U-Ausschuss: Gegenabwickler in Erklärungsnot

EUROFIGHTER-U-AUSSCHUSS: WOLF
EUROFIGHTER-U-AUSSCHUSS: WOLFAPA/HANS PUNZ
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Tag zwei der dritten Runde des Eurofighter-Untersuchungsausschusses: Die früheren Magna-Manager Siegfried Wolf und Hubert Hödl sollen über Gegengeschäfte rund um den Flugzeugkauf Auskunft geben.

Tag zwei des dritten Eurofighter-Untersuchungsausschusses der Zweiten Republik. In der Causa um die Anschaffung der von EADS produzierten Militärflugzeuge, die heute vom Bundesheer betrieben werden, sollen am Donnerstag die beiden ehemaligen Manager Siegfried Wolf und Hubert Hödl befragt werden. Die Ex-Magna-Manager waren auch schon im zweiten Eurofighter-U-Ausschuss 2017 geladen gewesen - hatten aber damals aber ihre Befragungstermine platzen lassen.

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Den Vorsitz in dem Gremium hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Wie bereits beim letzten Eurofighter-U-Ausschuss wird die Erstbefragungen als Verfahrensrichter der frühere Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs, Ronald Rohrer, durchführen. Auf die Einhaltung der Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen wird wieder Verfahrensanwalt Andreas Joklik achten.

Worum geht es diesmal?

Generell knüpft der dritte Eurofighter-U-Ausschuss dort an, wo der zweite Untersuchungsausschuss aufgehört hat: Es geht um vermutete unzulässige Zahlungsflüsse im Zuge des Jet-Kaufs, die Informationslage beim Abschluss des Kaufvertrags, die Gründe für die Typenwahl sowie um die Frage, inwieweit den beiden bisherigen Ausschüssen von der jeweiligen Bundesregierung alle Informationen vorgelegt wurden. Außerdem wollen die Abgeordneten die Entscheidungen aus der Amtszeit von Hans Peter Doskozil (SPÖ) 2016/2017 prüfen.

Wer sind die Auskunftspersonen am Donnerstag?

Die früheren Magna-Manager Siegfried Wolf und Hubert Hödl werden zu umstrittenen Gegengeschäften rund um die Eurofighter-Anschaffung befragt. Es geht um dubiose Zahlungsflüsse rund um den Jet-Kauf. "Wir nehmen jetzt die Spur des Schmiergeldes auf", erklärte Peter Pilz vor Sitzungsbeginn.

Es gehe um 183,4 Millionen Euro Steuergeld, erinnerte Pilz, bewaffnet mit Zeigestab und einer Tafel, auf der dubiose Geldflüsse rund um die Briefkastenfirma Vector und Hödl dargestellt werden sollen. Es gebe "unerklärliche Mehrfachverrechnungen" und "ständig Provisionen an Briefkästen, die behaupten, Gegengeschäfte angebahnt zu haben", obwohl es weder Personal noch Geschäftslokale gab. "Und das Geld landet dann auf wundersame Weise wieder beim Magna-Manager."

Michael Bernhard von den Neos kündigte an, heute Dokumente vorzulegen, die bisher nicht bekannt seien. Diese sollen belegen, dass rund um das "Netzwerk" Magna, Wolf und Hödl "polizeiliche Falschaussagen" getroffen worden seien und dass es eine direkte Verbindung zwischen Magna und dem Jet-Hersteller EADS gegeben habe.

Andreas Ottenschläger, Fraktionsführer der ÖVP, will nicht nur die Höhe der Provisionen hinterfragen, sondern auch, was die Leistung gewesen sei. FPÖ-Fraktionsführer Reinhard Bösch interessiert, ob Wolf in der Phase der Typenentscheidung im Rahmen seiner Kontakte zu Regierungsmitgliedern Hinweise auf illegale Zahlungen gehabt habe. Er verwies aber darauf, dass sowohl gegen Wolf als auch gegen Hödl Verfahren laufen, weshalb es passieren kann, dass sie sich zu Fragen im Zusammenhang damit entschlagen können.

Am Rande des U-Ausschusses sprach sich SPÖ-Fraktionsführer Rudolf Plessl einmal mehr dafür aus, dass künftige derartige Ankäufe ohne Gegengeschäfte durchgeführt werden müssen. "Wir wollen keine Gegengeschäfte." Auch die FPÖ sieht das nun so, wie Bösch bekräftigte. Ottenschläger schloss es indes für die ÖVP nicht aus, dass es auch künftig Gegengeschäfte geben wird - allerdings unter strengeren Rahmenbedingungen.

