U-Ausschuss

Grassers Erinnerungslücken und Pilz' nächtliche Stunden

Stammgast im U-Ausschuss: Karl-Heinz Grasser.
Stammgast im U-Ausschuss: Karl-Heinz Grasser.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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War der einstige Minister insgeheim für den Kauf der Flieger? Die Opposition hegt diesen Verdacht, Grasser widerspricht.

Wien. „Ich muss Sie dann noch um Ihren Ausweis fragen“, sagt der Parlamentsmitarbeiter an diesem Mittwochmorgen fast entschuldigend. Die Kontrolle des Personalausweises ergibt: Hier steht der echte Magister Karl-Heinz Grasser. Der frühere Finanzminister darf somit die Parlamentsräumlichkeiten in der Hofburg betreten.

Es ist das fünfte Mal, dass Grasser von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema Eurofighter befragt wird. Bereits 2006 und 2007 sagte Grasser aus. Erneut geladen worden sei er vom U-Ausschuss nun „unter einem Vorwand, über den er schmunzeln muss“, sagt Grasser. „Grasser hat sich selbst eingeladen“, meinen hingegen mehrere Parlamentarier. Und zwar, indem er im Buwog-Prozess erklärt hat, über keine Buwog-Akten mehr zu verfügten, sondern nur Unterlagen zum Thema Eurofighter mitgenommen zu haben.

Auch im U-Ausschuss müsse man unter Wahrheitspflicht aussagen, erinnert Verfahrensrichter Ronald Rohrer (den Grasser kurz unabsichtlich als „Untersuchungsrichter“ tituliert). Der frühere Minister gibt darauf zu Protokoll, missinterpretiert worden zu sein. Er habe keinerlei Akten aus dem Finanzministerium entwendet. Mitgenommen habe er bei seinem Abschied aus der Regierung 2007 nur eigene Notizen, die er zur Vorbereitung auf die damaligen U-Ausschüsse verwendet habe, sagt Grasser. Aber auch diese Notizen gebe es nun nicht mehr: „Ich habe die Unterlagen geschreddert.“

Trotzdem wollen die Abgeordneten der Opposition noch einmal genau wissen, wie der Beschaffungsvorgang für den Eurofighter unter der schwarz-blauen Regierung in den Jahren 2001 und 2002 vonstatten ging. Neu aufgetauchte interne Papiere des Fliegerherstellers EADS könnten nämlich den Schluss nahelegen, dass Grasser sehr wohl für den Kauf der Eurofighter war („Die Presse“ berichtete). Das ist bemerkenswert, weil der damalige Finanzminister in der Öffentlichkeit aus budgetären Gründen als Gegner des Fliegerkaufs aufgetreten war.

Rudolf Plessl (SPÖ) leitet aus den Dokumenten den Verdacht ab, dass es im Jänner 2002 zu einem pikanten Treffen in Brüssel gekommen sei. An diesem sollen neben EADS–Vertretern auch der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky und Grasser teilgenommen haben. Grasser bestritt ein solches Treffen in Brüssel. Ob er in dem genannten Hotel in Brüssel eingecheckt habe, kann Grasser aber nicht sagen: „Was glauben Sie, in wie vielen Hotels ich schon war?“

Auch als Peter Pilz (Jetzt) nachbohrt, bleibt Grasser bei seiner Linie: Er sei nie für Eurofighter gewesen, habe keine Doppelrolle gespielt und am Ende nur die Entscheidung der Regierungsspitze mitgetragen.

„Was kann man schon ausschließen?“

Könne er ausschließen, dass er unabhängig vom Ort je an so einem Treffen mit Sichrovsky teilgenommen habe, wird Grasser noch einmal detaillierter gefragt. „Ich kann mich an das Treffen nicht erinnern“, sagt er. Um fast philosophisch zu ergänzen: „Aber was kann man im Leben schon ausschließen?“

Dass Grasser sich oft auf Erinnerungslücken beruft, stört Pilz, der von Grasser immer wieder verlangt, Dinge kategorisch auszuschließen. Grasser startet einen Gegenangriff: „Ich glaube, Sie können nicht ausschließen, was sie zu nächtlicher Stunde machen“, sagt er zu Pilz. „Sicher nicht Schmiergelder nehmen!“, erwidert Pilz.

Auch die SPÖ lässt sich von Grassers Worten nicht überzeugen: Sie erstattet nach der Befragung Anzeige gegen den Ex-Minister wegen einer möglichen Verletzung des Amtsgeheimnisses. Grasser sieht hingegen „keine relevanten Dokumente, die irgendetwas zutage gebracht haben“. Und so verlässt er den U-Ausschuss. Wieder einmal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2018)

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