Kassenreform soll Milliarde bringen

Zufriedenheit in der Regierung mit der Reform (v. l. n. r.): ÖVP-Verhandler Klubchef Wöginger, Bundeskanzler Kurz (ÖVP), Vizekanzler Strache (FPÖ), Sozialministerin Hartinger-Klein (FPÖ).
Zufriedenheit in der Regierung mit der Reform (v. l. n. r.): ÖVP-Verhandler Klubchef Wöginger, Bundeskanzler Kurz (ÖVP), Vizekanzler Strache (FPÖ), Sozialministerin Hartinger-Klein (FPÖ).APA/HERBERT NEUBAUER
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Am Freitag ging der Entwurf in Begutachtung, mit dem die 21 Sozialversicherungsträger auf fünf zusammengelegt werden. Gespart wird vor allem in der Verwaltung.

Wien. Jahrzehntelang hatte man über die Reform diskutiert. 1990 versprach sie die ÖVP erstmals in ihrem Wahlprogramm: „Innerhalb der ersten zwei Jahre wollen wir das Persönlichkeitswahlrecht, die Bundesheerreform und eine Strukturreform der Sozialversicherung mit mehr Kontrolle und sinnvoller Zusammenlegung von Anstalten beschließen“, hatte der damalige Parteichef, Josef Riegler, versprochen. Die Folge: Die Zahl der Sozialversicherungsträger sank seither gerade einmal von 28 auf 21.

Nur noch fünf Kassen

Künftig aber soll Österreich mit fünf Verwaltungsorganisationen auskommen. Aus den neun Gebietskrankenkassen wird die Österreichische Gesundheitskasse, dazu kommen eine Unfallversicherung, eine Pensionsversicherung, eine Versicherungsanstalt für den öffentlichen Dienst und die Sozialversicherung für Selbstständige.

Der Gesetzesentwurf, mit dem die umfassendste Reform der Sozialversicherungen realisiert wird, ging am Freitag in Begutachtung. Ziel des Vorhabens, das Anfang kommenden Jahres in Kraft treten soll, ist es, die Leistungen, die die Kassen anbieten, österreichweit zu vereinheitlichen und in der Verwaltung zu sparen.

Sparen in der Verwaltung

2021 sollen dadurch 200 Millionen Euro eingespart werden, ein Jahr später weitere 300 Millionen Euro und im Jahr 2023 bereits 500 Millionen Euro. Die eine Milliarde Euro soll wieder in den Gesundheitsbereich investiert werden, damit sollen mehr Verträge für Kassenärzte realisiert werden, der niedergelassene Bereich soll gestärkt und spezielle Stipendien für Landärzte sollen finanziert werden.

Wie viel die Umsetzung der Reform zu Beginn kostet, konnte oder wollte am Freitag niemand sagen. Experten rechnen mit einem zweistelligen Millionenbetrag.

Die Reform bringt vor allem im Funktionärsbereich massive Einsparungen. Die Zahl sinkt von bisher über 2000 Funktionären, die in den 21 Versicherungsanstalten tätig waren, auf etwa 480. Statt 90 Verwaltungsgremien wird es künftig nur noch 50 geben, statt 21 Generaldirektoren nur noch fünf.

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger wird, wie bereits berichtet, aufgelöst und zu einem Dachverband umgebaut. Den Vorsitz üben in der neuen Struktur laut den türkis-blauen Plänen jährlich abwechselnd die Obmänner bzw. Obfrauen der fünf Sozialversicherungsträger aus.

Jobgarantie für Angestellte

Für die etwa 19.000 Bediensteten in der Verwaltung der Kassen soll sich vorerst nichts ändern. Eine Jobgarantie werde sogar im Gesetz festgeschrieben, um ihnen „die Angst vor der Reform zu nehmen“, wie ein Jurist meinte, der am Entwurf mitgearbeitet hat. Die Einsparungen sollen durch natürliche Abgänge erfolgen (etwa durch Pensionierungen). So werde man in den ersten drei Jahren etwa zehn Prozent des Personals, in zehn Jahren 30 Prozent einsparen können.

Die neun Gebietskrankenkassen werden zu Regionalstellen, künftig gibt es nur noch eine Stelle, die die Beiträge einhebt und Budget- und Personalhoheit hat. In allen Bundesländern sollen künftig die gleichen Leistungen angeboten werden, was die Kassen freilich bereits im Juni realisiert haben.

Umsetzung 2020

Der Gesetzesentwurf geht nun in Begutachtung, am 24. Oktober wird er im Ministerrat beschlossen, danach folgen die Debatten und Anpassungen im Sozialausschuss des Nationalrats. In Kraft treten wird die Reform mit 1. Jänner 2019, durch die notwendigen Anpassungen wird es aber bis Anfang 2020 dauern, bis die neuen Strukturen stehen.

Im Zuge der Reform wird auch die Kostenbremse, die es derzeit für die Kassen gibt, gelöst. Sie endet am 1. April 2019. (rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2018)

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