Grasser: "Damals dachte ich noch, dass ich meinen guten Ruf retten kann"

Karl Heinz Grasser am Mittwoch vor Verhandlungsstart
Karl Heinz Grasser am Mittwoch vor VerhandlungsstartAPA/HANS PUNZ / APA- POOL
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Ticker Verhandlungstag 49 Mit Hochzeitskosten, "angedichtete Konten" und Notizbüchern wurde Ex-Finanzminister Grasser von der Richterin konfrontiert. Ab morgen stellen die Staatsanwälte die Fragen. Die "Presse" berichtete live aus dem Straflandesgericht Wien.

„Es tut mir leid, dass ich Sie da noch einmal belästigen muss“, sagte Richterin Marion Hohenecker am 49. Verhandlungstag im Korruptionsprozess um die Affären Buwog und Terminal Tower zu Karl-Heinz Grasser. Der Grund: „Der Vollständigkeit halber“ müsse sie den ehemaligen Finanzminister mit einem äußert privaten Thema konfrontieren: mit den mit seiner Hochzeit im Oktober 2005 verbundenen Kosten. Ob es korrekt sei, dass Grasser diese von seiner Ehefrau Fiona Pacifico Griffini-Grasser rückerstattet bekommen habe? Grasser bestätigte das, indem er eine Eidesstattliche Erklärung seiner Frau verlas. Darin hielt sie fest, dass sie ihm Gelder refundiert habe – in unregelmäßigen Abständen und in bar –, wenn dieser gewisse Ausgaben, etwa für Reisen, Kleidung oder eben die Hochzeit, für sie getätigt habe.

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Ebenfalls eher privat mutete am Mittwoch die Frage der Richterin nach Grassers Schreibgewohnheiten an. Ob er stets Notizbücher führe? Das tue er, bestätigte dieser, allerdings: „Tagebücher nicht“. Im Jahr 2009 habe er so etwa versucht, die Privatisierung der Bundeswohnungen von 2004 zu rekonstruieren, habe den Anschuldigungen, die ihm auch über die Medien gemacht worden seien, entgegentreten und aufklären wollen. Denn, so Grasser leise: „Damals dachte ich noch, Frau Rat, dass ich meinen guten Ruf retten kann.“

Grasser in "emotionaler Aufregung"

Turbulenter im Ton wurde es, als das sogenannten „Schwiegermuttergeld“ thematisiert wurde. So knüpfte Grasser geradezu nahtlos an seine Kritik an der Korruptionsstaatsanwaltschaft vom Dienstag an, als er den Ermittlern mitunter unterstellt hatte, „Absurditäten“ in die Anklageschrift gepackt zu haben. Nun ergänzte er dazu: „Das war gestern meine emotionale Aufregung: Wie kann man einem über neun Jahre hinweg ein Konto andichten? Das ist falsch und die Willkür von Ermittlern, damit sie mich anklagen.“ Konkret: „Die Staatsanwaltschaft ordnet mir die Mandarin Group fälschlich zu.“

Der Hintergrund: Grasser will im Jahr 2005 von seiner Schwiegermutter Marina Giori-Lhota 500.000 Euro erhalten haben, die er veranlagen sollte. Das Geld habe sein Meinl-Bank-Berater W. auf ein Konto der Briefkastenfirma Ferint AG einbezahlt, mit der Grasser einen Treuhandvertrag einging. Die Ferint investierte in Hypo Alpe Adria Genussscheine und vermehrte so das Geld. Die nun 784.000 Euro wanderten auf Initiative des mitangeklagten Schweizer Vermögensverwalters Norbert W. auf ein Konto der Briefkastenfirma Mandarin Group Ltd. und von dort weiter zur Catherine Corporation. In Grassers Worten: zurück zur Schwiegermutter. Pikant: Auf der Mandarin lagerte auch Geld von W. selbst sowie Gelder des Zweitangeklagten Walter Meischberger. Für Grasser „nichts Vorwerfbares“, das Geld sei nicht „vermischt“ worden.

"Science Fiction von der Staatsanwaltschaft"

Ebenfalls auf der Agenda stand die Causa Terminal Tower. Grasser betonte hierzu, dass er mit der Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Büroturm nur am Rande befasst gewesen sei. Die Letztentscheidung für den Standort habe sein damaliger (mittlerweile verstorbener) Sektionschef Peter Quantschnigg getroffen. „Ich habe keinen Mietvertrag gesehen, ich habe keinen Mietvertrag unterschrieben“, betonte Grasser mehrmals. Insofern sei auch kein von der Anklage unterstelltes Schmiergeld geflossen: „Das ist Science Fiction von der Staatsanwaltschaft.“

Letztere, konkret die Oberstaatsanwälte Gerald Denk und Alexander Marchart, sind übrigens ab morgen, Donnerstag, erstmals an der Reihe, Grasser Fragen zu stellen. Um 9:30 Uhr wird die Verhandlung fortgesetzt.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

Parteispenden-Affäre: Richterin Marion Hohenecker hat entschieden, dass Korruptionsverfahren um die Causa „schwarze Kassen“ auszuweiten. Diese „Kassen“ sollen einst von Hochegger (er ist also an beiden Fronten angeklagt) mit Geld der Telekom Austria gefüllt worden sein. Zweck laut Anklage: Die damalige Unternehmensführung habe Reserven haben wollen, um Politiker bei Bedarf gewogen stimmen zu können. Dieser Komplex soll im Herbst/Winter erstmals im Großen Schwurgerichtssaal erörtert werden. 

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