Darüber hinaus wurde bekannt, dass der Rüstungslobbyist Walter Schön nicht aussagen wird. Das hat Schön dem Ausschuss über seinen Anwalt Herbert Eichenseder mitgeteilt. In einem Schreiben verwies Eichenseder darauf, dass gegen seinen Mandaten ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien anhängig sei. Außerdem befinde sich Schön berufsbedingt im Ausland. Schön wäre für den 20. September als Zeuge in den Ausschuss geladen gewesen. Gemeinsam mit einem weiteren Partner kontrollierte er die Firma Vector Aerospace, die offiziell Eurofighter-Gegengeschäfte im Wert von 2,7 Milliarden Euro an Land ziehen sollte und dafür von den Eurofighter-Herstellern 114 Million Euro Provision erhielt. Das in Österreich für die Gegengeschäfte zuständige Wirtschaftsministerium erfuhr davon nichts. Das Verteidigungsministerium vermutete in seiner im Februar 2017 eingebrachten Anzeige gegen Airbus, dass ein Teil der Gelder dazu diente, die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Beweise dafür sind bisher nicht bekannt. Schön hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Was sagen die Auskunftspersonen?

Wolf hat bei seiner Befragung am Donnerstag die umstrittenen Gegengeschäfte als "unglaubliche Bereicherung" für Österreich verteidigt - und sich über "Anpatzen und Rufschädigung" durch Peter Pilz beschwert.

Während die Opposition die Gegengeschäfte als Kanal für illegale Geldflüsse sieht, lobte Wolf diese als "Business Opportunity" - als Geschäftsmöglichkeit. Er schränkte gleich zu Beginn ein, dass seine Erinnerung "nach fast 18 Jahren nicht besser geworden ist". Aber er stehe zu seinen Aussagen im ersten Eurofighter-U-Ausschuss im Jahr 2007: "Die Gegengeschäfte waren ein Multiplikator für die österreichische Wirtschaft" und eine "unglaubliche Bereicherung" für Österreich. "Ich kann nicht erkennen, was in diesem Thema schlecht sein soll", sagte Wolf, der in Russland als Automobil-Manager tätig ist. Negativ empfinde er, dass der Nutzen nicht zur Gänze ausgeschöpft worden sei: "Das ist voll daneben gegangen." Die damalige schwarz-blaue Regierung habe jedenfalls vernünftig und weitsichtig gehandelt.

Die FPÖ befragte Wolf zu seiner Reise im Jahr 2001 mit dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (damals FPÖ) zu den Eurofighter-Werken nach Manching. Wolf beschrieb diese als unverdächtigen vom EADS-Manager Manfred Bischoff initiierten Betriebsbesuch. Er habe Grasser, den er aus dessen Zeit bei Magna gekannt habe, eingeladen und dieser habe gleich gesagt, dass er gegen den Kauf von Kampfflugzeugen sei. Er wolle keine haben und wenn, dann billige, aber wenn ihm seine Regierungskollegen eine andere Lösung vorschlagen, werde er zustimmen, habe Grasser gesagt.

Auch in Manching selbst habe Grasser gleich zu Beginn Bischoff mitgeteilt, dass er keine Flieger wolle - nach dem Motto "Wir brachen das Zeug gar nicht". Er sei aber mitgefahren, "um sich das anzuschauen". Er selber habe nur "die Taxi-Funktion" gehabt und habe einen Betriebsrundgang gemacht, sagte Wolf.

Die Kontakte von Magna zu Eurofighter erklärte Wolf damit, dass der Autobauer Daimler, der Kunde von Magna war, damals Hauptaktionär des Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS gewesen ist. Er selbst habe keine Kampfflugzeuge gekauft und sei nie in Typenentscheidungen eingebunden gewesen, sagte Wolf. Magna hat nach seinen Ausführungen von den Gegengeschäften profitiert und konnte sogar Geschäfte abschließen, obwohl der Konzern teurer als andere produziert hat.

Erbost zeigte sich Wolf über den Abgeordneten Pilz, der ihn 2017 in einer Anzeige, die von der Staatsanwaltschaft mangels eines Anfangsverdachts fallengelassen wurde, öffentlich "angepatzt" habe und "rufschädigende, verleumderische Vorwürde gegen meine Person erhoben hat".

