Koalition bleibt bei Kassenreform

Bundeskanzler Kurz mit Justizminister Moser, Landeshauptmann Niessl und Vizekanzler Strache nach dem Ministerrat.
Bundeskanzler Kurz mit Justizminister Moser, Landeshauptmann Niessl und Vizekanzler Strache nach dem Ministerrat.APA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Regierung will bei „berechtigter Kritik“ noch Änderungen bei der Reform der Krankenkassen vornehmen, sieht diese aber derzeit noch nicht.

Wien. Die Regierungsspitze hat sich von der teils massiven Kritik an der geplanten Kassenreform im Zuge der parlamentarischen Begutachtung wenig beeindruckt gezeigt. Man habe mit Widerstand gerechnet, sagten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz Christian Strache (FPÖ) im Pressefoyer nach dem Ministerrat am Mittwoch.

Bei so großen Reformvorhaben sei immer mit Kritik zu rechnen, so Kurz. Deswegen hätten es auch Vorgängerregierungen nicht gewagt, dieses Vorhaben anzugehen. Wo die Kritik berechtigt sei, werde man diese berücksichtigen, so der Kanzler. Wo es aber nur um den Erhalt von Posten und Macht gehe, werde man zwar Kritik zulassen, sich davon aber nicht beeindrucken lassen.

Auch Strache zeigte sich vom Widerstand gegen die Reform nicht überrascht und meinte ebenfalls, dass es vielen nur um Eigen- und Machtinteressen gehe. Berechtigte Kritik werde man berücksichtigen, er sehe diese aber derzeit nicht.

Gesetz verfassungswidrig?

Wesentliche Kritik kommt vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger sowie von zahlreichen Krankenkassen: Mit der Reform werde in die Selbstverwaltung eingegriffen, das sei verfassungswidrig, heißt es in der Stellungnahme des Hauptverbandes. So gehörten die Beitragsprüfung und -einhebung zum Kerngeschäft der Krankenkassen. Diese Aufgaben an die Finanz zu übertragen verletze die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Kassen.

Auch die paritätische Besetzung der Gremien durch Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei mit der Selbstverwaltung nicht vereinbar. Denn deren Prinzip sei es, dass die Versicherten – und das sind bei den meisten Kassen die Arbeitnehmer – ihre eigenen Vertreter wählen können. Der Obmann der Salzburger Gebietskrankenkasse, Andreas Huss, argumentierte am Mittwoch ähnlich: Die paritätische Besetzung lasse sich nicht einmal damit rechtfertigen, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Beiträge einzahlen würden. Denn die Dienstgeber würden über Arbeitgeberbeiträge nur 28,7 und nicht 50 Prozent der Beiträge bezahlen. Huss sprach von einer „Verstaatlichung des Gesundheitswesens“.

Kärnten protestiert

Wenig Freude hat man im Gesundheitsministerium mit den vom Kärntner Landeshauptmann, Peter Kaiser, geforderten Verhandlungen im Rahmen des Konsultationsmechanismus. Gespräche würden ohnehin laufend geführt, teilte ein Sprecher von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) mit. Auch Kaisers Befürchtungen, das Land könnte finanzielle Nachteile haben, seien unbegründet. Der bisher über verschiedene Mechanismen vorgenommene finanzielle Ausgleich unter den einzelnen Gebietskrankenkassen sei auch in Zukunft gewährleistet.

Sollte Kaiser auf Verhandlungen bestehen, wird die Gesundheitsministerin diese aber nicht verhindern können: Der 15a-Vertrag zwischen Bund und Ländern sieht vor, dass die Länder den Konsultationsmechanismus in Gang setzen können, wenn Länderinteressen betroffen sind. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2018)

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