Eurofighter: "Indirekt wahrscheinlich schon" Schaden für Österreich

Die Presse
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Vor dem Sitzungsbeginn des U-Ausschusses gaben sich SPÖ und "Jetzt" erbost, weil ÖVP-Wirtschaftsministerin Schramböck ein entlastendes Gegengutachten zum Thema Gegengeschäfte erstellen ließ. Der erste Zeuge äußerte seinen Schock über Machenschaften.

Im Eurofighter-Untersuchungsausschuss stehen am Donnerstag die Gegengeschäfte im Zuge des Flugzeugkaufs im Mittelpunkt. Vor Sitzungsbeginn zeigten sich SPÖ und die Liste "Jetzt" erbost, weil das Wirtschaftsministerium zuletzt ein entlastendes Gutachten bezüglich der Anrechnung von Geschäften erstellen hat lassen. Dieses stellt sich gegen die belastende Experteneinung im Auftrag der Staatsanwaltschaft.

Es gebe eine einzige Partei, die sich immer wieder für Gegengeschäfte einsetze, meinte SPÖ-Fraktionschef Rudolf Plessl - eine Kritik an der ÖVP: Dass Wirtschaftsministerin Margarethe Schramböck (ÖVP) ein Gutachten in Auftrag gegeben habe, das eine sehr geringe inländische Wertschöpfung nicht als Hindernis für die volle Anrechnung von Gegengeschäften sieht, sei ein "Affront".

Sie kümmere sich damit um die Rechtsvertretung des Eurofighter-Herstellers, statt sich für Pönalzahlungen einzusetzen, so Plessl. Er kündigte eine parlamentarische Anfrage an, um die Ausgaben für das Gutachten des emeritierten Unternehmensrechtsprofessors Josef Aicher herauszufinden.

Zwei Gutachten, zwei Ergebnisse

Das von Gerd Konezny erstellte Gutachten für die Staatsanwaltschaft zeichnete ein wenig überzeugendes Bild von den abgerechneten Gegengeschäften im Rahmen des Kampfjet-Deals. Die Gegengeschäfte hatten demnach großteils keine inländische Wertschöpfung, die Plausibilität sei "nicht nachvollziehbar", heißt es in dem im Dezember an die Öffentlichkeit gelangten Papier ("Die Presse" berichtete).

Das Wirtschaftsministerium ließ dann ein Gegengutachten erstellen. Der emeritierte Unternehmensrechtsprofessor Aicher kommt darin zu einer ganz anderen Schlussfolgerung als Konezny: Eine sehr geringe inländische Wertschöpfung schade der vollen Anrechnung des Auftragswerts nicht und könne "keine absolute Größe" sein, wenn das Geschäft "in hohem Maße der Verwirklichung anderer Vertragsziele dient". Genannt werden hier Technologietransfers, die Verbesserung der Beschäftigungssituation oder die Marktöffnung auf Auslandsmärkten.

Das Wirtschaftsministerium erklärte am Donnerstag, dass dieses Gutachten aufbauend auf jenes der Staatsanwaltschaft zu sehen sei. Während Konezny einzelne Gegengeschäfte aus rein wirtschaftlicher Sicht geprüft habe, habe das Ministerium die offenen Fragen zusätzlich aus vertragsrechtlicher Sicht bewerten lassen. Man stehe in gutem Austausch mit der Staatsanwaltschaft. Ziel sei gewesen, festzustellen, ob die Anrechenbarkeit der geprüften Gegengeschäfte den Kriterien des Vertrages entspricht. Die Gesamtbeurteilung sämtlicher Gutachten treffe die Justiz, hieß es aus dem Ministerium.

Pilz: ÖVP vertritt Interessen von Airbus

Bei "Jetzt" zeigte man sich von dem neuen Gutachten unbeeindruckt. "Wenn Sie ein Honorar haben, kriegen Sie auch ein Gutachten", spottete der Abgeordneter Peter Pilz. Dies ändere nichts daran, dass die Gegengeschäfte der "Schlüsselbetrugsbereich" der Causa Eurofighter seien. Die ÖVP agiere hier als "Eurofighter-Partei", und es sei eine "Schande", dass sie die Interessen von Airbus anstatt jener der Republik Österreich vertrete und weitere Geschäfte vorbereite.

Bei der ÖVP meinte man, das Gutachten im Auftrag des Ministeriums noch gar nicht zu kennen. Abgeordneter Andreas Ottenschläger sagte vor der Sitzung, dass man mit Stefan Weiland aus der Revisionsabteilung des Wirtschaftsministeriums sowie Rudolf Lohberger von der Plattform Gegengeschäfte jedenfalls die passenden Zeugen geladen habe. Gegengeschäfte habe es im Übrigen auch schon beim Draken-Ankauf gegeben, damals unter einer rot-blauen Bundesregierung.

