BVT-U-Ausschuss: Zeuge kann sich "an überhaupt nichts mehr erinnern"

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Nachlese Bei seinem Auftritt im U-Ausschuss nannte der frühere Chef des Verfassungsschutzes, Gert-René Polli, die Razzia im BVT "überzogen". Den Umgang mit dem Amt kritisierte er: "Das BVT ist zerstört."

Der U-Ausschuss zur Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) geht in die nächste Runde. Heute als erste Auskunftsperson geladen war der ehemalige Verfassungsschutzchef Gert-René Polli. Auf ihn folgte zu Mittag der Zeuge Anton H. Er war als IT-Techniker im BVT tätig. Seine Aussage war es, die schlussendlich zur Hausdurchsuchung im Bundesamt geführt hat. Als dritte Auskunftsperson wurde am Nachmittag der stellvertretende Abteilungsleiter im BVT, M., geladen. Er war Stellvertreter des Hauptbelastungszeugen Martin Weiss.

Polli nannte die Razzia im BVT am Mittwochvormittag "überzogen" und mutmaßte, dass ausländische Nachrichtendienste an jenem ominösen Konvolut an Vorwürfen beteiligt gewesen sein könnten, das letztlich die gesamte Affäre ins Rollen gebracht hat. Und: "Das BVT ist zerstört", befand er, "wir, der ganze Ausschuss, tanzen derzeit auf der Asche des BVT". In keinem anderen Land wäre ein Ausschuss in aller Öffentlichkeit möglich gewesen, man werde aus dem Ausland genau beobachtet: "Eine Katastrophe, meine Damen und Herren." Damit konfrontiert, dass er in einem Fernsehinterview meinte, dass es im BVT politische Netzwerke gegeben habe und Personen aufgrund ihrer politischen Kontakte in Positionen gehievt worden seien, gab sich Polli zurückhaltend, nahm seine Aussage zurück. Es hätte sich um einen allgemeinen Eindruck gehandelt, räumte er ein - und meinte lakonisch: "In ORF-Interviews steht man nicht unter Wahrheitspflicht."

Polli war übrigens erst vor kurzem wieder ins Innenministerium zurückgekehrt - als einfacher Referent, aber mit speziell für ihn geschaffenem Posten in Spanien. Seine zehnjährige Karenzierung wäre ohne Rückkehr in den Staatsdienst abgelaufen. Polli war Berater vom damaligen FPÖ-Generalsekretär und heutigen Innenminister Herbert Kickl während der Koalitionsverhandlungen zu Türkis-Blau. Polli war auch als Redner bei der AfD in Deutschland aufgetreten.

Zeuge verstrickt sich in etliche Widersprüche

Datenforensiker Anton H., der dritte Belastungszeuge in der BVT-Affäre, spielte im U-Ausschuss zunächst seine eigene Rolle herunter. Der Staatsanwaltschaft habe er sich nicht selbst angedient, sondern sei von dieser vorgeladen worden - nachdem Zeugin P. dort ausgesagt hatte. Vorbesprechungen mit ihm im Innenministerium habe es nicht gegeben. Letztere Aussage sorgte für Verwunderung unter den Abgeordneten. Denn Kickl hatte bei einer parlamentarischen Anfragebeantwortung genau das Gegenteil angegeben. Da könne es sich nur um ein Missverständnis handeln, meinte H., der übrigens mittlerweile nicht mehr im BVT, sondern für Sondereinheiten in Wiener Neustadt tätig ist. Aussagen aus einem Einvernahmeprotokoll stellte H. selbst infrage, er habe diese so nicht getätigt.

>>> BVT-U-Ausschuss: Was war, was kommt

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