„Linke Rote“ soll ÖVP-Minister helfen

„Schreiben Sie mit?!“ Susanne Wiesinger will ihre Botschaften auch als neue Ombudsfrau im Bildungsministerium weiterverbreitet wissen.
„Schreiben Sie mit?!“ Susanne Wiesinger will ihre Botschaften auch als neue Ombudsfrau im Bildungsministerium weiterverbreitet wissen. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Heinz Faßmann präsentierte Susanne Wiesinger als Ombudsfrau. Die Lehrerin, die mit ihrem Buch für Aufsehen gesorgt hat, will kulturelle Probleme in Schulen zurückdrängen.

„Schreiben Sie mit?!“, sprach Susanne Wiesinger mit strengem Blick. Ganz konnte sie nicht aus ihrer Haut als Lehrerin, als sie am Donnerstagmorgen vor die Medien trat. Die Pädagogin kontrollierte, ob Journalisten bei Wiesingers Antworten auf die gestellten Fragen auch brav aufpassten.

Das Lehrersein wird Wiesinger vorläufig an den Nagel hängen müssen. Bildungsminister Heinz Faßmann präsentierte Wiesinger als Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte. Die Ombudsstelle wird im Bildungsministerium neu eingerichtet. Ab Februar soll Wiesinger österreichweit „eine Bestandsaufnahme zu sozialen und kulturellen Schulkonflikten durchführen“, wie es das Ministerium nennt. Die Pädagogin werde dabei „selbstständig, unabhängig und weisungsfrei“ sein, wie Minister Faßmann betonte. „Sie wird erkunden, wie die Situation ist, und daraus müssen wir Schlüsse ziehen“, meinte der Minister.

Wiesinger war durch ihr Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer. Wie der Islam die Schulen verändert“ bekannt geworden. Darin schilderte die Lehrerin Erlebtes in einer Neuen Mittelschule in Wien Favoriten. Das Buch (dessen Erlös Wiesinger spenden will) brachte ihr auch eine Kolumne in der „Kronen Zeitung“ ein.

„Nicht nur Staub aufwirbeln“


Sie wolle aber „nicht nur Staub aufwirbeln“, sondern auch Lösungen finden, erklärte Wiesinger ihren Wechsel ins Ministerium. Und sie forderte ganz allgemein, kulturelle Probleme in den Schulen nicht länger als Einzelfälle abzutun, sondern genauer auf die schulischen Schwierigkeiten der Kinder zu schauen. „Ein Mädchen, das mit 13 Jahren weiß, dass es seinen Cousin heiraten muss, ist mit den Gedanken schon ganz woanders. Nämlich bei dem Cousin in der Türkei, den sie gar nicht kennt.“

Dass Faßmann ihr das Amt als Ombudsfrau trotz unterschiedlicher politischer Herkunft anbiete, habe sie gefreut, sagte Wiesinger. „Ich bin eine Rote, sogar eine linke Rote. Und das werde ich auch bleiben“, sagte die Pädagogin. Das Schweigen zu kulturellen Problemen in den Schulen habe aber nur die Rechten gestärkt, analysierte sie. Sie wolle ihr Amt parteiunabhängig anlegen und ab Februar Missstände in allen Schultypen und in ganz Österreich sammeln.

Antisemitismus bis Turnen


Aber ist die Einrichtung der Ombudsstelle nötig, hat Wiesinger nicht längst schon in ihrem Buch die Probleme beschrieben, sodass man nur an den Lösungen arbeiten müsste? Es brauche auch eine „wissenschaftlich fundierte Studie“, entgegnete Wiesinger. Faßmann sprach von einer „substanziellen Bestandsaufnahme“. Deswegen soll auch der Soziologe Kenan Güngör erforschen, welche Werte- und Kulturkonflikte es an den Schulen gibt. Dabei wird es etwa um den Umgang mit Antisemitismus und den Nahostkonflikt gehen, aber auch darum, welche Kinder am Turnen oder an Klassenausflügen nicht teilnehmen.

Zudem richtet Faßmann in seinem Ministerium eine eigene Abteilung „für Schule und Integration“ ein. Die Kosten für all seine Vorhaben wollte Faßmann nicht beziffern, sie würden aber gering ausfallen, erklärte er. Auch Wiesinger selbst bekräftigte, dass sie als Ombudsfrau nur das verdienen werde, was sie in ihrer bisherigen pädagogischen Tätigkeit bekam. „Genauso wenig, wie ich an dem Buch verdient habe, genauso wenig bereichere ich mich an diesem Job“, betonte die Lehrerin.

Wer die neue Ombudsfrau über kulturelle oder soziale Probleme an Österreichs Schulen informieren will, kann dies per E-Mail (vertrauenslehrerin@bmbwf.gv.at) ab sofort tun.

AUF EINEN BLICK

Die Wiener Lehrerin Susanne Wiesinger wird Ombudsfrau für kulturelle Konflikte an Schulen. Dafür will sie Informationen aus allen Schultypen und Regionen Österreichs zusammentragen. Bildungsminister Heinz Faßmann will dann darauf aufbauend über Maßnahmen nachdenken. Wiesinger ist als Autorin des Buches „Kulturkampf im Klassenzimmer“ bekannt geworden.

(APA)

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