BVT-Mitarbeiter mit südkoreanischem Geheimdienst beim Heurigen

Neue Akten in der Causa BVT sind aufgetaucht
Neue Akten in der Causa BVT sind aufgetaucht (c) Clemens Fabry (Presse)
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BVT-Mitarbeiter sollen vom südkoreanischen Geheimdienst Geschenke angenommen haben - und dafür nordkoreanische Passmuster erhalten haben, heißt es in einem angeblichen Ermittlungsakt.

Mit den Worten - "der Tatverdacht hat sich mittlerweile bestärkt" - hat die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, zuletzt im Untersuchungsausschuss die umstrittene Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gerechtfertigt. Nun wurden Ermittlungsakten publik, die zu bestätigen scheinen, dass BVT-Mitarbeiter vom südkoreanischen Geheimdienst Geschenke angenommen haben, wie das Ö1-"Morgenjournal" am Freitag berichtet. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stellt in den Raum, dass im Gegenzug die nordkoreanischen Passmuster an Südkorea weitergegeben haben.

Die Einzelheiten: Laut dem Ermittlungsakt sollen sich Verfassungsschützer und südkoreanische Geheimdienstmitarbeiter binnen drei Jahren zehnmal gemeinsam zum Heurigenbesuch verabredet haben. Die BVT-Beamten sollen diese Zeit mehrfach als Überstunden ausgewiesen haben. Auf südkoreanischen Kosten seien weiters zwei Beamte auf Dienstreise nach Korea geflogen - einen Monat, nachdem nordkoreanische Passmuster an den südkoreanischen Geheimdienst übergeben wurden.

Weiters, so zitiert Ö1 aus dem Akt, werde dort über den mittlerweile entlassenen Spionageabwehrchef festgehalten: "Er verrechnete 33 Überstunden für die Woche der Dienstreise." Allerdings: Auf rund 200 Fotos, die sich ebenfalls in dem Akt befinden, soll die Reise der beiden Beschuldigten eher an einen Urlaub auf die beliebte Ferieninsel Jeju erinnern: Großteils seien das Meer und Sehenswürdigkeiten abgebildet worden.

Der im Auftrag der WKStA tätige Ermittler fasst laut ORF zusammen: Es liege der Verdacht nahe, "dass zwischen der Übergabe der Reisepassrohlinge, der Dienstreise und den Heurigenbesuchen, deren Kosten von der südkoreanischen Seite getragen wurden, ein möglicher Zusammenhang besteht". Unklar sei indes, ob es für die Weitergabe der nordkoreanischen Passmuster an Südkorea eine Genehmigung seitens des zuständigen Abteilungsleiters im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gab - die Anwälte der Beschuldigten betonen, eine solche sei vorgelegen. Der Besagte Abteilungsleiter ist übrigens einer der Hauptbelastungszeugen.

Bei Staatsanwaltschaft "herrscht Missverständnis"

Zu den Heurigenbesuchen gefragt, meinte Anwalt Otto Dietrich im "Morgenjournal", die Kosten seien abwechselnd beglichen worden. Sprich: Einmal hätten die Südkoreaner bezahlt, das nächste Mal die Österreicher, die geschriebenen Überstunden seien genehmigt gewesen. Und: "Der Informationsaustausch funktioniert bei Nachrichtendiensten nur so; wenn die einzelnen Betroffenen vertrauensbildende Maßnahmen, persönliche Beziehungen aufbauen. Hier herrscht offensichtlich bei der Staatsanwaltschaft ein völliges Missverständnis."

Die Ermittlungsmethoden, wer wann im Heurigen war, sind übrigens auch interessant: Die Ermittler gingen mit einem Foto der betreffenden Person von Heurigen zu Heurigen und fragten, ob ihn jemand kennt.

Bei der angeblichen Geschenkannahme handelt es sich um Zigarren - die will der Beschuldigte aber in Kuba gekauft haben. Dafür gebe es auch Zeugen.

Zur Dienstreise auf die Vulkaninsel heißt es seitens des Anwaltes Johannes Neumayer, es sei bedauerlich, "dass die erhebenden Beamten nicht wissen, dass sich auf dieser Insel eine Hauptniederlassung des südkoreanischen Geheimdienstes befindet" und "dort Dienstbesprechungen stattfanden".

Causa BVT - Worum geht es?

Kurz zusammengefasst: Die Staatsanwältin ließ sich mitten in der Nacht eine Razzia genehmigen. Die Begründung: Gefahr im Verzug. Ohne das Justizministerium zu informieren. Und das, obwohl die Anzeige, um die es geht, seit Monaten bei ihr gelegen hat. Beauftragt wurde eine Polizeieinheit, die für derartige Einsätze nicht vorgesehen ist – aufgrund von Zeugenaussagen, die ihr das Innenministerium geschickt hat. Die Hausdurchsuchung wurde letztlich vom Oberlandesgericht Wien als teilweise rechtswidrig beurteilt (der Verdacht wurde als hinreichend begründet angesehen, die Durchsuchung aber als falsches Mittel angesehen). Und: Es wurden weit mehr Unterlagen und Daten beschlagnahmt, als angeordnet.

Damit nicht genug: Zur BVT-Affäre gehört auch der sogenannte Themenkomplex Passaffäre: 2015 erging ein Auftrag an die Staatsdruckerei. Das nordkoreanische Regime bestellte die Lieferung und Herstellung von 200.000 biometrischen Reisepässen. Das Wirtschaftsministerium genehmigte das auch. Dem BVT kamen 30 Musterexemplare zu. Drei dieser Exemplare wurden dann von südkoreanischen Sicherheitsbehörden angefordert. Die Argumentation: Um Grenzbeamte zu schulen, wie derartige Ausweise aussehen.

>>> Bericht im Ö1-"Morgenjournal"

(Red.)

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