Grasser: „Da kommt eine Spekulation zur anderen“

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser kehrt ins Wiener Straflandesgericht zurück.
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser kehrt ins Wiener Straflandesgericht zurück. APA/HANS PUNZ / APA- POOL
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Ticker Verhandlungstag 48 "Wie geht das, dass man einem einfach ein Konto andichten kann?" Ex-Finanzminister Grasser übte im Buwog-Prozess Kritik an den "Absurditäten" der Staatsanwaltschaft. Und erklärte seinen Ehevertrag, ebenso wie das "Schwiegermuttergeld".

Ein Comeback der anderen Art gab es heute Vormittag im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts für Strafsachen. Nämlich: Die Rückkehr von Karl-Heinz Grasser als Hauptangeklagter im größten Korruptionsprozess Österreichs rund um die Affären Buwog und Terminal Tower. Wie schon vor der Sommerpause beharrte der einstige Finanzminister während seiner Einvernahme durch Richterin Marion Hohenecker auf seiner Unschuld. Denn: Die Anklageschrift gegen ihn enthalte „Absurditäten“ und „Konstruktionen“. So werde ihm etwa zur Last gelegt, Urkunden gefälscht zu haben. Das sei absurd, denn wäre das der Fall gewesen, wären die Verträge wohl „perfekt“ ausgefallen. Jene aber, die vorlägen, würden schlicht seine damalige „Lebensrealität“ wiederspiegeln – und daher auch so manche Unschärfen enthalten.

Weiters kritisierte Grasser, dass ihm die Ermittler unterstellen, dass die Unterschrift auf einem Treuhandvertrag seine sei, die auf dem Zusatzdokument aber nicht: „Seit neun Jahren kriege ich den Vorwurf, dass das nicht meine Unterschrift ist und ich ärgere mich, denn ich weiß, dass es meine Unterschrift ist.“

"Wie geht das, dass man einem einfach ein Konto andichten kann?"

Zum Dritten sorgte das „Schwiegermuttergeld“ für Unmut bei dem 49-Jährigen. Er habe, wie schon mehrfach ausgeführt, für seine Schwiegermutter Marina Giori-Lhota 500.000 Euro veranlagt, aus ihnen 784.000 Euro gemacht und diese dann zurückbezahlt. Dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft liege insofern falsch, wenn sie meine, die Herkunft des Geldes sei unklar: „Da kommt eine Spekulation zur anderen. Ich habe mich in diesen acht Jahren immer gefragt: Wie geht das, dass man einem einfach ein Konto andichten kann?“, kritisierte Grasser.

Der Hintergrund: Grasser will die besagten 500.000 Euro in drei Tranchen erhalten und aus der Schweiz nach Österreich gebracht haben. Wann wisse er aber nicht mehr. Sicher sei: Sein Meinl-Bank-Berater W. habe das Geld auf ein Konto der Schweizer Briefkastenfirma Ferint AG gelegt, mit der Grasser einen Treuhandvertrag hatte. Es wurde weiters in Hypo Alpe Adria Genussscheine investiert und so vermehrt. Zuletzt wanderte es auf Initiative des mitangeklagten Schweizer Vermögensverwalters Norbert W. auf das Raiffeisen-Liechtenstein-Konto der Briefkastenfirma Mandarin Group Ltd. und von dort weiter zur Catherine Corporation. In Grassers Worten: zurück zu seiner Schwiegermutter. Pikant für die Ermittler: Auf der Mandarin lagerte auch Geld von W. selbst sowie Geld des Zweitangeklagten Walter Meischberger (Konkret: Geld, das dieser für seine Beratertätigkeit rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen 2004 erhalten haben will; siehe Infobox unten). Für Grasser „nichts Vorwerfbares“, sei doch stets klar gewesen, wem was gehöre und somit nie etwas „vermischt“ worden.

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Ebenfalls thematisiert wurden Grassers Ehevertrag sowie das, nach seinen eigenen Aussagen „vorsintflutliche E-Mail-System“ des Finanzministeriums. Zum Ehevertrag: Darin sei eine Gütertrennung vereinbart gewesen, erläuterte er heute. Medienberichte von einst, wonach er sich darin verpflichtet habe, jährlich eine Million Euro in die Ehe einzubringen, seien offenkundig falsch. Zu den E-Mails: Solche habe Grasser eigentlich nie geschrieben, und wenn, dann allenfalls SMS, die anderswo als E-Mail aufschienen. Grundsätzlich sei er aber ein Spätberufener in Sachen Technik, erläuterte der Ex-Minister.

Zuletzt konfrontierte Richterin Marion Hohenecker Grasser mit seinen Aussagen im parlamentarischen Korruptionsuntersuchungsausschuss des Jahres 2012. Damals hatte er sich etliche verbale Gefechte mit den Abgeordneten Peter Pilz (damals noch Grüne), Stefan Petzner (BZÖ) oder Kai Jan Krainer (SPÖ) geliefert. „Polemische Fragen, polemische Antworten“, fasst Grasser grob zusammen.

Morgen, Mittwoch, wird die Verhandlung fortgesetzt. Auf der Agenda steht Grassers dritter Auftritt im Korruptions-U-Ausschuss. Die „Presse“ wird ab 9:30 Uhr wieder live berichten.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

Parteispenden-Affäre: Richterin Marion Hohenecker hat entschieden, dass Korruptionsverfahren um die Causa „schwarze Kassen“ auszuweiten. Diese „Kassen“ sollen einst von Hochegger (er ist also an beiden Fronten angeklagt) mit Geld der Telekom Austria gefüllt worden sein. Zweck laut Anklage: Die damalige Unternehmensführung habe Reserven haben wollen, um Politiker bei Bedarf gewogen stimmen zu können. Dieser Komplex soll im Herbst/Winter erstmals im Großen Schwurgerichtssaal erörtert werden. 

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