Die frühere Wiener SPÖ-Finanzstadträtin und nachmalige Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer sagte vor der Untersuchungskommission zum skandalträchtigen Krankenhaus Wien Nord aus. Dabei machte sie sich Sorgen über die späteren Jobaussichten von Kanzler Sebastian Kurz: "Was soll dieser Mensch machen?"
Vor der im Wiener Rathaus tagenden Untersuchungskommission, die sich unter anderem mit der Kostenexplosion, den Verzögerungen und dem Zustandekommen der Baumängel bei Errichtung des Krankenhauses Wien Nord befasst, sagte am Dienstag Brigitte Ederer als Auskunftsperson aus. Sie war im Untersuchungszeitraum Siemens Österreich Chefin und davor Wiener SPÖ-Finanzstadträtin. Zur Frage warum bei der Ausschreibung des Baus ursprünglich Bieter gesucht wurden, die eine Paketlösung anbieten - nämlich Grundstück, Planung und Errichtung - sagte sie: Hätte die Stadt selbst ein Grundstück für das Krankenhaus gesucht, wären die Grundstückspreise in die Höhe geschnellt.
Ederer bestätigte, dass bei Abbruch der Verhandlungen mit dem Krankenanstaltenverbund (KAV) - damals hatte sich ein Konsortium aus Siemens, Porr und Vamed um den Auftrag bemüht - die Kosten für das Projekt KH Nord mit 825 Millionen Euro veranschlagt waren. Mittlerweile ist mit bis zu eineinhalb Milliarden zu rechnen. Zur Erinnerung: Der KAV hatte die Verhandlungen mit dem Konsortium abgebrochen.
Laut Ederer habe der KAV damals signalisiert, dass ihm "alles zu teuer" sei und habe die Errichtung des KH Nord in eigene Hände genommen. Im KAV habe man über die Konsortialpartner geglaubt: "Die drei Pfeffersäcke vedienen sich dumm und dämlich an dem Spital."
Zu der Tatsache, dass Udo Janßen, der frühere - in Unfrieden geschiedene - Chef des Wiener Krankenanstaltenverbundes aus Deutschland stammt, meinte Ederer: "Ich würde keinen deutschen Manager einsetzen." Deutsche Manager seien zwar ausgezeichnet. Aber: "Als Deutscher tut man sich schwer sich in Wien zurecht zu finden. Wien ist ein eigenes Biotop. Man findet sich nicht zurecht, wenn man das nicht schon mit der Muttermilch aufgesaugt hat."
Auf Nachfrage stellte Ederer klar: "Ein deutscher Manager tut sich schwer in der österreichischen Kultur. Ich meine aber nicht die Kultur des Mauschelns oder der Korruption."
Auch beklagte Ederer, dass es Politiker in Österreich nicht leicht hätten, nach ihrem Politik-Aus einen anerkannten Job zu finden. Auch sie sei, als sie zu Siemens ging, als Lobbyistin gesehen worden. Insofern machte sich Ederer Sorgen um Bundeskanzler Sebastian Kurz: "Wir haben einen 32-jährigen Bundeskanzler. Irgendwann wird er aufhören und einen Job brauchen. Was soll dieser Mensch machen? Der weiß soviel, der kennt soviele Leute ..."
Zu den Landtagsabgeordneten: "Ich flehe sie an: Passen sie auf ihren Berufsstand auf." Es solle nicht sein, dass Politiker nach der Politik quasi Berufsverbot haben. Es solle nicht sein, dass die Öffentlichkeit von einem Politiker erwartet, dass er nach seinem Ausstieg "am Schwedenplatz betteln geht".
Auch Wiens Ex-Finanzstadträtin Renate Brauner trat am Dienstag vor die Kommission.