Die Nebentätigkeit des damaligen Magna-Managers Hödl für den Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS war von Magna genehmigt, erklärte Wolf. Die Höhe der Provisionen rund um die Gegengeschäfte hält Wolf für "absolut" gerechtfertigt. Er habe Hödl eine Freizeichnung für die "Nebentätigkeit in seiner Freizeit" gegeben, sagte Wolf; es habe eine "ausdrückliche Genehmigung" gegeben. Aus Sicht des damaligen Magna-Managers hatte das durchaus Sinn: Plötzlich sei man in Bereiche eingebunden gewesen, an die er nie gedacht hätte, verwies Wolf auf Geschäfte mit Italienern und Engländern. Er persönlich sei nie in einer von Hödls Firmen dabei gewesen, betonte Wolf. Er habe auch keinen der Verträge gesehen, "ich hab mich da nicht eingemischt".

Zu Zahlungsflüssen rund um die Briefkastenfirma Vector und Firmen und Konstrukte, die Hödl zugerechnet werden, hatte Wolf eigenen Angaben zufolge keine Kenntnis. An Hödl sollen für das Identifizieren von Gegengeschäften zwischen DaimlerChrysler und Magna insgesamt 6,8 Millionen Euro geflossen sein. Hödl hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe betont, sich keiner falschen Vorgangsweise bewusst zu sein, am Nachmittag muss er im U-Ausschuss Rede und Antwort stehen.

Prinzipiell sieht Wolf an Hödls Tätigkeit nichts Böses: Er glaube, dass es Personen brauche, die mit der Kenntnis des Marktes "Dinge ventilieren". Auch die kolportierte Höhe der Zahlungen findet Wolf gerechtfertigt: "Absolut, das ist ja nicht ein Thema, das du in 14 Tagen erledigen kannst."

Die Londoner Briefkastenfirma City Chambers Limited (sie soll von EADS 8,4 Millionen Euro Schmiergeld bekommen und weiterverteilt haben) kenne er nicht, auch sonst keine Briefkastenfirmen, gab er auf entsprechende Fragen an. "Ich besitze keinen Briefkasten - ich hab einen zuhause, einen Postkasten", meinte Wolf.

Mehrmals betonte Wolf, dass er selbst mit den Gegengeschäften nicht befasst gewesen sei und auch mit der Beschaffung des Kampfjets nichts zu tun hatte: "Ich fliege keinen Eurofighter. Ich habe nie einen bestellt. Ich weiß nicht, was das kostet. Ich kenne mich beim Auto aus."

Ex-Magna-Manager Hödl, der im Zuge des Eurofighter-Deals gleichzeitig für Magna gearbeitet und für EADS Gegengeschäfte abgewickelt hatte, geriet bei seiner Befragung im Eurofighter-U-Ausschuss teilweise in Erklärungsnot. Hödl hat über zwei Firmen insgesamt 6,8 Millionen Euro von der Londoner Briefkastenfirma Vector Aerospace, die von EADS 114 Millionen Euro für die Abwicklung der Gegengeschäfte bekommen hat, erhalten.

1,3 Millionen Euro flossen an eine Gesellschaft Namens "Inducon", aber nicht direkt von EADS, sondern über eine weitere Firma Namens "Orbital". Über "Inducon" hat Hödl nach eigenen Angaben Eurofighter-Gegengeschäfte angebahnt. 5,5 Millionen Euro bekam er über die Gesellschaft "Domerfield", die laut Hödl für EADS/Airbus Geschäftsfelder in Osteuropa erschließen sollte und keinen Bezug zum Eurofighter-Geschäft hatte. 3,7 Millionen Euro gingen von "Domerfield" an eine Stiftung der Familie Hödl in Liechtenstein.

Dass Hödl für EADS und Magna gleichzeitig tätig war, sei von Magna bewilligt und gewollt gewesen. Bedingung dafür sei es gewesen, dass Hödl keine Organfunktionen in seinen Gesellschaften ausüben durfte und Magna von seinen Nebentätigkeiten profitieren sollte, erklärte Hödl. Seine zwei Firmen "Inducon" und "Domerfield" wurden daher treuhänderisch verwaltet.

