Verfassungsreform: Erstes "Bereinungspaket" beschlussfertig

Austria's Justice Minister Moser addresses a news conference in Vienna
Austria's Justice Minister Moser addresses a news conference in ViennaREUTERS
  • Drucken

Nach einem Bund-Länder-Treffen sind erste Themen beschlussfertig. Heikle Aspekte der Kompetenzbereinigung wurden einstweilen ausgespart.

Die Arbeitsgruppe zur "Kompetenzbereinigung" zwischen Bund und Ländern hat am Montag ein erstes Paket abgesegnet, das bereits am Mittwoch in den Ministerrat kommen wird. Damit sollen etwa die Kompetenzen in der Kinder- und Jugendhilfe zu den Ländern gehen, wie Justizminister Josef Moser (ÖVP) sagte. Noch kein Thema war unter anderem die Mindestsicherung, hier soll es bis Mitte 2019 eine Einigung geben.

Moser sprach nach dem Bund-Länder-Treffen im Justizressort von einer "sehr erfolgreichen Sitzung". Es handle sich bei dem ausgearbeiteten ersten Paket um eine "sehr große" Verfassungsreform. Das in der Arbeitsgruppe "Moderner Bundesstaat" ausgehandelte Paket soll eine klare Zuordnung jener Bereiche bringen, in denen der Bund bisher "Grundsatzgesetze" erlässt, die dann von den Ländern mit "Ausführungsgesetzen" konkretisiert werden. Das ist etwa auch bei der (vom jetzigen Paket noch nicht erfassten) Mindestsicherung der Fall ("Armenwesen").

Heikle Bereiche kein Thema

Geregelt sind all diese Bereiche im Artikel 12 der Bundesverfassung. Mit dem am Mittwoch im Ministerrat zum Beschluss stehenden Paket sollen neun der zwölf Teilbereiche neu zugeordnet werden. Mit der "Verländerung" der Kinder- und Jugendhilfe etwa werden die Länder die Regeln für ihre Jugendämter künftig weitgehend selbst schreiben können. Auch der Datenschutz soll in diesem ersten Schritt betroffen sein, dieser soll in Bundeskompetenz kommen.

Gekippt wird dabei auch das sogenannte "Übergangsgesetz 1920". Dieses regelt das wechselseitige Zustimmungsrecht von Bund und Ländern. Festgeschrieben ist dort unter anderem, dass der Bund bei der Bestellung von Landesamtsdirektoren ein Wort mitzureden hat, während etwa die Länder Einsprüche gegen die Änderung von Gerichtssprengeln einlegen können.

Kein Thema waren vorerst die heiklen Bereiche Mindestsicherung, Krankenanstalten und Elektrizitätswesen. Bis zur nächsten Landeshauptleutekonferenz sollen entsprechende Lösungsvorschläge ausgearbeitet und dann besprochen werden. Diese Punkte sollen laut Moser in einem "zweiten Paket" in der ersten Jahreshälfte 2019 zum Abschluss gebracht werden.

Moser glaubt an Zweidrittelmehrheit

Optimistisch zeigte sich der Minister, was die Beschaffung der notwendigen Zweidrittelmehrheit für den für Dezember geplanten Beschluss des ersten Pakets im Nationalrat betrifft. Moser verwies auf die positiven Stellungnahmen der Ländervertreter nach der heutigen Sitzung: Man habe gesehen, "dass das über Parteigrenzen hinweg ausgearbeitet werden konnte". Er habe auch mit den anderen Parlamentsparteien gesprochen, um diese von dem Vorhaben zu überzeugen und gehe davon aus, "dass das Parlament dem nicht negativ gegenüber eingestellt" sein wird. Nach dem Ministerratsbeschluss am Mittwoch werde er natürlich wieder mit den Parlamentsvertretern Kontakt aufnehmen, sagte Moser-

Die Länder-Vertreter zeigten sich noch vor Mosers Presseerklärung zufrieden mit dem Erreichten: Man habe "sehr viel gemeinsam weitergebracht", sagte etwa Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Er werde sich auch in den entsprechenden Gremien dafür einsetzen, dass die Beschlüsse mitgetragen werden, versicherte der Wiener SPÖ-Chef. Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer sowie sein Tiroler Amtskollege Günther Platter (beide ÖVP) sprachen von einer "guten Verhandlungsrunde". Zu den noch ausstehenden Punkten Mindestsicherung, Krankenanstalten und Elektrizität zeigten sich die Länder-Vertreter optimistisch, dass er zu einer Einigung kommen kann. Stelzer merkte zur Mindestsicherung an, er gehe davon aus, dass bei den Wohnkosten auch künftig regionale Unterschiede berücksichtigt werden können.

In der Arbeitsgruppe sind neben Moser selbst Verkehrsminister Norbert Hofer, Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (beide FPÖ) sowie Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) vertreten, auf Länder-Seite die drei Landeshauptleute aus Wien, Tirol und Oberösterreich sowie Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ).

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Sozialdemokraten verfügen im Bundesrat über eine Sperrminorität.
Innenpolitik

Jugendhilfe: Bund-Länder-Reform gefährdet

Die SPÖ will der Novelle vorerst nicht zustimmen, weil eine Lösung für die fehle. Diese soll künftig ganz auf die Bundesländer übergehen.
MINISTERRAT: NIESSL/ STRACHE
Innenpolitik

Bund-Länder-Reform: „Das ist net sehr einfach“

Mit Hans Niessl nahm auch ein Sozialdemokrat als Vertreter der Landeshauptleute am Treffen der Regierung teil. Kanzler Kurz sieht „die größte Verfassungsreform seit 1929“. Doch die großen Brocken sind noch offen.
Kurz, Moser, Niessl, Strache nach dem Ministerrat
Innenpolitik

"Net sehr einfach": Kompetenzbereinigung im Ministerrat fixiert

Die Kinder- und Jugendhilfe soll "verländert" werden. Noch nicht im Paket umfasst sind die Mindestsicherung, Heil- und Pflegeanstalten sowie das Elektrizitätswesen.
Minister Josef Moser (hier im Tiroler Alpbach im August) will bei der Kompetenzreform die Richtung vorgeben.
Innenpolitik

Kompetenzreform: Kein gegenseitiges Pflanzen mehr

Länder werden für Pflanzenschutz und Bezirksgrenzen zuständig, der Bund für Gerichtsschließungen. Heikle Punkte wie Mindestsicherung und Spitäler bleiben noch offen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.