Internationale Premiere für SPÖ-Chefin Rendi-Wagner

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner absolviert heute ihren ersten internationalen Auftritt als Parteivorsitzende
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner absolviert heute ihren ersten internationalen Auftritt als Parteivorsitzende
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SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner reist heute gemeinsam mit SPÖ-EU-Kandidaten Andreas Schieder zu Treffen Europäischer Sozialdemokraten. Morgen ist ein Referat zum Thema "Sustainable Europe" geplant.

Die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner absolviert ab heute, Freitag, ihren ersten internationalen Auftritt als Parteivorsitzende. Rendi-Wagner reist mit dem EU-Wahl-Spitzenkandidaten Andreas Schieder und der Delegationsleiterin im EU-Parlament, Evelyn Regner, zum Kongress der Europäischen Sozialdemokraten (SPE) in Lissabon. Am Samstag ist ein Referat zum Thema "Sustainable Europe" geplant.

Bei der für Samstagmittag geplanten Rede will die SPÖ-Chefin laut ihrem Büro ihre Erfahrungen als Gesundheitsministerin einfließen lassen, wie wichtig etwa im Bereich der Krankenversorgung eine EU-weite Vernetzung ist. Die Medizinerin Rendi-Wagner hatte von März 2017 bis zum Dezember 2017 in der SPÖ-ÖVP-Koalition das Amt der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bekleidet.

Der Kongress mit mehr als tausend Teilnehmern aus allen Ländern Europas sei "ein starkes Signal für eine geschlossene Sozialdemokratie in Europa, die nach vorne blickt", hieß es im Vorfeld seitens der SPÖ. "Die Trennung von Europa- und Innenpolitik gibt es schon längst nicht mehr. Viele Themen wie eine gerechte Steuerpolitik, die Bekämpfung von Steuerbetrug oder der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping lassen sich nur europäisch lösen. Deshalb ist mir der Dialog und der Austausch auf internationaler Ebene wie in Lissabon sehr wichtig. Ich erwarte mir von Lissabon, dass wir gemeinsam deutlich machen, dass Europa einen Richtungswechsel braucht. Europa darf nicht ein Europa der Konzerne bleiben, es braucht ein stärkeres soziales Europa", ließ Rendi-Wagner wissen. Sie sehe die Sozialdemokratie in Europa auch als "Gegengewicht zum aufkeimenden Nationalismus der Rechtspopulisten".

Traum von Europa verteidigen

Ähnlich argumentierte auch der frühere Klubobmann Schieder. Er hatte schon nach seiner Kür zum EU-Spitzenkandidaten der SPÖ angekündigt, er wolle Europa wieder gerechter machen und einen: "Wir müssen unseren Traum von Europa verteidigen und vor dem Irrweg des Nationalismus schützen." Vor der Reise nach Lissabon stellte er noch fest: "Große Konzerne müssen endlich Steuern zahlen, die Ausbeutung von Arbeitnehmern in Europa muss enden und jedem Europäer und jeder Europäerin muss die Chance auf ein gutes Leben ermöglicht werden". Der SPE-Kongress sei auch eine gute Gelegenheit sich zu vernetzen und sich auf die EU-Wahl vorzubereiten.

Das Treffen in der portugiesischen Hauptstadt kann auch als inoffizieller Auftakt zur Kampagne vor der EU-Wahl im Mai 2019 gesehen werden, bei dem auch Frans Timmermans zum Spitzenkandidaten bestimmt wird. Anders als bei der Europäischen Volkspartei (EVP) haben die Delegierten keine Wahl, es kandidiert nämlich nur der aktuelle Vizepräsident der EU-Kommission und frühere niederländische Außenminister (2012-2014). Mit Timmermans werde am Samstag ein ausgezeichneter Spitzenkandidat gewählt, zeigte sich Schieder überzeugt. "Er hat viel Erfahrung. Als Vizepräsident der EU-Kommission steht er für die Rechtsstaatlichkeit in Europa und das gemeinsamen Wertefundament Europas, das von Ländern wie Polen und Ungarn gerade herausgefordert wird."

Timmermans setzt im Ringen um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten auf ein geeintes Europa sowie den Kampf gegen Populisten und Nationalisten. Bei der Europawahl Ende Mai 2019 gehe es um nichts weniger als die "Seele des Kontinents", meinte er, als seine Nominierung feststand. Ein "geeintes Europa" müsse gegen Populisten und Nationalisten verteidigt werden. Bei einem Treffen der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament warnte er im November vor politischen Kräften im Wahlkampf, die glaubten, "ein zersplittertes Europa" sei im Sinne ihrer Wähler. "Dem müssen wir mit einem Programm entgegentreten, das zeigt, dass wir uns um jene Themen kümmern, um die sich die Menschen Sorgen machen."

