Wallner fordert weiterhin Länder-Mitsprache bei humanitärem Bleiberecht

LANDESHAUPTLEUTEKONFERENZ IN BREGENZ: WALLNER
LANDESHAUPTLEUTEKONFERENZ IN BREGENZ: WALLNERAPA/DIETMAR STIPLOVSEK
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Nach dem umstrittenen Fall einer Abschiebung in Vorarlberg fordert Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) weiterhin ein Mitspracherecht für die Länder von der Bundesregierung.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat am Mittwoch im Vorarlberger Landtag erneut ein Mitspracherecht der Länder beim humanitärem Bleiberecht gefordert. Auch stehe er zu seiner Haltung, jugendlichen Asylwerbern den Abschluss einer begonnenen Lehre zu ermöglichen, sagte Wallner. Dezidiert verlangte der Landeschef von der Bundesregierung "wesentlich raschere Asylverfahren".

Wallner äußerte sich im Rahmen der "Aktuellen Stunde" des Landtags, deren Thema "Zurück zur menschlichen Flüchtlingspolitik" turnusgemäß von den Grünen vorgegeben worden war. Anlass für die Themenwahl waren in jüngster Zeit in Vorarlberg durchgeführte beziehungsweise beabsichtigte Abschiebungen. Beachtung weit über die Landesgrenzen hinaus hatte der Fall einer armenischen Familie gefunden, die seit knapp fünf Jahren in Vorarlberg lebt, als vorbildlich integriert gilt und die im Zuge des Abschiebungsprozesses getrennt wurde - die schwangere Mutter musste wegen einer drohenden Frühgeburt ins Krankenhaus eingeliefert werden, der Vater und der dreijährige Sohn wurden ins Anhaltezentrum nach Wien gebracht.

"Falsch und unmenschlich"

Für Wallner war dies "falsch und unmenschlich", wie er am Mittwoch betonte. Die Sprecher der Landtagsfraktionen äußerten sich ähnlich. Dass die FPÖ sich nicht bedauernd äußern wolle, wies Parteichef Christof Bitschi als "plumpe Unterstellung" zurück. Die Medienberichte hätten niemanden kalt gelassen, jede Abschiebung habe ein hohes Maß an Menschlichkeit zu erfüllen. "Wir haben eine sehr klare Positionierung: Wir stehen für Menschlichkeit, aber auch dafür, dass der Rechtsstaat Bestand hat", meinte Bitschi.

Bis auf die FPÖ forderten alle Parteien ein Mitspracherecht der Länder beim humanitärem Bleiberecht, wie es bis 2014 gegeben war. Wallner wies darauf hin, dass die damalige Zentralisierung unter dem Protest Vorarlbergs erfolgt sei. Dass nunmehr die Länder keine Möglichkeit zur Mitsprache mehr haben, "halte ich für falsch", sagte der Landeshauptmann. Dem Argument der Freiheitlichen, dass ohne Länder-Mitsprache ein Vollzug des Asylgesetzes nach österreichweit einheitlichen Entscheidungskriterien gewährleistet sei, widersprach Wallner. Es gehe nicht um die Kriterien, sondern darum, gehört zu werden, meinte der Landeschef. Die Entscheidung würde in jedem Fall beim Bund bleiben.

"Keinen Millimeter abrücken"

Dass seine Meinung zum Thema Flüchtlinge und Asyl sich nicht immer mit jener der türkis-blauen Bundesregierung decke, "das mag so sein", stellte Wallner fest. Ihm gehe es darum, dass nach außen ein strenger Grenzschutz gewährleistet sei. Im Land selbst aber "bemühen wir uns, einen einigermaßen menschlichen Pfad einzuhalten. Von dieser Grundhaltung werde ich keinen Millimeter abrücken", sagte Wallner.

Während sich alle Fraktionen in ihrer Forderung nach rascheren Asylverfahren einig waren, übten Grüne, SPÖ und Neos scharfe Kritik an der Bundesregierung in Sachen Asyl. Es sei furchtbar, "was in Österreich abgeht", sagte Grünen-Klubobmann Adi Gross. Sabine Scheffknecht (Neos) sagte, dass der Bundesregierung offenbar jedes Mittel recht sei, "auf dem Rücken von Flüchtlingen und Migranten Politik zu machen". Manuela Auer (SPÖ) erklärte, dass die Bundesregierung das humanitäre Bleiberecht de facto abgeschafft habe, was von Bitschi heftig bestritten wurde. Darüber hinaus fehlten Scheffknecht und Michael Ritsch (SPÖ) der öffentliche Widerspruch des Landeshauptmanns gegenüber dem Kurs von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

(APA)

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