Wählerevidenz für Parteien offen, Daten-Weitergabe aber verboten

Nur bei "berechtigtem Interesse" dürfen Daten aus der Wählerevidenz weitergegeben werden. Im Fall des Ex-BVT-Spionagechefs, bei dem eine ÖVP-Datenbank gefunden wurde, dürfte dies nicht der Fall sein, meint ein Experte.

Parteien dürfen auf die Wählerevidenz zugreifen und die Daten der Österreicher auch für ihre Zwecke verwenden, das geht aus dem Wählerevidenzgesetz hervor. Die Weitergabe der Daten ist allerdings nicht erlaubt, erklärte Dietmar Jahnel vom Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Salzburg am Mittwoch.

Am Mittwoch war im Untersuchungsausschuss zur Causa um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) von einem Ermittler über eine ÖVP-Privatdatenbank berichtet worden, die beim ehemaligen Spionagechef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Bernhard P., gefunden wurde. Die ÖVP erklärte dazu, es sei zulässig, dass die Partei ihre Personendatenbank mit der Wählerevidenz abgleicht. Wie die Datensammlung zum früheren Spionagechef kam, ist nicht bekannt.

Weitergabe nur bei "berechtigtem Interesse"

Ein Zugriff auf die Wählerevidenz für Parteizwecke ist grundsätzlich zulässig, dies sei im Wählerevidenzgesetz festgehalten, erklärte Jahnel, der einen Forschungsschwerpunkt zum Datenschutzrecht hat. Für Infobriefe vor Wahlen etwa ist die Datenverwendung erlaubt. Weitergeben dürfen die Parteien die Daten allerdings nicht - außer bei bestimmten Konstellationen, wenn etwa ein berechtigtes Interesse besteht. Im Fall des ehemaligen BVT-Spionagechefs dürfte das aber nicht der Fall sein, meinte Jahnel. Die ÖVP sei auch verpflichtet, Datensicherheitsmaßnahmen zu treffen, auch müsse derjenige, der die Daten hat, erklären, woher er sie hat.

Der Einblick in die Parteidatenbanken ist allen Mitarbeitern der Organisation erlaubt, hierzu gebe es keine bestimmte Höchstzahl. Die Datensätze dürfen nur nicht nach außen weitergegeben werden. Auch eine private Recherche in der Datenbank sei den Mitarbeitern nicht erlaubt.

Möglich wäre nun laut Jahnel eine Anzeige bei der Datenschutzbehörde, auch könnte man etwa bei einer Organisation Auskunft begehren, ob und was gespeichert ist. In weiterer Folge könnte man das Löschungsrecht geltend machen. Letzteres ist allerdings nur möglich, wenn die Daten unrechtmäßig gespeichert wurden. Wenn die Speicherung auf Basis einer gesetzlichen Grundlage erfolgte, ist dies nicht möglich.

(APA)

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