Krankenkassen: Drei Viertel der Funktionäre werden abgebaut

Wöginger, Kurz, Strache und Hartinger bei der Pressekonferenz.
Wöginger, Kurz, Strache und Hartinger bei der Pressekonferenz.(c) APA (Herbert Neubauer)
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"Es ist nicht verwunderlich, dass der eine oder andere Funktionär, der Pfründe verliert, jetzt diesen Pfründen nachtrauert", sagt Vizekanzler Strache. Statt 21 gibt es ab 2020 nur noch fünf Sozialversicherungsträger. Die Arbeitgeber erhalten mehr Einfluss.

Die Bundesregierung hat am Freitag ihre Sozialversicherungsreform verkündet. Statt 21 gibt es ab 2020 nur noch fünf Sozialversicherungsträger, die Arbeitgeber bekommen mehr Gewicht. Auf den fertigen Gesetzesentwurf heißt es noch warten, die Riege unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zeigte sich aber bereits sehr zufrieden.

Bereits in den 1960er-Jahren habe die Weltgesundheitsorganisation zu einer Reduktion der Träger geraten, sagte Kurz in einer Pressekonferenz im Kanzleramt, viele Regierungen hätten sich das zum Ziel gesetzt: "Der große Unterschied ist, wir haben es uns nicht nur vorgenommen, wir tun es auch."

Mit der Reform spare man in Verwaltung und bei den Funktionären, also "im System", und schaffe durch Leistungsvereinheitlichung mehr Gerechtigkeit. Bis 2023 bringe das eine Milliarde Euro, die unmittelbar für die Patienten investiert werde, so Kurz.

Strache sprach von einem "wahrlich historischen Tag" und freute sich über eine Reduktion der Kassenfunktionäre von derzeit über 2000 um 75 Prozent auf etwa 480. "Da ist es nicht verwunderlich, dass der eine oder andere Funktionär, der Pfründe verliert, jetzt diesen Pfründen nachtrauert." Als nächsten Schritt kündigte er eine Gesundheits- und Pflegereform an, um gegen Gangbetten und lange Operationswartezeiten vorgehen zu können.

Hartinger: "Gleiche Leistung für gleiche Beiträge"

Gesundheits- und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) strich hervor, dass mit der Schaffung der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) als Ersatz für die neun Gebietskrankenkassen das Motto "gleiche Leistung für gleiche Beiträge" ungesetzt werde. Die Sozialversicherung könne künftig effizienter arbeiten, Eckpunkte wie Pflichtversicherung, Selbstverwaltung, Solidarsystem blieben erhalten. Eine Beitragserhöhung schloss sie aus.

Hartinger verriet auch Details des Reformvorhabens: Statt der Gebietskrankenkassen wird es die ÖGK mit neun Landesstellen geben. Beamte und Eisenbahn/Bergbau werden zu einer Dreispartenversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) mit sieben Landesstellen und dem Kürzel BVAEB zusammengefasst, Bauern und Selbstständige zur SVS mit neun Landesstellen.

Von den Betriebskrankenkassen wird jene der Wiener Verkehrsbetriebe auf BVAEB und KfA Wien aufgeteilt, die anderen werden zu betrieblichen Gesundheitseinrichtungen (überlegt wurde ursprünglich auch ein Übertritt in die ÖGK). Die Notare scheiden aus dem System der Sozialversicherung aus und gründen eine Wohlfahrtseinrichtung.

Mehr Einfluss für Arbeitgeber

ÖVP-Klubobmann August Wöginger verteidigte die Verschlankung der Gremien gegenüber den bisher arbeitnehmerdominierten Gebietskrankenkassen. Anstelle von Vorstand (vier Fünftel Arbeitnehmer) und Kontrollversammlung (vier Fünftel Arbeitgeber), die sich in der Vergangenheit gegenseitig blockiert hätten, gebe es in der Gesundheitskasse nun den Verwaltungsrat mit Parität von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern. Die Rotation im Vorsitz verglich er mit der Regelung im Bundesrat. Dass dies eine Entmachtung der Arbeitnehmer darstelle, wies er zurück.

Dass der Verfassungsgerichtshof dies alles - etwa wegen eines Eingriffs in die Selbstverwaltung - aufheben könnte, glaubt Kurz nicht. "Wir gehen davon aus, dass das Vorhaben rechtlich so hält", sagte er. Für die Patienten sei die Struktur ohnehin nicht das entscheidende, sondern das Maximum an Leistung. Er selbst sehe das genauso, betonte der Bundeskanzler.

(APA)

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