Dass für eine Aberkennung des Asylstatus derzeit eine schwere Straftat vorliegen müsse, entspreche "weder dem gesunden Hausverstand, noch macht das für die österreichische Bevölkerung Sinn", kritisiert der Bundeskanzler.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) drängt - wie Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) - darauf, dass straffällig gewordene Flüchtlinge abgeschoben werden. Dass hierfür derzeit eine schwere Straftat nötig ist, hält er für "sehr problematisch": "Das entspricht weder dem gesunden Hausverstand, noch macht das für die österreichische Bevölkerung Sinn", erklärte der Kanzler am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat.
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zeigte sich ebenfalls skeptisch ob der Tatsache, dass derzeit nur bei sehr schweren Verbrechen eine Rückführung möglich ist. Diese gesetzliche Regelung sollte dahin gehend geändert werden, dass bereits bei schweren oder mehreren leichten Vergehen mit Konsequenzen zu rechnen sei.
Laut dem Verwaltungsgerichtshof sind unter anderem Vergewaltigung, Tötungsdelikte, Kindesmisshandlung oder bewaffneter Raub als besonders schwere Verbrechen zu klassifizieren. Als Verbrechen gelten generell im Strafrecht vorsätzliche Handlungen, die mit mehr als dreijähriger Haft bedroht sind. Jedenfalls muss ein Straftäter rechtskräftig gerichtlich verurteilt sein, damit ihm der Asylstatus aberkannt werden kann - eine Anzeige allein reicht dafür nicht. Liegt das Urteil vor, führt das Bundesamt für Asylwesen das Aberkennungsverfahren durch.
Aber auch wenn es der Schutzstatus rechtskräftig aberkannt wurde, heißt das noch nicht, dass ein Straftäter abgeschoben werden kann. Besteht kein Rücknahmeabkommen mit dem Herkunftsland, droht ihm dort Tod, Folter oder herrscht ein (Bürger-)Krieg wie in Syrien, ist eine Abschiebung laut Flüchtlingskonvention nur möglich, wenn ein Straftäter "eine Gefahr für die Gemeinschaft" des Landes bedeutet.
Strache ortet "Import" von Gewalt
Vizekanzler Strache betonte am Mittwoch, die österreichische Gesellschaft sei nicht gewalttätiger geworden. Durch politische Fehlentwicklungen mit der starken Flüchtlingsbewegung 2015 sei aber auch Gewalt "importiert" worden: "Wer zu uns gekommen ist und gewalttätig ist, soll hier nicht geschützt werden. Hier darf es keinen Täterschutz geben." Die österreichische Bevölkerung würde es jedenfalls nicht verstehen, wenn die Regierung untätig bliebe.
Kanzler Kurz hielt seinerseits fest, dass mit den Flüchtlingen auch "viel importiert wurde, was bei uns nicht Platz haben sollte", er nannte etwa antisemitisches Gedankengut, Gewaltbereitschaft oder mangelnden Respekt gegenüber Frauen.
Bevor Österreich Gesetze ändert, sollte man als erstes auf europäischer Ebene aktiv zu werden, so Kurz weiter, aber: "Manchmal braucht es Vorreiter, um ein Umdenken einzuleiten." Das Thema beschäftige jedenfalls auch andere Staaten. Angesprochen auf Überlegungen, auch nach Syrien abzuschieben, meinte der ÖVP-Obmann, die Sicherheitslage in unterschiedlichen Gebieten Syriens sei unterschiedlich zu bewerten: "Aber straffällige Asylwerber müssen abgeschoben werden und zwar rasch und egal woher sie kommen."
Der Kanzler verwies außerdem auf die Arbeit der Task Force Strafrecht und kündigte Nachschärfungen bei der Strafhöhe an. Ergebnisse sollen in Kürze präsentiert werden.
(APA/Red.)