In der Debatte über die Abschiebung von Lehrlingen sagte Mahrer in einem Interview, man könnte ein humanitäres Bleiberecht aussprechen.
Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) verteidigt seine Bestellung zum Notenbankpräsident und sorgt mit einer wirtschaftspolitischen Aussage für Staunen. "Was ich unterschätzt habe, ist das Ausmaß des Fachkräftemangels, der den Betrieben unter den Nägeln brennt", sagte Mahrer im "Standard" (Samstagsausgabe).
Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn kommentierte diese Äußerung im Internet prompt mit den Worten: "So geht es einem Präsidenten, wenn man von Unternehmertum und Praxis nichts versteht."
Die Kritik von Ex-ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner an der Bestellung von ihm zum Nationalbankpräsidenten wollte Mahrer nicht kommentieren. Eine Unvereinbarkeit mit seiner Kontrollfunktion in der Nationalbank und als Bankenvertreter in der Wirtschaftskammer sieht Mahrer nicht. "Die Notenbank muss eine unabhängige Institution sein, das ist auch mir sehr wichtig", sagte er zur Zeitung.
Mahrer meinte zur Kritik von prominenten Wirtschafts- und Politikvertretern, auch aus den Reihen der ÖVP, zu der Abschiebung von Lehrlingen, dass Recht Recht bleiben soll, aber man ein humanitäres Bleiberecht aussprechen könnte. "Um eine Lösung für hoch motivierte Lehrlinge mit guten Deutschkenntnissen zu finden, bin ich mit der Regierung im Gespräch", betonte Mahrer.
WKÖ: Fachkräftemangel hat sich weiter verschärft
Der ohnehin bereits eklatante Fachkräftemangel in der Wirtschaft hat sich weiter verschärft. Mittlerweile seien 87 Prozent der Betriebe davon betroffen, teilte die Wirtschaftskammer der APA am Samstag unter Verweis auf eine entsprechende Erhebung mit. 2017 seien es noch rund zwei Drittel gewesen. Die Kammer spricht von einem "sehr signifikanten und auch für uns deutlich überraschenden Anstieg".
60 Prozent der befragten Betriebe leiden dadurch den Angaben zufolge bereits oder in absehbarer Zeit unter Umsatzeinbußen. Das bedeute, die Betriebe müssten das Leistungsangebot einschränken, Aufträge ablehnen oder bestehende Orders stornieren.
Fast die Hälfte der befragten Firmen (49 Prozent) gab laut Wirtschaftskammer an, Produkt- und Serviceinnovationen einschränken zu müssen. Wegen des Fachkräftemangels könnten die eigenen Erzeugnisse nicht mehr verbessert werden bzw. müsse darauf verzichtet werden, neue Produkte zu entwickeln.
(APA)