"Grobe Schätzung": Budgetdienst bezweifelt Zahlen bei Kassenreform

Medikamente
MedikamenteBilderBox
  • Drucken

Der Budgetdienst des Parlaments vermisst eine Begründung, warum aus 351 Millionen Euro Einsparungen im Erstentwurf eine Milliarde in der Regierungsvorlage wurde.

Die Angaben der Regierung über die Auswirkungen der Sozialversicherungsreform stoßen weiter auf Skepsis. So vermisst der Budgetdienst des Parlaments eine Begründung, warum aus 351 Millionen Euro Einsparungen im Erstentwurf eine Milliarde in der Regierungsvorlage wurde. Die angebliche "Patientenmilliarde" sei nur "Zahlentrickserei", schließt Liste Pilz-Klubobmann Bruno Rossmann daraus.

Rossmann hat beim Budgetdienst eine Kurzstudie über die Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Krankenkassen-Zusammenlegung in Auftrag gegeben, konkret mit Blick auf die Unterschiede zwischen Ministerialentwurf und Regierungsvorlage. Zwar sei die Darstellung mehrfach ergänzt und Mehr- bzw. Minderaufwendungen teils inhaltlich umfassender begründet worden, räumte der Budgetdienst ein. Aber: Die größte Position - nämlich die Verwaltungs-Effizienzsteigerung der Sozialversicherungsträger - sei unbegründet wesentlich verändert worden.

Statt 351 Millionen Euro Einsparungen bis 2026 würden nun 1050 Millionen Euro ausgewiesen - weil sie nun wesentlich früher (ab 2020 und nicht erst ab 2023) und höher (mit einem linearen Anstieg auf 30 statt zehn Prozent) angesetzt werden. "Die Berechnungen zur Effizienzsteigerung sind weiterhin grobe Schätzungen", stellt der Budgetdienst fest, auch wenn jetzt die Grundlagen besser dargestellt würden. Aber: "Ein konkretes Mengen- bzw. Preisgerüst für die Berechnungen fehlt weiterhin."

Rossmann ortet "Hokuspokus"

Außerdem verweist der Budgetdienst darauf, dass es laut jüngsten Gesamtstudien ein vergleichsweise geringes Einsparungspotenzial gibt, weil die Sozialversicherung bereits niedrige bis höchstens durchschnittliche Verwaltungskosten habe. Außerdem werde der Fusionsaufwand für die Zusammenlegung der Krankenkassen zwar angeführt, aber als gering angesehen und nicht quantifiziert. Dabei sei in den Begutachtungs-Stellungnahmen gewarnt worden, dass hier ein Kostenrisiko bestehe, das man genau beobachten müsse.

Rossmann sieht sich in seiner Kritik am Kassenreform-Entwurf bestärkt: "Die Berechnungen beruhen auf einer fiktiven und offenbar beliebig änderbaren Annahme", sprach er am Dienstag von "Hokuspokus". Ihm fällt es schwer zu glauben, dass diese Reform wirklich wie dargestellt umgesetzt werden kann. Der Liste Pilz-Klubobmann erwartet deshalb "mit Spannung" die Anfragebeantwortung von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) zu diesem Thema.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Matthias Krenn
Innenpolitik

Freiheitlicher zum ersten Obmann der neuen ÖGK designiert

Die Reform der Sozialversicherungen läuft an - mit ersten Personalentscheidungen: Für die aus den neun Kassen entstehende Österreichische Gesundheitskasse wurde WK-Vizepräsident Matthias Krenn designiert.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner argumentiert mit der Verletzung der Prinzipien Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.
Innenpolitik

Kassenfusion vor Höchstgericht

Die SPÖ hält die Reform für verfassungswidrig, weil das Vorhaben wirtschaftlich unsinnig sei. Der Verfassungsgerichtshof könnte im Herbst aktiv werden.
Innenpolitik

Kassenreform: Topjobs werden in nächsten Wochen vergeben

Der Chef der Freiheitlichen Wirtschaft, Matthias Krenn, könnte erster Obmann der neuen "Österreichischen Gesundheitskasse" werden.
PROTESTKUNDGEBUNG GEGEN SOZIALVERSICHERUNGSREFORM OeGB
Innenpolitik

Regierung erwägt höhere Gagen für Kassenfunktionäre

Derzeit bekommen die Funktionäre nur das erwähnte Sitzungsgeld von gut 42 Euro pro Sitzungstag. ÖVP-Klubobmann August Wöginger dementiert umgehend.
Eine Senkung der Krankenversicherungsbeiträge würde laut Österreichischer Ärztekammer den niedergelassenen Bereich ebenso treffen wie Spitaler.
Österreich

Ärzte warnen vor Senkung der Versicherungsbeiträge

Kammerpräsident Thomas Szekeres befürchtet bei einer Reduktion der Krankenversicherungsbeiträge noch längere Wartezeiten und eine Verschärfung der Zweiklassenmedizin.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.