Buwog-Verfahren: Die wundersame Geldvermischung

Der Hauptangeklagte, Ex-Finanzminister Karl-Heinz-Grasser, musste bisher fünf Tage lang Rede und Antwort stehen.
Der Hauptangeklagte, Ex-Finanzminister Karl-Heinz-Grasser, musste bisher fünf Tage lang Rede und Antwort stehen.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Der Prozess ist im achten Monat angekommen - das ist wohl erst die Halbzeit. Eine Zwischenbilanz zeigt: Das Gericht arbeitet sanft, aber konsequent irritierende Indizien heraus.

Wien. Das größte Korruptionsverfahren der österreichischen Justizgeschichte ist 46 Verhandlungstage alt (Start: Dezember 2017). Der Hauptangeklagte, Ex-Finanzminister Karl-Heinz-Grasser, musste bisher fünf Tage lang Rede und Antwort stehen. Am Donnerstag wurde der Prozess bis 1. August vertagt. Nach diesem einen (allein stehenden!) Tag wird erst wieder ab dem 18. September verhandelt. Eine Zwischenbilanz.

1 Wie lässt sich der bisherige Prozessverlauf bilanzieren?

Seit der mitangeklagte Ex-Lobbyist Peter Hochegger gestanden hat, an der Provision für den 2004 von Grasser organisierten Verkauf von 61.864 Bundeswohnungen mitgenascht zu haben, liegt eben dieses Geständnis wie ein Schatten über den anderen Angeklagten. Zur Erinnerung: Hochegger hat zugegeben, einen Teil der 9,6-Millionen-Euro-Verkaufsprovision kassiert zu haben – obwohl ihm ein Anlageberater verraten habe, dass auch Karl-Heinz Grasser einen Anteil des Geldes bekomme. Damit hat Hochegger Beteiligung an der Untreue (zulasten der Republik) gestanden. Und er hat Grasser und andere schwer belastet.

Grasser bestreitet entschieden, mit im Boot gesessen zu sein. Er sagt: „Weder habe ich einen Amtsmissbrauch gemacht, noch hab ich ein Geld genommen.“

Richterin Marion Hohenecker legte die Einvernahmen der Angeklagten (es sind 15 an der Zahl, aber zwei sind aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig) bisher besonders ausführlich an. Dazu steht sie auch weiterhin: „Denn die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind massiv – und beschäftigen die gesamte Republik.“

Bei Grasser kam sie zuletzt immer wieder auf bestimmte Indizien zurück. Auf das viel zitierte Schwiegermuttergeld, also auf 500.000 Euro, die Grasser von seiner – dem Swarovski-Clan angehörigen – Schwiegermutter, Marina Giori-Lhota, zur Veranlagung bekommen haben will. Und auf eine, wie die Richterin findet, auffällige „Vermischung“ von Geldern auf dem Konto der im zentralamerikanischen Steuerparadies Belize ansässigen Briefkastenfirma Mandarin.

Ebendort sind nämlich Grassers Schwiegermuttergeld und ein Teil der Buwog-Provision zusammengeflossen. Und zwar ein Teil des Buwog-Geldes, das dem nun mitangeklagten Ex-Lobbyisten Walter Meischberger zugegangen war. Mehr noch: Auch Gelder des ebenso angeklagten Anlageberaters W. – dieser war der „Erfinder“ der Firma Mandarin – langten auf diesem Konto ein.

„Na und?“, fragt Meischberger. „Vielleicht hat W. noch mit 300 anderen Kunden seine Gelder dort vermischt.“ Vielleicht. Die Richterin verfolgt dennoch, wie sie sagt, „die Spur des Geldes“. Und findet diese Vermischung bemerkenswert. Grasser sagt, W. habe für ihn Geld dorthin überwiesen, aber es habe keine Vermischung gegeben.

2 Wie klingen die Zwischentöne, welche Atmosphäre herrscht im Saal?

Die Tatsache, dass Grasser und Meischberger auch gegen Medien kämpften (sie wollten die Berichterstattung via Internet-Live-Ticker gerichtlich verbieten lassen, scheiterten aber), lässt auf eine gewisse Nervosität schließen. Die Richterin zeigte sich seit Prozessbeginn betont sachlich. Sie weiß, dass sie möglichst keinen Fehler machen darf. Der einzige, der trotz allem eine gewisse Lockerheit zur Schau trägt, ist zugleich der einzige Geständige: Peter Hochegger.

3 Wie geht es weiter, wann ist mit dem großen Finale zu rechnen?

Da im Herbst ein anderes Verfahren mit dem Buwog-Verfahren verschmolzen wird (es geht um Geld der Telekom Austria, das von Hochegger in „schwarzen Kassen“ gebunkert worden sein soll), läuft der Prozess wohl bis in die erste Jahreshälfte 2019. Danach folgt die zweite Instanz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2018)

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