SPÖ schickt Schieder als Spitzenkandidat in die EU-Wahl

Andreas Schieders politisches Seuchenjahr findet doch noch einen versöhnlichen Abschluss.
Andreas Schieders politisches Seuchenjahr findet doch noch einen versöhnlichen Abschluss.APA/HANS PUNZ
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Andreas Schieders politisches Seuchenjahr findet doch noch einen versöhnlichen Abschluss. Er wird SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl. Der zweite Listenplatz wurde an die Europaparlamentarierin Evelyn Regner vergeben.

Nach dem Scheitern am Weg zum Wiener Bürgermeisteramt und der Demontage als Klubobmann darf der 49-jährige Wiener Andreas Schieder die österreichischen Sozialdemokraten von der Spitze weg in die kommende EU-Wahl führen. Das hat das Parteipräsidium Sonntagmittag einstimmig nach dem Verzicht von Christian Kern festgelegt. Der zweite Listenplatz wurde an die Europaparlamentarierin Evelyn Regner vergeben. Formal abgesegnet wird die Liste bei einem Parteivorstand am 18. Oktober.

Für den passionierten Außenpolitiker  Andreas Schieder bedeutet das ein echtes Trostpflaster. Sein politischer Blick ging schon früh über die Landesgrenzen hinaus. In seinen 20ern stieg er bis zum Vizepräsidenten der Sozialistischen Jugendinternationale sowie später zum Präsidenten der Europäischen Jungsozialisten auf. Internationale Kontakte pflegt der reisefreudige Profi-Politiker seither beständig, in den vergangenen Jahren sorgte er sich zunehmend um die Kurden und legte etwa einen Balkan-Schwerpunkt in Albanien.

Als außenpolitischer Sprecher fungierte Schieder fast seit Beginn seiner Karriere im Nationalrat im Jahr 2006, wobei er da auch schon auf ein Jahrzehnt kommunalpolitischer Erfahrung im Wiener Gemeinderat zurückgreifen konnte. Penzinger SPÖ-Chef war Schieder damals ebenfalls schon, wie davor sein Vater Peter, ebenfalls ein profilierter Außenpolitiker und vormaliger SPÖ-Zentralsekretär.

Früh galt der junge Schieder als Hoffnungsträger seiner Partei, kommunalpolitisch stand ihm der Aufstieg seiner Lebensgefährtin seit Studententagen und Stadträtin Sonja Wehsely, mit der er einen (erwachsenen) Sohn hat, im Weg. Folgerichtig konzentrierte sich Schieder auf den Bund. Nur kurz blieb er im Hohen Haus, Werner Faymann machte den studierten Volkswirtschafter zum Staatssekretär, zunächst unter anderem für Beamte, später dann mitten in der Hypo-Krise (mit)zuständig für die Finanzen.

Schieder gilt als nicht allzu einfach

Schlecht machte Schieder seine schwierige Sache nicht, was ihn für Faymann zum idealen Klubobmann machte, als er den langjährigen Fraktionschef Josef Cap in die zweite Reihe schicken wollte. Anfangs noch skeptisch beäugt, erarbeitete sich Schieder durchaus Respekt unter seinen Parlamentariern. Als er in Folge der Wahlniederlage der SPÖ vergangenes Jahr quasi zwangsläufig zum geschäftsführenden Klubobmann degradiert wurde, erhielt er in der Fraktion überzeugende 95 Prozent.

Das Verhältnis zu Parteichef Christian Kern, das vor dessen Einstieg in die Politik noch ausgezeichnet war, kühlte sich rasch ab. In den vergangenen Monaten wurde im besten Fall nebeneinander, aber nicht miteinander gearbeitet. Ohnehin gilt Schieder nicht als allzu einfach, verfügt er doch über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und neigt nicht immer zur Diplomatie.

Die unbefriedigende Situation im Parlament und die Verlockung, das Wunschziel Wiener Bürgermeisteramt zu erreichen, ließ Schieder heuer in eine schwer zu gewinnende Schlacht gegen Michael Ludwig um den Wiener Parteivorsitz bei den Sozialdemokraten ziehen. Die Niederlage des vom linken Flügel favorisierten Pragmatikers fiel deutlicher aus, als selbst die meisten in der Partei erwartet hatten. Schieder blieb zwar sein alter Job, Motivation und Standing waren aber schon einmal größer.

Dass es politisch manchmal steiler bergab geht als noch kurz davor vermutet, musste der Vorsitzende der Naturfreunde miterleben, als Kern vor wenigen Wochen überraschend der Parteispitze den Rücken kehrte. Denn Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner, von der Schieder nicht der größte Fan zu sein scheint, montierte ihn kurzerhand ab. Hätte nicht Kern schon wieder hingeschmissen, diesmal die EU-Spitzenkandidatur, wäre Schieder wohl nichts anderes übriggeblieben, als den Rest der Legislaturperiode mit der mäßig bedeutenden Rolle des außenpolitischen Sprechers einer Oppositionspartei und der eines von vielen Stellvertretern der Klubobfrau abzudienen.

Erstmals ein Frontmann

Brüssel und Straßburg stellen für den begeisterten Sportler, der von Yoga über Bergsteigen bis Mountainbike durchaus öffentlichkeitswirksam jede Menge Bewegung betreibt, also einen gangbaren Ausweg dar, umso mehr als dem Genussmenschen und Hobbykoch die kulinarischen Vorzüge der EU-Metropolen zu pass kommen dürften. Erstmals kann sich Schieder zudem an der Spitze einer Wahlliste auf höherem Level beweisen und (vor allem) seinen Wiener Genossen zeigen, dass er auch als Frontmann gute Figur machen kann. Rutscht ihm nicht ein flotter Spruch zu viel über die Lippen, könnte der geeichte Politprofi durchaus einen Achtungserfolg einfahren und der krisengebeutelten Sozialdemokratie einen Lichtstreifen am Horizont bescheren.

Zur Person: Andreas Schieder, geboren am 16.4. 1969 in Wien, Magister der Volkswirtschaftslehre, in einer Lebensgemeinschaft mit Sonja Wehsely, ein gemeinsamer Sohn. 1994-1997 Vizepräsident der Sozialistischen Jugendinternationale, 1997-1999 Präsident der Europäischen Jungsozialisten, 1997-2006 Abgeordneter zum Wiener Landtag, ab 2002 Bezirksvorsitzender der SPÖ Penzing, ab Oktober 2006 Nationalratsabgeordneter, von Juli 2008 an Staatssekretär, zunächst im Kanzleramt, danach im Finanzministerium, ab Oktober 2013 Klubobmann der SPÖ, von November 2017 bis Oktober 2018 geschäftsführender Klubobmann der SPÖ. Seit Juni 2016 stellvertretender SPÖ-Vorsitzender. Ab 2014 Vorsitzender der Naturfreunde.

(APA)

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