Ein SMS und die Zukunft der Notenbank

Auf keinen Fall will Vizekanzler Strache, dass die ÖVP im Direktorium der Nationalbank die Mehrheit hat.
Auf keinen Fall will Vizekanzler Strache, dass die ÖVP im Direktorium der Nationalbank die Mehrheit hat.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Ein SMS des Vizekanzlers zeigt, nach welchen Kriterien bei der Reform der Bankenaufsicht entschieden wird.

Wien. Heinz-Christian Strache ist etwas Unangenehmes passiert: Er hat ein SMS zur anstehenden Bankenaufsichtsreform versehentlich nicht nur an seine Vertrauten, sondern auch ins Feindesland, sprich an ein Mitglied der SPÖ, geschickt. Die Freude darüber war bei dem Beglückten groß, denn die Kurznachricht des Vizekanzlers hätte entlarvender nicht sein können.

Das Harmlose zuerst: Aus Straches Text geht hervor, dass er dezidiert gegen eine Verlagerung der Bankenaufsicht von der Oesterreichischen Nationalbank in die Finanzmarktaufsicht ist. Genau das hat Finanzminister Hartwig Löger allerdings geplant („Die Presse“ berichtete am 25. 9.).

Auch in der FPÖ weiß man zwar grundsätzlich, dass es hoch an der Zeit ist, die Bankenaufsicht zu reformieren. Schließlich machte ein Rechnungshof-Bericht aus dem Jahr 2017 deutlich, dass die derzeitige Struktur nicht nur ineffizient, sondern enorm kostspielig ist. Aber um eine inhaltliche Verbesserung des Status quo dürfte es Strache bei dem Vorhaben gar nicht gehen. Vielmehr fürchtet er, dass die von Löger geplante Neuordnung zu einer Einsparung von Posten (und Kosten) in der Nationalbank führen könnte: Die Pläne des Finanzministers bezweckten „die seit 3. 11. laufende ÖNB-Ausschreibung für 4 Direktoren zu unterlaufen, um unsere Macht zu schwächen“, lässt Strache per SMS wissen. Die Lektüre eines Löger-Interviews, das allerdings schon vor zehn Tagen bei Bloomberg erschienen ist, dürfte den Vizekanzler hochgradig irritiert haben. Der Finanzminister „betonte“ in diesem Interview, schrieb Strache, „dass er in diesem Fall das ÖNB-Direktorium (z.B. von 4 auf 3) verkleinern will!!! Dann sind wir in der Defensive“, folgert er. „Wie sollen wir einen 4. Direktor argumentieren, wenn dieser keine Arbeit mehr hat?“, fragt Strache mit einer gewissen Berechtigung die Runde.

Freilich nicht, ohne gleich einen Lösungsvorschlag parat zu haben. Sollte tatsächlich seinem Widerstand zum Trotz die Nationalbank-Chefetage von vier auf drei Personen abgespeckt werden, dann „muss der zweite Direktor auch von uns sein“, stellte Strache klar.

Gesichtsverlust nicht nur für die FPÖ

Wie die ganze Angelegenheit ausgehen wird, sollte sich schon in den kommenden Tagen zeigen. Die Verhandlungen zwischen der ÖVP und FPÖ laufen auf Hochtouren. Doch sie sind, wie spätestens seit dem Strache-SMS schwarz auf weiß feststeht, offenbar nicht von sachlichen Erwägungen getragen. Sie folgen der politischen Grundregel, wonach nicht nach inhaltlich guten Lösungen zu suchen ist, sondern nach ausreichend hoch dotierten Stellen für die Parteifreunde.

Während sich die Opposition über den Irrläufer von Strache diebisch freut, ist der Koalitionspartner alles andere als begeistert. Die Gespräche zu einem Abschluss zu bringen wird nun nicht einfacher. Unter diesen Bedingungen ist die Chance auf Gesichtsverlust auch für die ÖVP ungleich höher als zuvor. Welches Ergebnis auch immer präsentiert wird, jeder wird es postwendend unter dem Titel „Postenschacher“ abspeichern.

Dabei hätte sich Löger noch vor einigen Monaten nicht gedacht, dass die Aufsichtsreform im Herbst noch immer nicht beschlossene Sache sein würde. Die Gespräche zwischen seinen Leuten und Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) befanden sich schon auf der Zielgeraden. Immerhin hatte die ÖVP der FPÖ zugestanden, künftig den Gouverneur mit Robert Holzmann zu stellen. Er soll Ewald Nowotny folgen, dessen Vertrag 2019 endet. Doch dann stießen sich auf einmal einige bei den Blauen daran, dass ausgerechnet jetzt, da man endlich in der Notenbank etwas zu sagen haben werde, dieser so wichtige Agenden wie die Bankenaufsicht entzogen werden sollen. Und nun kommt dazu, dass der Plan Lögers, das bisher vierköpfige Direktorium auf drei zu reduzieren, weder mit dem Selbstwert der Partei noch mit ihrer machtpolitischen Strategie zu vereinbaren ist. Gibt es nur drei, könnte Holzmann bei Entscheidungen von den zwei ÖVP-Mitgliedern überstimmt werden. Das will die FPÖ verhindern.

Übrigens: Noch ist keiner der Direktoren bestellt. Die Bewerbungsfrist für die vier Stellen endet erst am 5. Dezember.

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