu urteilen hätten, beeinflusst würden. Anlass für die Kritik war ein Interview der Austria Presseagentur mit der grünen Ex-Abgeordneten Gabriela Moser, die am Montag – gestützt auf Medienberichte – eine „Zwischenbilanz“ zum Prozess abgegeben hatte.

„Ich habe hier für Ruhe und Ordnung zu sorgen“, sagte, nach eingehender Beratung mit den Laienrichtern, Prozessleiterin Marion Hohenecker. „Nachdem die Liveticker die Verhandlung nicht stören, scheint es mir nicht zwingend, dem Antrag auf Untersagung des Live-Tickers stattzugeben.“ Es gehe nicht um irgendwelche Berichte, sondern um „Zahlen, Daten und Fakten“, das wüssten auch die Schöffen.

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Der nächste Abschnitt des Tages widmete sich dann abermals den Medien – genauer gesagt: „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk. Er wurde von der Verteidigung als Zeuge beantragt und kam heute in den Großen Schwurgerichtssaal, woraufhin der Pflichtverteidiger des Zweitangeklagten Walter Meischberger, Jörg Zarbl, dessen Ausschluss aus der Hauptverhandlung forderte. Auch das lehnte Hohenecker ab. Denn: Würde sie dem zustimmen, könnte „Willkür“ einziehen. Gemeint ist: Personen könnten mit der Absicht als Zeugen nominiert werden, um sie vom Geschehen fernzuhalten.

"Meischberger war mein bester Freund"

Dann ging es doch noch um den Hauptangeklagten Grasser. Zunächst um seine Tätigkeit bei Meinl International Powers (MIP), wo er nach seinem Ausscheiden aus der Bundesregierung im Jahr 2007 (u.a.) tätig wurde. Er schilderte, dass er für die Gesellschaft auf Roadtour gegangen sei, um Investoren anzuwerben. Auch mit Meischberger habe er über Aktien gesprochen – und dieser habe letztlich welche erworben. Der größere Teil der Einvernahme (schon seit drei Tagen stellt die Richterin dem Ex-Minister Fragen) drehte sich schließlich um den Terminal Tower. Grasser will hierzu kaum Wahrnehmungen haben. Immobilienfragen seien für ihn „stets Randthemen“ gewesen, Mietverträge habe er nie unterzeichnet. Und: „Es hat keine Weisung und kein Machtwort gegeben.“

Worum geht es genau? Der Terminal Tower ist ein Bürogebäude am Linzer Hauptbahnhof. Gebaut wurde er ab März 2006. Noch vor der Fertigstellung wurde nach Mietern gesucht. Der damalige Generaldirektor der RLB OÖ, Ludwig Scharinger, und die Porr sollen dafür Oberösterreichs Finanzlandesdirektion ins Auge gefasst haben. Die letztlich auch dorthin übersiedelte. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass „eine Bestechungszahlung“ von 200.000 Euro für die Einmietung verantwortlich war, denn ursprünglich sei dem Finanzministerium der Mietpreis zu hoch gewesen. Geflossen sein soll das Geld demnach auf ein Konto des mitangeklagten Lobbyisten Walter Hochegger und der Großteil von dort erst auf ein Konto der Omega International in Liechtenstein und weiter auf drei Konten, wovon die Staatsanwaltschaft eines Grasser, eines Meischberger und eines dem Immobilienmakler Ernst Karl Plech zurechnet. Die Genannten bestreiten das vehement.

Grasser sagte am Mittwoch dazu: Die Staatsanwaltschaft unterstelle ihm Unrichtiges – und zwar nicht nur beim Thema Terminal Tower. So würden E-Mails und Aktenvermerke angeführt, in denen zwar sein Name vorkomme, mit denen er aber nichts zu tun habe. Weder habe er an darin beschriebenen Besprechungen teilgenommen, noch von diesen gewusst. Wie das? „Der Finanzminister wird oft als Synonym für das Finanzministerium genannt“, erklärte Grasser und zwar ohne, dass er davon gewusst habe.

Ganz kurz wurde es vor Gericht auch ein wenig privat: Konfrontiert mit einem Schreiben, in dem es heißt, Plech sei ein „Intimus von KHG“ gewesen, meinte Grasser: „Meischberger war mein bester Freund, Plech war ein Bekannter.“

Morgen, Donnerstag, geht die Verhandlung um 9:30 Uhr weiter. Die „Presse“ wird live berichten.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

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