Pilz konfrontierte Hödl damit, dass die mit Gegengeschäften befasste "Inducon" erst am 10. Februar 2004 gegründet wurde, aber ein Gegengeschäft ("Smart"-Projekt) zwischen Magna und Daimler-Chrysler abgerechnet habe, das bereits ein dreiviertel Jahr vorher, am 6. Juni 2003 abgeschlossen wurde. Für dieses Gegengeschäft wurde im Jahr 2005 eine Rechnung an Vector gestellt. "Orbital wird 2004 gegründet, schließt 2003 ein Gegengeschäft ab und stellt 2005 eine Rechnung an Vector", hielt Pilz der Auskunftsperson vor. Hödl erklärte diesen Umstand damit, dass seine Tätigkeit in dieser Sache schon früher begonnen habe.

Hödl bestritt, dass es sich bei seinen Unternehmen um Briefkastenfirmen handlen würde. "Inducon" sei ein reale Firma, die 1,3 Millionen Euro Umsatz gemacht habe. Er selber habe für diese Tätigkeit in sieben Jahren 300.000 Euro bekommen und diese gesetzeskonform versteuert. Er haben in dieser Zeit 700 Projektvorschläge gemacht, Kontakte mit der Wirtschaftskammer und einzelnen Unternehmen gehabt. Es habe Meetings, Sitzungen, Workshops, Roadshows gegeben, so Hödl. "Inducon" sei ein Subauftragnehmer der schwedischen "Orbital" gewesen und sei nie in direkter Geschäftsbeziehung mit Eurofighter und Vector gestanden. "Inducon" habe einen Vertrag mit "Orbital", um "Projekte voranzutreiben". Die Erlöse seien im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel für den projektführenden Partner geteilt worden.

Er sei nie in die Typenentscheidung involviert gewesen. "Ich bin kein Lobbyist." Er sei Maschinenbauingenieur und als Unternehmensberater selbstständig tätig, so Hödl. Davor sei er 15 Jahre bei Magna gewesen. In der Zeit der Eurofighter-Beschaffung wollte er aus familiären Gründen selbstständig werden, habe sich bei EADS beworben und ein Angebot bekommen. Magna wollte ihn aber im Unternehmen halten und habe ihm daher seine Nebenerwerbstätigkeit für EADS genehmigt.

Offsets seien "grundsätzlich etwas Positives". Es sei "bedauerlich, dass es zu so einem negativen Image gekommen ist", sagte Hödl. Wenn man es richtig gemacht hätte, wären in 15 Jahren nicht 2,7 sondern zehn Mrd. Euro in die österreichische Wirtschaft geflossen.

Die Fraktionen im U-Ausschuss:

Die ÖVP hat sechs Abgeordnete im U-Ausschuss, angeführt von Andreas Ottenschläger. Aus je fünf Mandataren bestehen die Fraktionen der SPÖ mit Rudolf Plessl und jene der FPÖ mit Reinhard Bösch an der Spitze. (Bösch, Wehrsprecher der FPÖ, fiel kürzlich mit dem Wunsch auf, Europa möge Gebiete am afrikanischen Kontinent besetzen.)

Die kleinen Parlamentsparteien haben je einen Vertreter im U-Ausschuss: Für die Neos übernimmt die Aufgabe wie schon im letzten Untersuchungsausschuss Michael Bernhard, für die Liste Pilz steht Gründer Peter Pilz parat, der sich seit jeher in der Causa Eurofighter engagiert.

Die Opposition kritisierte im Vorfeld Probleme mit den Aktenlieferungen. SPÖ, Neos und Liste Pilz hatten bereits vor Wochen eine mangelhafte Aktenlieferung aus dem Verteidigungsministerium und dem Justizministerium beklagt. Die Situation habe sich nicht gebessert, hieß es am Donnerstag, die Oppositionsparteien wollen dies auch in den ersten Ausschusssitzungen thematisieren. In letzter Konsequenz drohen sie mit dem Gang zum Verfassungsgerichtshof, wie beim parallel laufenden BVT-U-Ausschuss schon geschehen.

Was bisher geschah - ein Überblick:

Die bisher veranstalteten U-Ausschüsse rund im die Causa Eurofighter dürften übrigens Kosten von rund 2,1 Millionen Euro verursacht haben. Das berichtete "Der Standard". Die Kosten für den ersten, von der rot-schwarzen Koalition abgedrehten U-Ausschuss beliefen sich auf 425.000 Euro, die zweite Runde, die im Vorjahr aufgrund der Neuwahl ihre Arbeit einstellen musste, kam laut Parlamentsdirektion auf 1,7 Millionen Euro.

(APA/Red.)

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