Kickl: Kein Antrag auf Sicherheitsprüfung des Küssel-Vertrauten

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ)
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In dem Streit um den rechtsextremen Sicherheitsmann im BVT-U-Ausschuss spielt der Innenminister den Ball an das Parlament zurück - und kritisiert den Kommunikationschef scharf. Der Security teilte Berichte über die BVT-Affäre im Netz.

In dem Streit um einen mutmaßlich rechtsextremen Sicherheitsmann im BVT-U-Ausschuss des Parlaments hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) den Ball an das Parlament zurückgespielt. Die Sicherheitsüberprüfung des Security-Mitarbeiters habe deswegen nicht stattgefunden, weil kein Antrag gestellt wurde, sagte Kickl am Montag. Hätte das Parlament einen Antrag auf Sicherheitsüberprüfung gestellt, wäre das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) "dem natürlich nachgekommen". Voraussetzung dafür wäre ein entsprechender Antrag gewesen, bestätigte der Ressortchef die Aussagen der Leiterin der öffentlichen Sicherheit, Michaela Kardeis, vom Wochenende.

Der Minister verwies auch darauf, dass die stattgefundene Zuverlässigkeitsüberprüfung des Mannes etwas anderes war als eine Sicherheitsüberprüfung. das Parlament habe am Wochenende ja so getan, als ob beide Überprüfungen "das Gleiche" wären - "es ist nicht das Gleiche", beharrte Kickl nun.

Worum geht es konkret? Seit dem Wochenende ist bekannt, dass ein im BVT-U-Ausschuss eingesetzter Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma Kontakte zu dem Neonazi Gottfried Küssel unterhalten soll. Der Mann, der Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma war, hatte Zutritt zu verschiedenen Räumlichkeiten und konnte die Zeugenbefragungen verfolgen.

Kickl-Schelte für Kommunikationschef im Parlament

Bei seiner Kritik wurde Kickl am Montag denn auch persönlich: Zwar nannte er Karl-Heinz Grundböck, den Kommunikationschef des Parlaments und früheren langjährigen Pressesprecher des Innenministeriums, nicht namentlich, meinte allerdings: "Das wundert mich deshalb ein wenig mehr, weil maßgebliche Handelnde im Parlamentspräsidium jahrelang im Innenministerium tätig gewesen sind und eigentlich sehr wohl wissen müssten, was der Unterschied zwischen einer Zuverlässigkeitsprüfung auf der einen Seite und einer Sicherheitsprüfung nach hohen Standards ist."

Grundböck meldete sich kurz darauf selbst zu Wort und wies die Kritik Kickls zurück: Er gehe auch nicht davon aus, dass Kickl ihn gemeint habe. "Dass ich persönlich die Unterscheidung zwischen Sicherheitsüberprüfung und Zuverlässigkeitsüberprüfung kenne, davon darf man ausgehen", sagte er: "Aber darum geht es ja wohl nicht. Evident ist ja, dass es eben erstens eine nicht ausreichende präzise Information des Sicherheitsunternehmens an die Parlamentsredaktion gegeben" habe. "Wenn im gegenständlichen Fall eine Zuverlässigkeitsprüfung positiv ausfällt, dann kann man wohl in diesem Fall im Ergebnis damit nicht zufrieden sein", meinte Grundböck. Es sei daher keine Frage von Schuld, sondern eine Frage der Systematik der Überprüfung. "Ich gehe davon aus, dass der Innenminister in der Bewertung des Überprüfungsergebnisses hier übereinstimmt."

Security teilte auch Beiträge zur Affäre in rechtsradikalem Forum

Am Montagnachmittag wurde zudem bekannt, dass der Security auf einer rechtsradikalen Facebook-Seite auch einen Beitrag zur Affäre geteilt hatte, dessen Inhalt potenziell nicht ohne Brisanz ist. Neos-Mandatarin Stephanie Krisper meint, es sei wohl kein Zufall gewesen, dass der Mann im BVT-U-Ausschuss ein- und ausging. Tatsächlich konnte der Sicherheitsmitarbeiter auch den Zeugenbefragungen problemlos folgen. Denn er war bei mehreren Sitzungen quasi als "Aufpasser" im Journalistenraum eingeteilt, in den die Aussagen der Auskunftspersonen übertragen werden.

