Parlament lässt keine privaten Securities mehr in BVT-Ausschuss

Symbolbild: Sitzung des BVT- U- Ausschusses im Parlament in Wien
Symbolbild: Sitzung des BVT- U- Ausschusses im Parlament in WienAPA/HANS PUNZ
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Ein Mann aus dem Umfeld des Neonazis Gottfried Küssel arbeitete als Security im U-Ausschuss zur BVT-Affäre. Künftig sollen ausschließlich Beamte des Innenministeriums mit Sicherheitsstufe 2 eingesetzt werden.

Die Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ist um eine Facette reicher: Seit dem Wochenende ist bekannt, dass ein offenbar rechtsextremer Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma als Security im parlamentarischen Untersuchungsausschuss um die Causa BVT tätig war. Der Mann, der Kontakte zu dem Neonazi Gottfried Küssel unterhalten soll, hatte damit Zutritt zu verschiedensten Räumlichkeiten, in denen Ermittlungen des Verfassungsschutzes im rechtsextremen Milieu durchgeführt wurden. Auch hatte er so die Möglichkeit, die Befragung von Zeugen zu verfolgen. Am 4. und 5. September war er zudem für die Zugangskontrolle der vom Ausschuss berichtenden Journalisten zuständig. Mittlerweile wurde der Mann dienstfrei gestellt.

Die Frage, wer die Verantwortung dafür trage, dass der Mann den Posten als Security überhaupt erhalten habe, wurde am Wochenende zwischen Innenministerium und Parlamentsdirektion einem Ping-Pong-Spiel ähnlich hin und her geschoben. Klarer Position bezogen am Montag die Fraktionsvorsitzenden des U-Ausschusses. Sie verständigten sich darauf, dass künftig keine privaten Securitydienste mehr bei den Sicherheitskontrollen zum Einsatz kommen sollen. Vielmehr sollen ausschließlich Beamte des Innenministeriums mit Sicherheitsstufe 2 eingesetzt werden.

"Das Innenministerium ist nicht in der Lage, für unsere Sicherheit zu sorgen. Daher haben wir das selbst in die Hand genommen", kommentierte Liste-Pilz-Gründer Peter Pilz die Vereinbarung. "Bei uns im Parlament gilt jetzt wieder der Grundsatz, öffentliche Aufgaben werden von öffentlichen Bediensteten wahrgenommen. Gerade das Beispiel G4S zeigt, dass Outsourcing besonders im Sicherheitsbereich nicht Kosten spart, sondern Sicherheit gefährdet."

Ergebnis "unergiebiger als einfache Google-Suche"

Zuvor hatte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bereits per Aussendung "Sofortmaßnahmen auf verwaltungstechnischer Ebene" angeordnet. Konkret: Die Parlamentsdirektion werde künftig eigene Überprüfungen durchführen, die über die sicherheitsbehördlichen Überprüfungen hinaus gehen sollen. Außerdem würden die Kontrollschleifen bezüglich der beauftragten Sicherheitsfirma im Hinblick auf präzise Vertragserfüllung verschärft.

Unabhängig davon will sich das Parlament künftig nicht allein auf formale Verfahren der Sicherheitsbehörden verlassen. Wenn diese Verfahren im Ergebnis "unergiebiger als eine einfache Google-Suche" seien, könne man damit nicht zufrieden sein, meinte Sobotka. Die Parlamentsdirektion werde einen Mechanismus entwickeln, der sich nicht alleine auf sicherheitsbehördliche Betrachtungen reduziert, hieß es aus dem Hohen Haus. Darüber hinaus könnten nach einer noch diese Woche stattfindenden Präsidialsitzung weitere Maßnahmen folgen.

Causa BVT - Worum geht es?

Kurz zusammengefasst: Die Staatsanwältin ließ sich mitten in der Nacht eine Razzia genehmigen. Die Begründung: Gefahr im Verzug. Ohne das Justizministerium zu informieren. Und das, obwohl die Anzeige, um die es geht, seit Monaten bei ihr gelegen hat. Beauftragt wurde eine Polizeieinheit, die für derartige Einsätze nicht vorgesehen ist – aufgrund von Zeugenaussagen, die ihr das Innenministerium geschickt hat. Die Hausdurchsuchung wurde letztlich vom Oberlandesgericht Wien als teilweise rechtswidrig beurteilt (der Verdacht wurde als hinreichend begründet, die Durchsuchung aber als falsches Mittel angesehen). Und: Es wurden weit mehr Unterlagen und Daten beschlagnahmt, als angeordnet. Ein parlamentarischer U-Ausschuss untersucht aktuell die Vorgänge und geht auch der Frage nach, ob es womöglich den Versuch einer politischen Einflussnahme auf das BVT gegeben hat.

Damit nicht genug: Zur BVT-Affäre gehört auch der sogenannte Themenkomplex "Passaffäre". Gemeint ist: 2015 erging ein Auftrag an die Staatsdruckerei. Das nordkoreanische Regime bestellte die Lieferung und Herstellung von 200.000 biometrischen Reisepässen. Das Wirtschaftsministerium genehmigte das auch. Dem BVT kamen 30 Musterexemplare zu. Drei dieser Exemplare wurden dann von südkoreanischen Sicherheitsbehörden angefordert. Die Argumentation: Um Grenzbeamte zu schulen, wie derartige Ausweise aussehen.

(hell/APA)

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