Die von der Regierung angekündigte nächtliche "Anwesenheitspflicht" in Quartieren für Asylwerber stößt bei Verfassungsjuristen auf Skepsis - und in Vorarlberg auf Ablehnung. ÖVP-Landesrat Gantner sieht keine Notwendigkeit für das Instrument.
Der Vorarlberger Sicherheits- und Asyllandesrat Christian Gantner (ÖVP) hält eine nächtliche "Anwesenheitspflicht" für Asylwerber in staatlicher Betreuung über eine verschärfte Hausordnung für rechtlich bedenklich. Im Land finde man "das Auslangen mit den bisherigen Instrumenten", sagte Gantner und erteilte somit den Plänen der FPÖ-Regierungsspitze eine Absage.
In den Quartieren des Landes gebe es Hausordnungen, die kontrolliert würden. Betreffend der Ausgehzeiten gebe es keine Vorschreibungen, allerdings sei zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr eine Ruhezeit auszuhalten. "Verstöße gegen die Hausordnungen werden strikt sanktioniert", betonte Gantner. In einzelnen Fällen seien bereits Hausverbote ausgesprochen und Personen aus den Quartieren entlassen worden.
Zudem stehe man in ständigem Austausch mit den Sicherheitsbehörden. In der Nacht würden die Quartiere entweder von den Betreuungsorganisationen selbst oder vom österreichischen Wachdienst überwacht. Auffällige Personen würden den Behörden von den Betreuungsorganisationen gemeldet, auf sie werde ein besonderes Augenmerk gelegt.
Der Vorarlberger Sicherheitslandesrat hatte sich bereits zuvor gegen das von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in den Raum gestellte nächtliche Ausgangsverbot für Asylwerber ausgesprochen. Dem ORF Vorarlberg sagte er, ein derartiges Verbot sei in seinem Bundesland nicht nötig. Außerdem fehle dafür eine Rechtsgrundlage.
Neos: Beschäftigung für Asylwerber brächte mehr Sicherheit
Nicht nur in Vorarlberg hat man rechtliche Bedenken ob des Regierungsprojekts. Auch Verfassungsjuristen zeigen sich ob der Pläne skeptisch. Verfassungsjurist Theo Öhlinger meint, es könnte sich dabei um einen Eingriff in die persönliche Freiheit handeln. "Maßgeblich ist, ob die Personen freiwillig in einem Heim wohnen oder dort mit behördlicher Verfügung eingewiesen werden. Wenn sie freiwillig dort sind, müssen sie sich der Hausordnung beugen", diese dürfte aber nicht schikanös sein, erklärte Öhlinger. 22.00 Uhr sei "indiskutabel für erwachsene Menschen". Schwierig werde es, wenn Personen in ein Heim zugeordnet werden: "Dann wäre ein Ausgehverbot ein Eingriff in die persönliche Freiheit, für den ich nirgendwo eine verfassungsrechtliche Grundlage sehe", meinte der Verfassungsjurist.
Auch Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk meint, eine Anwesenheitspflicht könnte als Freiheitsbeschränkung wirken, wie er im Ö1-"Mittagsjournal" am Montag erläuterte. Entscheidend sei, wie eine solche konkret durchgeführt werde: "Wird der oder die Betreffende ausfindig gemacht, zwangsweise in das Heim verbracht, vielleicht mit der Polizei gesucht?" Ein genereller "Misstrauensvorschuss" bedeute, es handle sich um gefährliche Menschen, die für eine Zeit weggesperrt werden: "Und das ist es ja und das läuft auf eine unzulässige Beschränkung der persönlichen Freiheit hinaus."
Auch von den Neos kam Kritik an den ÖVP-FPÖ-Plänen. Eine Hausordnung sei üblich und in Ordnung, ein Ausgangsverbot jedoch ein "grundloser Freiheitsentzug" und damit eine schwere Menschenrechtsverletzung, erklärte Stephanie Krisper in einer Aussendung. Sie forderte hingegen Beschäftigung für Asylwerber: Das brächte tatsächlich mehr Sicherheit.
(APA)