"Rudern statt sudern": Werner Kogler zum Grünen-Bundessprecher gewählt

Werner Kogler bleibt Grünen-Chef.
Werner Kogler bleibt Grünen-Chef.APA/GEORG HOCHMUTH
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Kogler war beim Bundeskongress der Grünen ohne Gegenkandidat. Er beklagt mangelnde mediale Aufmerksamkeit und freut sich über mehr Parteimitglieder. In zwei Jahren will er an einen Nachfolger übergeben.

Werner Kogler ist am Samstag zum Bundessprecher der Grünen gewählt worden. Beim Bundeskongress in Wien gab es mit 203 von 205 gültigen Delegiertenstimmen einhellige Zustimmung für den bisher nur interimistischen Parteichef. Die Zustimmung mit 99,02 Prozent kam nicht überraschend, gab es doch keinen Gegenkandidaten.

"Ich nehme die Wahl an", sagte Kogler unter viel Applaus. Er will das Parteiamt für zwei Jahre ausüben und dann an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger übergeben. Zusätzlich soll er bei der EU-Wahl 2019 als Spitzenkandidat der österreichischen Grünen ins Rennen gehen.

Rede zur Lage der Grünen

Vor seiner Wahl hatte Kogler in einer fast einstündigen Rede versucht, seine Partei für einen Weg zurück zu Wahlerfolgen zu begeistern. "Rudern statt sudern!", lautete sein Aufruf. Grüne Politik sei eigentlich eine "Liebeserklärung an die Welt", zitierte er einen Unterstützer. Koglers Fazit: "Ökologie und Gerechtigkeit, diese Mischung hast du nur mit uns, deshalb braucht es Grün."

Mit Selbstironie über seinen Hang zu Zeitüberschreitungen mäanderte Kogler von Thema zu Thema, beklagte mangelnden journalistischen Zuspruch und schlug in rasant gesprochenen Schachtelsätzen einen Bogen von seiner Kindheit am Eisernen Vorhang zum heutigen Europa, vom Start der Ökobewegung zu den heutigen umweltpolitischen Herausforderungen und von der aktuellen Stärke der Rechtsparteien zur Notwendigkeit des Linksseins der Grünen.

Das Debakel bei der Nationalratswahl 2017 bezeichnete er als selbst verschuldeten "ziemlichen Potsch'n". Man könne diesem "Riesenmalheur" als Katharsis aber auch Positives abgewinnen. Viele hätten erkannt, dass es die Grünen weiter brauche. Heute verzeichne man Nettozuwächse an Parteimitgliedern. "Ich habe den Eindruck gehabt, wir könnten eigentlich drei grüne Parteien neu gründen", meinte er.

Gerade Ökothemen zeigten, dass es die Grünen brauche, "weil es macht sonst niemand in dieser Konsequenz". Angesichts des Handelns der ÖVP, aber auch von SPÖ-Widerstand gegen "Fundifirlefanz" in Umweltfragen, sage er: "Da bin ich stolz darauf, ein Fundi zu sein." Realpolitik könne man nur dann machen, wenn man auf einem festen Fundament stehe. Als Grüne müsse man "radikal und real" agieren und als Bündnispartei auf Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften und Zivilgesellschaft zugehen.

Attacke auf ÖVP

Vor allem an der Regierungspartei ÖVP rieb sich Kogler. Diese betreibe im Sozialen eine Umverteilung von unten nach oben. Beim Migrationspakt habe sie sich von rechten Trollfabriken treiben lassen, wo selbst die CSU in Deutschland richtig argumentiere.

"Mittlerweile ist Blau rechtsextrem, und rechtspopulistisch ist mittlerweile schon türkis", sagte er zur Schlagseite der österreichischen Regierungsparteien. Es gehe darum, "die Heimat Europa zu schützen vor den alten Nationalisten und den neuen Rechtsextremen". In der EU laufe vieles schief, sie deshalb infrage zu stellen, sei aber falsch: "Ich will ja wegen Schwarz-Blau auch nicht Österreich abschaffen."

Vor Kogler hatte der grüne Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi als Einpeitscher agiert. Die Grünen müssten unerschrocken, mit Zuversicht aber auch mit Augenzwinkern agieren, betonte er. "Heute geht's los, wir werden Wahlen gewinnen." Unerwähnt ließ er seinen Wunsch nach einem Wiederzusammengehen mit der Liste Pilz, für das er sich in den "Salzburger Nachrichten" ausgesprochen hatte.

"Es braucht Grün" lautet das Motto der Veranstaltung im Studio 44 in Wien. Bei der nächsten Nationalratswahl wieder den Sprung ins Parlament zu schaffen, ist das erklärte und laut Kogler motivierende Ziel. Der Vorstand der Grünen wird mit dem Bundeskongress am Samstag verkleinert, erneuert und verjüngt. Neben dem Bundessprecher gibt es nur noch fünf gewählte Mitglieder. Sie sollen die bereits recht weit gediehene Statutenreform weiterbringen, die etwa die Urwahl von Spitzenkandidaturen bei Wahlen unter allen Parteimitgliedern bringen könnte.

(APA)

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