Bei der Facebook-Gruppe, in der der Mann hoch aktiv war und noch ist, handelt es sich nach Angaben der Neos um eine Formation namens "Unwiderstehlich Österreich". Dem Security "gefällt" dort so gut wie jeden Beitrag, unter anderem eben auch etliche zur BVT-Affäre, darunter einen zur Hausdurchsuchung im BVT. Unter Bezug auf "gewöhnlich gut unterrichtete Quellen" wird etwa auf der "Unwiderstehlich"-Seite berichtet, dass der Zugriff auf die Festplatte der Leiterin des Extremismusreferats im BVT kein Zufall gewesen sei: "Jetzt müssen die Funde ausgewertet und der Saustall BVT ausgemistet werden." Gerade die Untersuchungen bei Referatsleiterin Sibylle G. gelten als besonders heikel, weil bei ihr auch die Unterlagen über die Ermittlungen im rechtsextremen Bereich lagern.

Dieser Beitrag wurde von dem Security, der sich auf Facebook "Baldur Wien" nennt, ebenso geliket wie der jüngste Artikel, der sich mit ihm selbst befasst. Dabei ist von "Kloaken-Journalisten" die Rede und wie harmlos die Geschichte sei, sei der Mann doch sicherheitsüberprüft gewesen. Offenbar missfallen hat dem Sicherheitsmitarbeiter übrigens, dass die FPÖ das rassistische E-Card-Video von vergangener Woche vom Netz genommen hat.

"Es gibt ganz offenbar ein rechtsextremes neonazistisches Netzwerk, welches das BVT zutiefst verachtet und dieses sowie in weiterer Folge die Republik Österreich unterwandern möchte", meinte Krisper. Es sei "ein Skandal im BVT-Skandal", dass Nachlässigkeiten dazu geführt hätten, dass ein Anhänger dieses Netzwerks  Abgeordnete und Journalisten "ausspionieren" haben könne.

Die Fraktionsführer im parlamentarischen U-Ausschuss zur Causa BVT haben sich unterdessen übrigens darauf geeinigt, dass künftig keine privaten Securities mehr bei den Sicherheitskontrollen zum Einsatz kommen. Vielmehr sollen ausschließlich Beamte des Innenministeriums mit Sicherheitsstufe 2 eingesetzt werden.

Security-Affäre auf einen Blick

Im BVT-U-Ausschuss des Parlaments war ein offenbar rechtsextremer Mitarbeiter einer privaten Security-Firma tätig gewesen, der Kontakte zum Neonazi Gottfried Küssel pflegte. Durchgeführt wurde bei dem Mann im Vorfeld keine Sicherheitsüberprüfung durch den BVT, sondern lediglich eine "Zuverlässigkeitsüberprüfung nach der Gewerbeordnung". Basis dafür ist unter anderem das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem (EKIS), wo Informationen über gerichtliche Verurteilungen oder Fahndungen zusammenlaufen. Der Fall hatte am Wochenende unter den Parlamentsfraktionen viel Empörung hervorgerufen. In Zukunft sollen im BVT-Ausschuss keine privaten Securities mehr zum Einsatz kommen.

Und worum geht es in der Causa BVT? Kurz zusammengefasst: Die Staatsanwältin ließ sich mitten in der Nacht eine Razzia genehmigen. Die Begründung: Gefahr im Verzug. Ohne das Justizministerium zu informieren. Und das, obwohl die Anzeige, um die es geht, seit Monaten bei ihr gelegen hat. Beauftragt wurde eine Polizeieinheit, die für derartige Einsätze nicht vorgesehen ist – aufgrund von Zeugenaussagen, die ihr das Innenministerium geschickt hat. Die Hausdurchsuchung wurde letztlich vom Oberlandesgericht Wien als teilweise rechtswidrig beurteilt (der Verdacht wurde als hinreichend begründet, die Durchsuchung aber als falsches Mittel angesehen). Und: Es wurden weit mehr Unterlagen und Daten beschlagnahmt, als angeordnet. Ein parlamentarischer U-Ausschuss untersucht aktuell die Vorgänge und geht auch der Frage nach, ob es womöglich den Versuch einer politischen Einflussnahme auf das BVT gegeben hat.

(APA/Red.)

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