Die SPÖ feiert 130-jähriges Jubiläum, doch nach dem Richtungsstreit zum Jahreswechsel herrscht Katerstimmung. Rendi-Wagner fordert Einigkeit - und bleibt bei ihrer vielfach kritisierten Aussage zur Vermögenssteuer.
Österreichs Sozialdemokraten haben ihren 130. Geburtstag mit mahnenden Worten von ganz oben begangen. Pamela Rendi-Wagner, seit dem Herbst Vorsitzende der SPÖ, rief die Genossen bei einem Jubiläumsfestakt am Dienstag in Hainfeld zur Einigkeit auf. Und erklärte bei der Gelegenheit, sie bleibe bei ihrer Haltung zur Vermögenssteuer - die rund um den Jahreswechsel heftige parteiinterne Kritik ausgelöst hatte.
Dem Vorfall allein war der Appell zur Geschlossenheit aber nicht geschuldet. Bei weitem nicht. Rendi-Wagner kennt laute Kritik aus den eigenen Reihen zur Genüge, seit sie im September etwas unverhofft die Parteiführung vom früheren Bundeskanzler Christian Kern übernommen hatte.
So warf ihr Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil via "Kronen Zeitung" "Frontal-Opposition" vor. Landeshauptmann Hans Niessl fuhr ihr in der "ZiB 2" in die Parade, indem er eine "zweite Chance" für den designierten Tiroler Landesparteichef Georg Dornauer nach dessen sexistischer Aussage im Landtag forderte. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser wurde laut, als seinem Sohn ein roter Spitzen-Listenplatz bei der EU-Wahl verweigert worden war. Die steirische SPÖ-Bundespolitikerin Michaela Grubesa schimpfte Rendi-Wagners Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda einen "Bobo" und "Akademiker im Anzug", nachdem Drozda den Steirer Max Lercher im Amt beerbt hatte.
»Ich stehe natürlich zu einer Vermögens- und Erbschaftssteuer. Die Frage ist nur, wann ist der richtige Zeitpunkt dafür. Vor dem Hintergrund eines hohen Wirtschaftswachstums und von steuerlichen Mehreinnahmen von über acht Milliarden zwischen 2016 und 2020 ist es aus meiner Sicht Zeit für Entlastung und nicht für zusätzliche Steuern.«
Pamela Rendi-Wagner im Interview mit der APA
Und dann kam eben der Wickel mit der Vermögens- und Erbschaftssteuer. Rendi-Wagner hatte nach Weihnachten laut über dieses Steuerwerkzeug nachgedacht - und war zu dem Schluss gekommen:
Der SPÖ-Parteitagsbeschluss zur Einführung einer Erbschaftssteuer mit einer Obergrenze von einer Million Euro sei aufrecht, hatte sie dem hinzugefügt.
Der Sturm der Entrüstung aus den eigenen Reihen ließ da nicht lange auf sich warten. Kärntens Landeshauptmann Kaiser, die Landesparteichefs Michael Schickhofer (Steiermark) und Walter Steidl (Salzburg) richteten Rendi-Wagner jeweils aus, dass die Frage nach Erbschafts- und Vermögenssteuern immer aktuell und fair seien. Auch der Vorarlberger SPÖ-Chef Martin Staudinger stimmte in den Kanon ein. Die kritische SPÖ-Sektion 8 mahnte vor einem "sozialdemokratischen Kurswechsel": Die SPÖ sei nun Oppositionspartei, "und die Parteivorsitzende schwächt die verteilungspolitischen Forderungen im Alleingang ab, anstatt sie zu schärfen".
Vermögenssteuer "nur ein Teil gerechteren Steuersystems"
Rendi-Wagner blieb in Hainfeld (laut schriftlichem Redetext, Anm.) trotz der Kritik aus den eigenen Reihen bei ihrer ursprünglichen Aussage. "Der Kapitalismus unserer Zeit findet zu einem überwiegenden Teil europäisch, international statt", meinte sie in Hinblick auf Tech-Giganten wie Facebook, Google und Amazon, die kaum Steuern zahlen würden. "Unsere Antwort darauf kann nicht allein die nationale Vermögenssteuer sein."
Die Vermögenssteuer sei ein Teil eines gerechteren Steuersystems - "aber eben nur ein Teil". So seien auch Digital- und Finanztransaktionssteuer gefragt, genauso wie eine Besteuerung international agierender Konzerne.
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Die Gegenstimmen aus der Partei schien Rendi-Wagner vielmehr zu nutzen, um auf die Geschichte der SPÖ hinzuweisen. Immerhin hatte Victor Adler die zersplitterten Lager der Arbeiterbewegung eben bei einer Veranstaltung in Hainfeld zum Jahreswechsel 1888/89 geeint. Ähnliches versucht offenbar jetzt die Parteichefin. "Unser Kampf für die Menschen ist auch immer wieder ein Kampf gegen unsere Eitelkeiten, gegen unsere Bequemlichkeiten, gegen unser Beharren, gegen Verengung", meinte sie in Bezug auf die Querelen der letzten Monate. Wenn man zaghaft und uneins sei, werde am Ende für die Bevölkerung "die falsche Politik gemacht".
"Wem soll es helfen, wenn Debatten über eine politische Ausrichtung zuallererst öffentlich stattfinden?" Man solle zwar hart in der Sache diskutieren, "aber dann auch gemeinsam für diese Sache eintreten". Immerhin: Rendi-Wagner ist guter Dinge. "Jede große Zeit der Sozialdemokratie entstand aus einer solchen Phase der Uneinigkeit und der Schwäche."
(epos)