Wiener Schuldenberg: Finanzminister legt sich mit Stadtregierung an

Finanzminister Hartwig Löger.
Finanzminister Hartwig Löger.(c) APA/ROBERT JAEGER
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Die Stadt Wien weist die scharfe Kritik von Finanzminister Löger und Kanzleramtsminister Blümel zurück.

Wien. Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass Gernot Blümel den Wiener Schuldenstand kritisiert. Allerdings hat er das in der Vergangenheit in seiner Funktion als Chef der Wiener ÖVP gemacht. Mittlerweile ist er bekanntlich auch Kanzleramtsminister, was der Sache ein anderes Gewicht gibt (hinzu kommt, dass er mit dem neuen Wiener Bürgermeister, Michael Ludwig, ein anderes Gegenüber hat). Neu ist aber vor allem, dass er bei seiner Kritik Rückendeckung von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bekommt. Von einer „bedenklichen Schuldendynamik“ sprachen die beiden im „Kurier“.

„Der Wiener Schuldenberg stieg von 1,39 Milliarden im Jahr 2007 auf 6,41 Milliarden im Vorjahr. Das ist ein Plus von 360 Prozent. Inklusive Schulden der Unternehmen beträgt der Schuldenstand sogar 9,4 Milliarden Euro“, rechnete Blümel vor. „Die 2016 angekündigte Wiener Verwaltungsreform ist leider im Sande verlaufen. Hier bleibt viel Potenzial auf der Strecke“, zeigte sich Finanzminister Löger mit der Wiener Schuldenentwicklung unzufrieden.

„ÖVP-Fantasierechnung“

Die Wiener Stadtregierung weist die Kritik am hohen Schuldenstand der Gemeinde zurück. Die von der ÖVP kolportierten Zahlen seien „weder neu, noch eine große Überraschung und zum Teil erfunden“, erklärte das Büro von Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) am Sonntag der „Presse“. (Hanke hat erst im Mai den Posten von der langjährigen Stadträtin Renate Brauner übernommen). Es handle sich um eine „ÖVP-Fantasierechnung“ und „billige ÖVP-Polemik“.

Mit Unverständnis reagierte man auf den Umstand, dass neben dem Wiener ÖVP-Chef und Kanzleramtsminister, Gernot Blümel, auch ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger von einer „bedenklichen Schuldendynamik“ in Wien gesprochen hatte. Man sei einigermaßen verwundert, „dass sich Finanzminister Löger durch die Wien-Bashing-Gruppe Sebastian Kurz und Gernot Blümel zum Erfüllungsgehilfen instrumentalisieren lässt“, erklärte das Büro des Finanzstadtrats.

Die Stadt Wien habe einen Konsolidierungspfad beschlossen, der vorsieht, die Neuverschuldung Schritt für Schritt bis 2020 auf null herunterzuschrauben. „Dieser Konsolidierungspfad wird bisher nicht nur eingehalten, sondern auch übererfüllt. Diese Zahlen sind dem Finanzministerium seit Jahren bekannt.“ Mit Ende 2017 war ein Schuldenstand von 6,56 Milliarden Euro geplant, dieser Wert wurde um 150 Millionen Euro unterboten.

Die Entwicklung in Wien sei demnach weder im Bundesländervergleich noch internationalen bedenklich. Der Finanzminister selbst habe noch bei einer Konferenz der Landesfinanzreferenten im April in seiner eigenen Präsentation darauf hingewiesen, dass Wien im Ländervergleich auf dem viertniedrigsten Platz liegt. Im Übrigen sei es nach wie vor so, dass mehr als 90 Prozent der Schulden in Österreich der Bund zu verantworten hat, betonte ein Sprecher Hankes.

Einnahmen wachsen mit Bevölkerung

Auch den Vorwurf Blümels, die Stadt habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem und erhöhe die eigenen Steuern kontinuierlich, weist das Stadtratsbüro zurück: Dass die Einnahmen in Wien gestiegen sind, spiegle das Bevölkerungswachstum, das aber zugleich zusätzliche Kosten für Schulen, Kindergärten und andere Einrichtungen verursache. Die von Blümel erwähnten „eigenen Steuern“ der Stadt machten auch nur 9,6 Prozent des Wiener Budgets aus, 41,9 Prozent kämen aus den gemeinschaftlichen Bundesausgaben. „Das muss Blümel nicht wissen, Löger sollte das aber schon wissen.“

Es mache die Sache auch nicht besser, wenn man Äpfel mit Birnen vergleiche und die Schulden aller ausgegliederten Unternehmen, die sich wirtschaftlich selbst tragen, hinzurechne, heißt es weiter aus dem Büro Hankes. Legt man dies als Maßstab an, müsste man beispielsweise auch die Schulden der Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungsgesellschaft Asfinag zum Schuldenstand des Bundes hinzurechnen.

Auch der nicht amtsführende ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch kritisierte den Schuldenstand der Stadt Wien sowie die Kostenexplosion rund um das Projekt Krankenhaus Nord und die Wiener Mindestsicherung. „Bürgermeister Ludwig muss sich an der Bundesregierung ein Beispiel nehmen und nun rasch konkrete Maßnahmen vorlegen“, findet Wölbitsch. Die Schonfrist für den neuen Bürgermeister dürfte nun also endgültig vorbei sein. (ks/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2018)

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