"Net sehr einfach": Kompetenzbereinigung im Ministerrat fixiert

Kurz, Moser, Niessl, Strache nach dem Ministerrat
Kurz, Moser, Niessl, Strache nach dem MinisterratAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Kinder- und Jugendhilfe soll "verländert" werden. Noch nicht im Paket umfasst sind die Mindestsicherung, Heil- und Pflegeanstalten sowie das Elektrizitätswesen.

Die Regierung hat im Ministerrat das erste "Kompetenzbereinigungs"-Paket verabschiedet. Mit dem Vorhaben sollen zahlreiche Kompetenzen zwischen Bund und Ländern entflochten werden, etwa die Kinder- und Jugendhilfe "verländert" werden. Die Länder gaben bereits ihre Zustimmung. Noch nicht umfasst sind die Mindestsicherung, Heil- und Pflegeanstalten sowie das Elektrizitätswesen.

Bei der - um eine Woche verschobenen - Verkündigung des Beschlusses am Mittwoch dabei war auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) in seiner Funktion als aktueller Vorsitzender der Landeshauptleute-Konferenz. Dessen Auftritt sollte das "Ja" der Länder, insbesondere der "roten" unterstreichen. Denn, die Zustimmung der SPÖ ist wichtig, da die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ für den Parlaments- wie auch für den Bundesratsbeschluss eine Zweidrittelmehrheit und damit die Zustimmung der sozialdemokratischen Abgeordneten benötigen.

Niessl: "Klare Kompetenzen - rasche Entscheidungen" 

Niessl betonte am Mittwoch, es sei an der Zeit, die Kompetenzaufteilung zu machen bzw. "schon über der Zeit": "Klare Kompetenzen schaffen rasche Entscheidungen." Niessl ging auch auf die Bedenken zahlreicher Interessensvertreter hinsichtlich der "Verländerung" der Kinder- und Jugendhilfe ein. Sorgen, dass dies zu einem Qualitätsverlust führen könnte, trat er entgegen: "Wir sind uns alle einig, dass wir keinen Qualitätsverlust wollen innerhalb der Jugendwohlfahrt." Deswegen habe man sich auch darauf geeinigt, eine 15a-Vereinbarung (Bund-Länder-Vereinbarung) zu schaffen, in derer die Qualitätskriterien österreichweit einheitlich festgelegt werden. An diesen werde derzeit noch "intensiv gearbeitet".

Zu den noch offenen Punkten Mindestsicherung, Krankenanstalten und Elektrizitätswesen gab sich Niessl vorsichtig optimistisch. Man sei bereit, sich auch hier konstruktiv einzubringen, so der Landeshauptmann. "Das ist net sehr einfach, aber auch hier gibt es Ansätze." Die drei heiklen Materien sollen laut Justizminister Josef Moser (ÖVP), der die Einigung auf das aktuelle Paket bereits in einer Pressekonferenz am Montag letzter Woche verkündet hatte, im Herbst angegangen werden. Man sei schon "sehr weit", klar sei auch, dass dabei "sehr wohl regionale Bedürfnisse abgedeckt werden sollen". Eine Einigung peilt der Ressortchef bekanntlich für das erste Halbjahr 2019 an.

Kurz: "Größte Verfassungsreform seit 1929 in diesem Bereich"

Zufrieden mit dem bisher Erreichten zeigten sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Kurz betonte, es habe in der Vergangenheit viele Anläufe gegeben für eine derartige Reform, es sei aber bisher immer bei "Absichtserklärungen" geblieben. Nun sei es endlich gelungen, auch zu Entscheidungen zu kommen. "Es ist die größte Verfassungsreform seit 1929 in diesem Bereich", so der Regierungschef. Strache sagte, erstmals sei eine "strukturelle Reform" in diesem Bereich gelungen.

Das Paket sieht eine klare Zuordnung jener Bereiche vor, in denen der Bund bisher "Grundsatzgesetze" erlässt, die dann von den Ländern mit "Ausführungsgesetzen" konkretisiert werden. Von den zwölf im Artikel 12 der Bundesverfassung geregelten Feldern werden nun bei neun die Kompetenzen neu zugeordnet. So wandern etwa die Bereiche "Volkspflegestätten", "Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge" (Kinder- und Jugendhilfe), die Regelungen über Thermalwasser ("natürliche Heilvorkommen") oder der Bereich "Bodenreform" zu den Ländern.

An den Bund gehen etwa die Kompetenz bei der "Bevölkerungspolitik" (z.B. Maßnahmen zur Hebung der Geburtenzahl) oder bei den Gemeindevermittlungsämtern. Neben den Änderungen im Artikel 12 der Bundesverfassung sieht die Novelle u.a. auch die Abschaffung der Blockademöglichkeiten im "Übergangsgesetz 1920" vor. So muss künftig etwa die Bundesregierung zur Bestellung eines Landesamtsdirektors keine Zustimmung mehr geben, auch die gegenseitigen Zustimmungsrechte in Bezug auf eine Änderung in den Sprengeln der politischen Bezirke bzw. der Bezirksgerichte fällt weg.

(APA)

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