Telekom-Prozess: "Wollen Sie mit uns sprechen?" – "Nein"

Peter Hochegger, Ex-Telekom Vorstand Rudolf Fischer und Walter Meischberger
Peter Hochegger, Ex-Telekom Vorstand Rudolf Fischer und Walter MeischbergerAPA/ROLAND SCHLAGER
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Der frühere FPÖ-Generalsekretär Meischberger will mit den Staatsanwälten nicht reden und nennt die Vorwürfe gegen seine Person "hanebüchen". Ex-Lobbyist Hochegger bekennt sich indes teilschuldig: "Ich würde sowas nie wieder machen."

Auf den Tag genau ein Jahr dauert der Korruptionsprozess rund um die Affären Buwog und Terminal Tower im Wiener Landesgericht für Strafsachen bereits an. Und das, obwohl der Hauptangeklagte, der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser, gar nicht im Großen Schwurgerichtssaal zugegen ist. Sehr wohl aber sein Trauzeuge, der „strategische Berater“ Walter Meischberger. Denn: In das Verfahren wurde die sogenannte „Parteikassenaffäre“, in anderen Worten der Telekom-Valora-Prozess, eingegliedert, wo Grasser nicht, Meischberger aber sehr wohl angeklagt ist. Und wo sich letzterer am Mittwoch äußert wortkarg gab.

Grund dafür war, dass der Ex-FPÖ-Generalsekretär durch die Oberstaatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk einvernommen werden sollte („Wollen Sie mit uns sprechen?“), was Meischberger verweigerte („Nein.“). Die Begründung: Die Anklagebehörde habe seine Leistung infrage gestellt und behauptet, er habe Geld mit beiden Händen gescheffelt. Er werde seit neun Jahren verfolgt, es sei nun schon das dritte Mal, dass er vor Gericht gezerrt werde und ihm ungestraft Dinge vorgeworfen würden, brachte Meischberger vor. Und weiter: Die Vorwürfe der Staatsanwalt seien „hanebüchen“ und „stellen meine Kompetenz infrage“, empörte er sich einmal mehr.

Es war nicht das erste Mal, dass Meischberger von seinem Recht zu schweigen Gebrauch machte: Schon im Buwog-Verfahren verweigerte er sich der Anklagebehörde und gab an, ausschließlich Fragen von Richterin Marion Hohenecker beantworten zu wollen.

So hatte dies im September auch Grasser gehandhabt – damit die Fragen der Oberstaatsanwaltschaft aber doch im Protokoll aufscheinen, wurden diese trotzdem gestellt. Grasser beantwortete diese sodann mit „meinem Standardsatz“, der in der Langform lautete: „Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren aus meiner Sicht einseitig und teilweise rechtswidrig geführt; Sie waren meiner Meinung nach nicht an der Wahrheit interessiert, haben Druck auf andere ausgeübt, den Grasser zu liefern, daher fehlt mir jegliche Vertrauensgrundlage, Ihre Fragen zu beantworten und ich nehme mein Recht auf Entschlagung in Anspruch.“

Hochegger bekennt sich teilschuldig

Redefreudiger zeigte sich am Mittwoch der im Buwog- wie Telekom-Verfahren angeklagte frühere Lobbyist Peter Hochegger. Er bekannte sich (abermals) teilschuldig. Konkret: Er sei schuldig betreffend der Zahlungen an Meischberger im Jahr 2008 in Höhe von 140.000 Euro. Für ihn sei klar gewesen, dass Meischberger in diesem Zeitraum keine Leistungen mehr für die Telekom erbringe und auch keine abgerufen würden, sagte er. Meischberger hatte hingegen betont, dass er auch 2008 für die Telekom bereitgestanden wäre. Zur Illustration brachte er einen Vergleich aus der Sportwelt: Das sei wie bei einem Stürmer im Fußball, der auf der Bank sitze und nicht eingesetzt werde, aber trotzdem dem Verein Millionen koste. 

Weiters bekannte sich Hochegger schuldig betreffend einer Zahlung an den Broker Johannes Wanovits sowie der Zahlung an den ursprünglich mitangeklagten Christgewerkschafter in der Telekom, dessen Verfahren mit Diversion beendet wurde. Ebenfalls schuldig sah er sich betreffend der Zahlungen für Market-Umfragen über das Image des damaligen Finanzministers Grasser sowie für die Werbeagentur Headquarter - eine Agentur, die den Wahlkampf der damaligen Tiroler ÖVP-Abgeordneten Karin Hakl betrieb - und für den SPÖ-nahen Echo-Verlag.

Ein weiteres Schuldeinbekenntnis legte Hochegger für Zahlungen an den früheren Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) und dessen Sekretärin nach Gorbachs Amtszeit ab. Denn das Geld sei für Dinge geflossen, die in der Vergangenheit geschehen seien. Die Verfahren gegen Gorbach und seine frühere Sekretärin wurden bereits vor diesem Prozess durch Diversion erledigt. Für die Zahlungen an eine frühere Mitarbeiterin von Gorbachs Kabinett, die nach ihrem Ausscheiden aus dem Ministerium rund ein Jahr bei der Valora Solutions Gesellschaft beschäftigt wurde, bekannte sich Hochegger ebenfalls schuldig, Gleiches tat er in puncto Geldfluss an den ehemaligen Kärntner FPÖ-Nationalratsabgeordneten Reinhart Gaugg.

