Rot-Weiß-Rot-Karte: SPÖ befürchtet "gravierende Auswirkungen auf Löhne"

Symbolbild: Die Mangelberufsliste soll regionalisiert werden.
Symbolbild: Die Mangelberufsliste soll regionalisiert werden. imago/sepp spiegl
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SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda erwartet eine Senkung des Lohnniveaus in Österreich durch die türkis-blauen Pläne. Die Neos attestieren ÖVP und FPÖ hingegen einen Schritt in die richtige Richtung.

Die Regierung hat sich auf eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte sowie auf eine zusätzliche Regionalisierung der Mangelberufsliste verständigt. Das Ziel: Personen aus Drittstaaten sollen einen leichteren Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt bekommen. Die SPÖ begegnet dem türkis-blauen Vorhaben skeptisch. Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda befürchtet eine Senkung des Lohnniveaus in Österreich. Für die Neos sind die Regierungspläne hingegen ein Schritt in die richtige Richtung.

"Die neue Regelung der Rot-Weiß-Rot-Karte hat gravierende Auswirkungen auf das Lohnniveau der ArbeitnehmerInnen und ist nicht zu verantworten. Der Fachkräftemangel ist eines der drängendsten Probleme der österreichischen Wirtschaft und des Arbeitsmarktes und sollte ernst genommen werden. Die Regierung aber hat immer noch kein taugliches Konzept", kritisierte Drozda am Montag in einer Aussendung.

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Der Regierungsplan sieht vor, das Mindesteinkommen von Personen mit einer Rot-Weiß-Rot-Karte von 2565 Euro auf 2052 brutto im Monat bei unter 30-jährigen und von 3078 Euro auf 2565 Euro brutto im Monat bei über 30-jährigen zu senken. Zusätzlich wird die bundesweite Mangelberufsliste auf 45 betroffene Berufe erweitert. "Unter dem Deckmantel, den österreichischen Fachkräftemangel bekämpfen zu wollen, öffnet diese Regierung den heimischen Arbeitsmarkt für Arbeitskräfte aus aller Welt und drückt dazu die Löhne aller ArbeitnehmerInnen in den betroffenen Branchen", kritisiert Drozda.

Er fordert stattdessen "gerechtere Löhne, von denen man gut leben kann, und bessere Arbeitsbedingungen", damit Mangelberufe wieder attraktiver werden und "das Fachkräfte-Potenzial des heimischen und des EU-Arbeitsmarkts" genutzt werden kann.

Neos: "Darf nicht nur bei reiner Show-Politik bleiben"

Vorsichtig erfreut reagierte hingegen Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn: "Spät aber doch will die Regierung nun jene überfälligen Reformen angehen, auf die Neos seit Jahren drängen. Das ist sehr zu begrüßen", meinte Schellhorn in einer Aussendung. Vor allem die niedrigeren Hürden sowie die Regionalisierung der Mangelberufsliste begrüßt er.

Gleichzeitig hofft Schellhorn, dass es die Regierung mit den Reformen auch tatsächlich ernst meint und nun rasch in die Umsetzung geht: "Es darf nicht wieder nur bei reiner Show-Politik bleiben." Er fordert rasches Handeln der Regierung weil der Tourismus die Mitarbeiter spätestens in drei Wochen brauche. Paradox ist für Schellhorn die Abschottung des Arbeitsmarkts für kroatische Staatsbürger bis 2020.

Deutlich kritischer meldeten sich der ÖGB sowie der Chef der Gewerkschaft Bau-Holz Josef Muchitsch (SPÖ) zu Wort: "Unsere Position ist klar und unverändert. Zuerst sind jene Menschen in Jobs zu bringen, welche den österreichischen Firmen jetzt schon in Österreich zur Verfügung stehen. Es gilt, die bestehenden Möglichkeiten für den Arbeitsmarkt national und in der EU zu nutzen." Die Regierung aber kürze gerade bei Beschäftigungs-und Integrationsmaßnahmen anstatt dort zu investieren, und gehe "den einfacheren Weg", indem sie den Arbeitsmarkt öffne.

Wirtschaft und Industrie begrüßen Reform

Für Wirtschaftskammer-Präsident und Ex-ÖVP-Wirtschaftsminister Harald Mahrer sind die Pläne "ein ganz wichtiger Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel". Positiv fand er vor allem, "dass sich die Umsetzung künftig näher an der betrieblichen Praxis orientiert". Die Regionalisierung der Mangelberufsliste für einzelne Bundesländer und Branchen wie etwa die Tourismusbetriebe in Westösterreich hält Mahrer für einen wichtigen Schritt. Einziger Wermutstropfen für Mahrer: dass die Anzahl jener Jobs, die aufgrund von regionalen Mangelberufen mit Bewerbern aus EU-Drittländern besetzt werden dürfen, mit 300 begrenzt ist.

Auch die Präsidentin der Hoteliervereinigung, Michaela Reitterer, freute sich über die Ankündigung. Wie sich die Regionalisierung der Mangelberufsliste und die Kontingentierung der Landeslisten auf 300 Fachkräfte in der Praxis auswirken werde, müsse man sich erst genauer ansehen, meinte Reitterer. Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus in der Wirtschaftskammer, sprach angesichts des akuten Mitarbeitermangels am Beginn der Wintersaison von einem dringend notwendigen Schritt, "um unsere Gäste bestmöglich betreuen zu können". Sie freute sich insbesondere, dass nun auch Köche Aufnahme in die Mangelberufsliste finden.

Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, sieht in der Neuregelung ebenfalls einen "wichtigen Schritt" der Bundesregierung. "Qualifizierte Zuwanderung schafft neue, zusätzliche Arbeitsplätze und erhält den Wohlstand", meinte Neumayer.

(APA/Red.)

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