BVT-U-Ausschuss: Kabinettsmitarbeiter "hatte sehr konkrete Vorstellungen"

Die Abgeordneten im BVT-U-Ausschuss
Die Abgeordneten im BVT-U-AusschussAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Zum ersten Mal steht die Justiz im Fokus des U-Ausschusses zur Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Die zuständigen Staatsanwälte und der Journalrichter wurden befragt.

Der BVT-Untersuchungsausschuss widmet sich diese Woche der Justiz: Befragt werden am Dienstag und Mittwoch insgesamt sechs Auskunftspersonen, die in die Affäre um die umstrittene - mittlerweile als rechtswidrig beschiedene - Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) involviert sind. Mit den Befragungen von Justizmitarbeitern verlagert sich der Fokus der U-Ausschussbefragungen erstmals in Richtung Justiz. Zuvor waren die Vorgänge im Innenministerium, in dem das BVT angesiedelt ist, im Vordergrund gestanden.

Erste Auskunftsperson war am Dienstagvormittag Staatsanwältin Ursula Schmudermayer von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Schmudermayer hatte die Hausdurchsuchung veranlasst und geleitet. Die Staatsanwältin gab sich über weite Strecken selbstbewusst und verteidigte die Entscheidungen, die sie im Zuge ihrer Ermittlungen getroffen hatte. Die Entscheidungen, die zur illegalen Razzia geführt hatten, verteidigte sie ebenso.

Schmudermayers Aussagen vor dem U-Ausschuss standen allerdings oft im Widerspruch zu ihren Angaben in Akten oder zu Zeugenaussagen. Auch bei der Frage der Datenlöschung im BVT widersprach Schmudermayer sich am Dienstag selbst.

Ministeriumswunsch nach Suspendierungen

Ein Augenmerk lag in der Befragung Schmudermayers auf der Kooperation zwischen ihr und Mitarbeitern des Kabinetts von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). So gab die Staatsanwältin an, es habe "sehr konkrete Vorstellungen" seitens des Kabinettsmitarbeiters Udo Lett gegeben, was die Ermittlungen zum BVT betraf. So sei für ihn an erster Stelle gestanden, schnell zu Suspendierungen zu kommen.

Schmudermayer gab zudem an, keine anderen Zeugen vernommen zu haben als jene, die von Lett und Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber koordiniert worden seien.

Richter: Mündliche Genehmigung nicht ungewöhnlich

Zweite Auskunftsperson war dann Ulrich Nachtlbauer, jener Journalrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien, der in der Nacht vom 27. Februar 2018 die Razzia genehmigte. Nachtlbauers Befragung verlief über weite Teile mühsam, er versuchte, keine Detailantworten zu geben, da auch gegen ihn ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs läuft. Er habe zwar schon in Vorfeld vom Gerichtspräsidenten von dem Razzia-Ansuchen erfahren, dass es sich dabei um das BVT gehandelt habe, habe er nicht gewusst. Das habe sich erst bei einem Telefonat mit Schmudermayer am 27. Februar um 22.30 Uhr herausgestellt.

Ungewöhnlich sei es nicht gewesen, dass die Genehmigung hierfür mündlich erteilt worden sei, meinte Nachtlbauer. Nicht gewöhnlich sei jedoch, dass der Fall damals schon als Verschlussakte geführt worden sei. Üblich sei es nämlich nicht, schon im Vorfeld vom Gerichtspräsidenten wegen eines möglichen anstehenden Beschlusses informiert zu werden.

Dritter und letzter Zeuge am ersten Tag war Schmudermayers direkter Vorgesetzter, Oberstaatsanwalt und Gruppenleiter Wolfgang Handler.

In Fragen der Verantwortung rund um die Razzia verwies Kickl zuletzt immer wieder auf die Justiz. Die Opposition vermutet hingegen, dass Schmudermayer von Kickls Kabinett unter Druck gesetzt wurde.

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