Grasser: "Es muss ja nicht immer ums Geld gehen, Frau Rat"

Karl-Heinz Grasser im Großen Schwurgerichtssaal, im Hintergrund: Peter Hochegger.
Karl-Heinz Grasser im Großen Schwurgerichtssaal, im Hintergrund: Peter Hochegger.(c) Herbert Neubauer / APA
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Ticker Verhandlungstag 46 Der Ex-Finanzminister ortet in der Anklageschrift einen "Kriminalroman", sieht kein "vermischtes" Geld und eine korrekte Buwog-Vergabe. Ob er im Rückblick dennoch etwas anders gemacht hätte? "Es gibt nur das Jetzt."

Der 46. Verhandlungstag im Korruptionsprozess gegen Karl-Heinz Grasser und 13 weitere Angeklagte verlief durchaus persönlich. Richterin Marion Hohenecker befragte den Hauptangeklagten nämlich einerseits zu seinem (mitangeklagten) Trauzeugen Walter Meischberger, andererseits zu dem Geld seiner Schwiegermutter Marina Giori-Lhota sowie danach, was er im Rückblick anders gemacht hätte. Dabei stets präsent: die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 und der Terminal Tower. Denn: Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Finanzminister in Zusammenhang mit diesen Untreue, Beweismittelfälschung und Geschenkannahme vor. Grasser ortet indes einen „Kriminalroman“ und plädiert auf „nicht schuldig“.

Der Reihe nach: Meischberger sei über Jahre hinweg „sein bester Freund“ gewesen, sagte Grasser heute. Dieser habe ihn während seiner Zeit als Finanzminister (Februar 2000 bis Jänner 2007) immer wieder – neben etlichen anderen – beraten, dafür aber kein Geld erhalten. „Es muss ja nicht immer ums Geld gehen, Frau Rat.“

„Ziel war, dass Meischberger rasch seine Steuern bezahlt“

Tat es dann aber, denn: Richterin Marion Hohenecker fragte nach der 2004 erfolgten Privatisierung der 61.864 Bundeswohnungen (ein Paket aus Buwog, ESG Villach, WAG Wohnungsanlagen GmbH und EBS). Grasser sagte, diese sei korrekt und transparent erfolgt – via Vergabekommission. Er habe „nichts anderes als meine Pflicht getan“, herausgekommen sei ein Erfolg für die Republik. Dass Meischberger vom siegreichen Österreich-Konsortium eine Provision in der Höhe von 9,6 Millionen Euro erhalten habe, habe er damals nicht gewusst, so Grasser. Wohl aber folgendes: „Niemand hatte aus dem Finanzministerium einen Auftrag, niemandem haben wir eine Provision bezahlt.“ (Die Staatsanwaltschaft ortet hinter den 9,6 Millionen Euro bekanntlich Schmiergeld, das sich Grasser, Meischberger und die mitangeklagten Peter Hochegger und Ernst Karl Plech aufgeteilt hätten – die Genannten bestreiten, nur Hochegger legte ein Teilgeständnis ab.)

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Erst 2009 habe Meischberger Grasser darüber informiert, dass er das Geld bekommen und nicht versteuert habe, schilderte Grasser weiter. Der ehemalige Minister sei darüber „fassungslos“ gewesen, habe zur Selbstanzeige geraten. „Mein Ziel war einfach, dass der Herr Meischberger rasch seine Steuern bezahlt, weil ich das, sozusagen, als den gebotenen Schritt ansah.“

„Aus beiden Vergaben keinen Vorteil gezogen“

Von den 200.000 Euro, die Meischberger für seine jahrelange Tätigkeit für den Baukonzern Porr erhalten haben will (die Staatsanwaltschaft ortet auch hier eine „Bestechungszahlung“ und zwar im Zusammenhang mit der Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower), habe er auch nichts gewusst, so Grasser auf eine entsprechende Frage der Richterin. „Frau Rat, ich sitze hier, um meine Verantwortung klar zu machen - ich habe aus beiden Vergaben keinen Vorteil gezogen.“

„Nichts Vorwerfbares“ sah Grasser schließlich auch darin, dass Geld, das er einst für seine Schwiegermutter veranlagt haben will, eine Zeit lang auf einem Raiffeisen-Liechtenstein-Konto der in Belize City gegründeten Briefkastenfirma Mandarin Group Ltd. gelegen habe. Die Richterin erläuterte, dass sich dort auch Geld von Meischberger aus der „Buwog-Provision“ befunden hätte sowie Geld des Schweizer Vermögensberaters Norbert W. (ebenfalls Angeklagter). Das Geld sei „vermischt“ worden. Grasser konterte, er habe das damals nicht gewusst, sondern aus den Akten erfahren und für ihn gebe es „keine Vermischung“. Denn: „Mein Eindruck ist: Da gibt es für jeden Vorgang klare Verträge und Zuordnungen.“ Überhaupt empfinde er es als Gemeinheit, dass die Staatsanwaltschaft „aufgrund einer Überweisung“ annehme, die Mandarin gehöre ihm. Er hoffe, dass sich „am Ende des Tages“ auch für das Gericht herausstellen werden, dass das nicht der Fall sei.

Ob er aus heutiger Sicht etwas anders machen würde? „Es gibt nur das Jetzt“, lehnte der 49-Jährige Spekulationen ab. Und: „Ich sehe mich als unschuldig in dieses Verfahren hineingezogen.“ Letzteres geht übrigens am 1. August weiter – die „Presse“ wird wieder live berichten. 

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

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