Innenminister Kickl rechtfertigte am Vormittag das Vorgehen seines Ressorts in der BVT-Affäre. Seine Mitarbeiter würden eigenverantwortlich handeln. Die Generaldirektorin wurde nicht über die Razzia informiert.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht: Dienstagvormittag wurde Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) befragt, am Nachmittag dann Michaela Kardeis, Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit.
Die Opposition sieht Kickl als Verantwortlichen für die umstrittene und teilweise rechtswidrige Razzia im BVT, auch Rücktrittsaufforderungen wurden laut. Kickl selbst hatte seine Ladung im Vorfeld nicht kommentiert, im Rahmen von Sondersitzungen im Parlament rechtfertigte er jedoch seine Arbeit und unterstellte der Opposition, sich als "Verschwörungstheoretiker" zu betätigen.
"Habe Goldgruber nicht zur WKStA geschickt"
Im U-Ausschuss stritt Kickl am Dienstag jedwede Verantwortung ab. Er meinte, nicht über alle Handlungen seiner Mitarbeiter Bescheid zu wissen. Für problematisch hielt er die "überbordende Berichterstattung" der Medien zur Causa und ältere Missstände im BVT. Die Opposition versuchte indes aufzuzeigen, dass Kickl parlamentarische Anfragen falsch beantwortet hätte - dieser argumentierte, gar nicht für die Beantwortung zuständig zu sein: Seine Mitarbeiter würden sich darum kümmern.
Auch dass das Konvolut eines anonymen Autors über angebliche Missstände im BVT von seinem Generalsekretär Peter Goldgruber zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gebracht wurde, wollte Kickl nicht veranlasst haben: "Ich habe Peter Goldgruber nicht zur WKStA geschickt." Er sei damals neu im Ministerium gewesen - und habe anderes zu tun gehabt. Vom "Ermittlungsdruck", den Goldgrubers Mitarbeiter Udo Lett angeblich aufgebaut habe, sei ihm nichts bekannt. Denn: Er sehe sich zuständig für die "politische" Arbeit des Ministeriums - der Rest würde von den Beamten übernommen.
Kickl, der bei den Anfragebeantwortungen im Parlament zuletzt recht emotional geantwortet und dafür Ordnungsrufe kassiert hatte, blieb im Ausschuss über weite Strecken ruhig. Erst gegen Ende seiner Befragung stellte er Gegenfragen an die Abgeordneten - in einer derart aufgeheizten Stimmung, dass Ausschussvorsitzende Doris Bures (SPÖ) die Sitzung unterbrechen ließ.
Amon fragte ein Mal
Pikant: Neben der Opposition hatte auch ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon die Rolle des Innenministeriums mehrfach kritisch beurteilt und ihm zuletzt gar eine "brachiale Vorgangsweise" vorgeworfen. Im heutigen U-Ausschuss verzichtete Amon darauf, Fragen an Kickl zu richten - "aus taktischen Gründen", wie er erklärte. Erst zur allerletzten Fragerunde kam Amon zurück - für eine kurze Frage über die Informationspolitik zwischen Goldgruber und dem Minister.
Kardeis, die als Generaldirektorin dem BVT übergeordnet ist, erzählte, dass sie erst im März davon erfahren habe, dass Goldgruber in die Razzia eingeweiht gewesen war. Bei einem Telefonat mit Kardeis während der Razzia hatte Goldgruber überrascht getan und sie nach Gründen für die Razzia gefragt - beziehungsweise ihre Mutmaßungen. Sie sei "sauer" gewesen, dass Goldgruber ihr sein Wissen vorenthalten habe, andererseits sei er ihr gegenüber nicht berichtspflichtig, sagte Kardeis.
FPÖ ein Thema für Partnerdienste
Im Gegensatz zu BVT-Chef Gridling konnte sich Kardeis nicht daran erinnern, von Goldgruber nach Namen verdeckter Ermittler im Bereich Rechtsextremismus gefragt worden zu sein. Allerdings: Sie könne sich erinnern, mit Goldgruber über angebliche BVT-Ermittlungen zur Causa Germania gesprochen zu haben - der Generalsekretär kann das nicht. Diese Ermittlungen seien auch nicht belegbar gewesen, als Kardeis Gridling darum gebeten habe. Zeugen hatten die Ermittlungen erwähnt.
Dass es im Ausland nach der BVT-Affäre bei Partnerdiensten Gesprächsbedarf gab, bestätigte Kardeis: "Vertrauen ist ein Thema." Aber wegen eines Spionagefalls aus dem Jahr 2017, den Hausdurchsuchungen mit der Mitnahme von Unterlagen von Partnerdiensten und vermeintlich problematischen Verbindungen der FPÖ habe es immer wieder Auskunftsbedarf gegeben. Grundsätzlich sei man aber nie abgeschnitten gewesen: "Kooperation gab es immer." Über weitere Details wollte die Generaldirektorin nur in vertraulicher Sitzung sprechen. So schweigsam war sie ansonsten nicht, sondern antwortete meist ausladend: "Ich hoffe, ich erscheine nicht als Plaudertasche."