Nicht schuldig bekannte sich Hochegger dagegen bei der Zahlung an den ehemaligen Infrastrukturminister Mathias Reichhold (FPÖ), denn die Telekom habe ihm nicht gesagt, dass er keine Leistungen erbringen würde, sagte Hochegger – und gab sich reumütig: „Ich würde sowas nie wieder machen, aber ich hatte damals die Sensibilität nicht und hab drauflos gearbeitet.“ Nun sehe er das anders: „Es öffnet Tür und Tor für alle möglichen Dinge, wenn man etwas verschleiern will.“

Politiker "predigen Wasser und trinken Wein"

Hochegger zeichnete am Mittwoch dann noch ein wenig rühmliches Bild der Politik. Zum ehemaligen Verkehrsminister Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) meinte er, er habe versucht diesen nach seinem Ausscheiden aus der Politik weiter einzusetzen, "aber es war sinnlos", meinte Hochegger. Er verwies auf einen Brief Gorbachs, "über den damals ganz Österreich gelacht hat". Gemeint ist das Schreiben von Gorbach an den britischen Finanzminister Alistair Darling ("The world in Vorarlberg ist too small"), in dem Gorbach in holprigem Englisch seine Dienste angeboten hatte.

Und auch auf die Parteispenden über den damaligen ÖAAB-Obmann Werner Amon ging Hochegger ein. "Amon ist ein typischer Vertreter des politischen Systems, das schon längst abgelöst gehört", meinte Hochegger: "Wasser predigen und Wein trinken." Die ÖVP-nahe Arbeitnehmervereinigung bekam zumindest 10.000 Euro von der Telekom. Pikant: Amon war damals im parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Fraktionsvorsitzende der ÖVP. Gleichzeitig ermittelte die Wiener Staatsanwaltschaft gegen ihn. Die Ermittlungen wurden aber aus Mangel an Beweisen eingestellt. Amon hatte die Vorwürfe als "absurd" bezeichnet. Er bestätigte damals zwar die Zahlung von 10.000 Euro. Es sei ein "Pech", dass der Beleg über die erbrachte Leistung fehlte.

"Lief damals halt so"

Weiters schilderte Hochegger, dass ein Geldbeschaffer der ÖVP, der im aktuellen Verfahren ebenfalls angeklagt ist, vom ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer als neuer Mitarbeiter dem mitangeklagten Ex-Telekom-Festnetzvorstand Rudolf Fischer "aufs Aug gedruckt wurde". Fischer meinte dazu auf Nachfrage durch Richterin Hohenecker, dass das damals "halt so lief". Es sei üblich gewesen, dass Mitarbeiter in Ministerien und Kabinetten in staatsnahen Großbetrieben versorgt worden seien.

Hochegger ging auch auf die Begehrlichkeiten der SPÖ ein und schilderte im Speziellen eine Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem Flughafen Wien. Die Stadt Wien und das Land Niederösterreich, die gemeinsam 40 Prozent an dem Unternehmen halten, wollten den Vorstand von drei auf zwei Sitze verkleinern. Der Vorstand schaltete Hochegger ein, um bei Wiens Bürgermeister Michael Häupl für den Erhalt ihrer Mandate zu lobbyieren. Zugleich hatte der Flughafen aber zahlreiche Verfahren mit den Shopbetreiber Rakesh Sardana und ließ von Hochegger ein Dossier mit "Schwachpunkten" Sardanas erstellen und an die Medien spielen. Für Sardana lobbyierte wiederum der SPÖ-nahe Unternehmer Ali Rahimi bei Häupl - und bei Hochegger. Am Ende entschied Häupl, dass zwar der Vorstand bleibt, dass er sich aber mit Sardana einigen müsse - was zu einem Generalvergleich zwischen Flughafen und Sardana führte.

Für einen Lacher sorgte am Mittwochnachmittag noch Richterin Hohenecker. Hochegger schilderte seine Zusammenarbeit mit der Ex-Grünen und späteren Lobbyistin Monika Langthaler, die ihn "bis heute noch böse anschaut". Hohenecker meinte daraufhin, das tue wohl der mitangeklagte Walter Meischberger auch. Replik von Hochegger mit Blick zu seinem hinter ihm sitzenden seinerzeitigen Freund und Geschäftspartner Meischberger: "Der nimmt das eher sportlich."

Auf einen Blick

Das Telekom-Valora-Verfahren ist Teil der weit komplexeren Hauptverhandlung zum Korruptionsverdacht bei der Privatisierung der Buwog und der Einmietung der Finanzbehörden in den Terminal Tower in Linz. Die Affäre dreht sich um den Vorwurf der Schmiergeldzahlungen an ÖVP, SPÖ und FPÖ/BZÖ über die Firma Valora des Lobbyisten Peter Hochegger durch die teilstaatliche Telekom Austria in den Jahren von 2004 bis 2009.

Ermittelt wurde in zahlreiche Richtungen und gegen insgesamt rund 40 Beschuldigte, auch gegen prominenten Politiker - übrig blieben aber nur Hochegger, der frühere FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer und zwei weitere Beschuldigte aus der Telekom. Der Ex-FPÖ/BZÖ-Spitzenpolitiker Hubert Gorbach bekam eine Diversion.

(hell/APA)

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