Als Beispiele nannte der 57-Jährige etwa den Klimawandel, die industrielle Revolution durch den technischen Wandel und herabgesetzte Sozialstandards, aber auch Bedrohungen durch Russlands Präsident Wladimir Putin sowie durch US-Präsident Donald Trump. Auch sie wollten ein gespaltenes Europa. Die Spitzenkandidaten der großen europäischen Parteien haben grundsätzlich Chancen, im Herbst 2019 Nachfolger des Luxemburgers Jean-Claude Juncker an der Spitze der mächtigen EU-Behörde zu werden. Nötig ist dafür eine Nominierung durch den Rat der EU-Länder und eine Mehrheit im Europaparlament. Beides wird wohl nur mit einem größeren Parteienbündnis zustande kommen.

Trübe Aussichten für Sozialdemokraten

Die Aussichten der Sozialdemokraten für die Europawahl scheinen ein halbes Jahr davor eher trübe, weil sie durch den Brexit im kommenden Jahr mit Labour ihre aktuell stärkste Partei verlieren werden. Derzeit werden den Sozialdemokraten Verluste vorhergesagt. Stärkste Partei dürfte nach jetzigem Stand wieder die Europäische Volkspartei werden, die mit dem deutschen CSU-Politiker Manfred Weber an der Spitze in die Wahl zieht. Die Sozialdemokraten könnten im künftigen Europaparlament sogar hinter eine vereinte Fraktion rechtspopulistischer Parteien zurückfallen.

Sie hoffen aber, gemeinsam mit den Liberalen - die sich jüngst Verstärkung durch die Bewegung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron geholt haben - die EVP im künftigen Europaparlament überrunden zu können. Um die europaweite Spitzenkandidatur der Sozialdemokraten hatte sich zunächst auch Ex-Bundeskanzler Christian Kern bemüht, der deswegen Mitte September sogar überraschend seinen Rückzug vom Parteivorsitz verkündet hatte. Offenbar wegen der geringen Aussichten seines Unterfangens schmiss Kern dann Anfang Oktober ganz hin und zog sich aus der Politik zurück.

Lissabon ist als Tagungsort einigermaßen emblematisch. Portugal zählt zu den wenigen EU-Ländern, in denen Sozialdemokraten noch an der Macht sind. Premier Antonio Costa (Partido Socialista/PS) wurde 2015 ins Amt gewählt. Anders als sein spanischer Amtskollege Pedro Sanchez (PSOE), der im Juni dieses Jahres nach einem Misstrauensvotum gegen die konservative Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy (Volkspartei/PP) Allianzen schmiedete und Regierungschef wurde.

In anderen Ländern, in denen die Sozialdemokraten jahrelang Führungsrollen spielten, wurden sie in den Hintergrund gedrängt (etwa in Frankreich, Italien oder Österreich) oder verschwanden gar in der Bedeutungslosigkeit wie die traditionsreiche PASOK in Griechenland. In Schweden bastelt Sozialdemokraten-Chef Stefan Löfven derzeit mit den Liberalen und der Zentrumspartei an einer Regierungsbildung. Bei der Parlamentswahl im September hatte er aber auch deutliche Verluste an das rechte Parteienspektrum hinnehmen müssen.

In Ländern wie der Slowakei und Rumänien sind mit "Smer" ("Richtung") und der PSD zwar Parteien an der Regierungsspitze, die auch Mitglieder der SPE sind, sie entsprechen aber wohl nicht völlig dem Idealbild der Sozialdemokratie. "Smer" regiert in der Slowakei mit der rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS) und der ungarisch-slowakischen Versöhnungspartei Most-Hid in einer Links-Rechts-Koalition. Sie zählte mit anderen Visegrad-Staaten wie Ungarn, Polen oder Tschechien zu jenen Ländern, die sich in der Migrationsfrage gegen die EU-Kommission gestellt haben, etwa im Streit um die Flüchtlingsverteilung. Aus "Smer" wurden zudem öfters auch ausländerfeindliche und vor allem antimuslimische Töne laut. In Rumänien werden der regierenden PSD zumindest fragwürdige Ansichten und Aktivitäten in den Bereichen Justiz und Rechtsstaatlichkeit und vor allem Verstrickung in Korruptionsfälle vorgeworfen.

(APA)

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