Sektionschef beschwerte sich über Protokollierung

Lohberger, bis 2011 Geschäftsführer der von der für Eurofighter-Gegengeschäfte zuständigen "Arge Offset" in der Wirtschaftskammer, zeigte sich bei seiner Befragung enttäuscht über Eurofighter und die Gegengeschäfte: "EADS hatte überhaupt kein Interesse an unserer Arbeit." Lohberger war nicht an der Verfassung des Gegengeschäftsvertrages beteiligt gewesen. Die Wirtschaftskammer wollte zwar mit am Tisch sitzen, dies sei jedoch abgelehnt worden. Den Vertrag selbst habe er dann auch niemals zu Gesicht bekommen.

Umso mehr habe er in den Sitzungen zu Abstimmungen in der Plattform Gegengeschäfte stets wissen wollen, ob der jeweilige Geschäftsfall mit den Inhalten des Vertrags übereinstimme. "Das wurde immer bejaht und ich habe darauf bestanden, das zu protokollieren. Ich bin den Leuten in der Plattform auf die Nerven gegangen", ein Sektionschef habe sich darüber auch beschwert, meinte Lohberger.

Kein Interesse von Eurofighter an Gegengeschäften

Ob es Richtlinien darüber gab, ab welchem Prozentsatz der inländischen Wertschöpfung ein Gegengeschäft anerkannt werde, konnte Lohberger nicht sagen, ebenso wenig, nach welchen Kriterien dabei vorgegangen wurde. Lohberger erklärte weiters, dass die Wirtschaftskammer ein anderes Vorgehen vorgeschlagen habe. Demnach wollte man bei Veranstaltungen in den Länderkammern ausloten, welche Firmen Interesse an Gegengeschäften hätten. Nach Abschluss des Vertrages habe es dann die Roadshows gemeinsam mit Eurofighter gegeben. Lohberger meinte weiters, dass Eurofighter bei der Akquisition aufgrund des Reglements "freie Hand hatte, einen verhältnismäßig großen Spielraum, den sie ausgenutzt haben". Sein Fazit: An Geschäften mit österreichischen Unternehmen sei seitens Eurofighter kein Interesse da gewesen.

Lohberger merkte an, dass die Prüfung der Gegengeschäfte durch das Ministerium nur dokumentativ stattgefunden habe: "Das heißt, hinausgehen und kontrollieren in den Firmen, das war nicht der Fall." Gegengeschäfte würden sich so "nicht plausibel überprüfen" lassen, meinte er generell.

"Schockiert" von Hödls Vorgehen für Magna und EADS

Den früheren Magna-Manager Hubert Hödl habe er bei einer Militärmesse kennengelernt, "als es mit Eurofighter los ging, trat Hödl immer wieder in Erscheinung". Dass dieser allerdings nicht nur im Interesse von seinem Arbeitgeber Magna gehandelt habe, sondern laut Medienberichten "Privatgeld kassiert" haben soll, habe Lohberger "nicht nur überrascht, sondern schockiert". Hödl war gleichzeitig für Magna und EADS tätig.

Von Pilz mit der Tätigkeit von Rüstungslobbyist Walter Schön konfrontiert meinte Lohberger, er sei "sauer" auf Schön, es habe auch eine persönliche Auseinandersetzung gegeben. Schön habe zunächst Lockheed Martin vertreten, und nachdem diese "verloren haben, muss er dann schauen, dass er bei den Gegengeschäften bei Eurofighter mitschneidet": "Ich war perplex und habe ihn gefragt, ob er spinnt." Schön habe zunächst geleugnet: "Aber die Wahrheit stellte sich heraus." Schön sei offenbar "bei dieser Konstruktion mit Vector" dabei gewesen. Lohberger gab an, dies aber auch nur aus der Zeitung erfahren zu haben. Schön und Alfred Plattner kontrollierten Vector Aerospace, die von den Eurofighter-Herstellern 114 Mllion Euro Provision erhielt.

Schaden? "Indirekt wahrscheinlich schon"

Lohberger gab an, keine Informationen über Gelder an Entscheidungsträger zu haben, aber: "Geredet wurde immer viel." Diese Diskussion könne er heute aber nicht mehr nachvollziehen, meinte Lohberger. Auch an eine Rolle beziehungsweise mutmaßliche Zahlungen ohne Gegenleistung an den freiheitlichen Wirtschaftstreibenden-Vertreter Volker Knestel, dem nunmehrigen Kabinettschef von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), könne er sich nicht erinnern, sagte er später in der Befragung durch Pilz.

Gegengeschäfte verurteilte Lohberger nicht grundsätzlich, dies müsse aber gut organisiert werden. Auf die Frage, ob im konkreten Fall Schaden für Österreich entstanden sei, meinte er: "Indirekt wahrscheinlich schon." Auch sei der Eurofighter kein schlechtes Flugzeug, aber die Konfiguration, die dann rausverhandelt wurde, "deklassiert ihn schon".

(APA)

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