SOS Mitmensch: Rassismus gegen Muslime in Spitzenpolitik

Ein Beispiel aus dem Bericht: Die Videokampagne zur E-Card.
Ein Beispiel aus dem Bericht: Die Videokampagne zur E-Card.SOS-Mitmensch
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Die Menschenrechtsorganisation hat in einem Bericht Fälle gesammelt, in denen die Politik gegen Muslime auftritt. "Das Schüren von Hass, Neid und Missgunst ist kein politisches Randphänomen mehr", sagt Sprecher Alexander Pollak.

Er sei kein politisches Randphänomen mehr, sagt Alexander Pollak - vielmehr habe der antimuslimische Rassismus das Zentrum der österreichischen Politik erreicht, so der Sprecher von SOS-Mitmensch. Anlass für seine Aussage ist die Präsentation eines Berichts, den die Menschenrechtsorganisation am Dienstag vorstellte. In "Antimuslimischer Rassismus in der österreichischen Politik" habe man zwanzig anitmuslimisch-rassistische Kampagnen dokumentiert und analysiert, die im Vorjahr in Österreich lanciert wurden - und in die zum Teil auch Mitglieder der Bundesregierung involviert waren. Als Hauptakteure werden bei allen aufgeführten Kampagnen FPÖ-Politiker genannt.

Unter anderem ist im Bericht eine Kampagne der Freiheitlichen Arbeitnehmer rund um die Indexierung der Familienbeihilfe angeführt, bei der die Kürzung der Gelder für im Ausland lebende Kinder mit einer schwarzen Frau bebildert wird, die Kopftuch trägt. "Ohne jeden Sachbezug" sei die Indexierung mit dem Islam verknüpft worden, so Pollak. Denn die Maßnahme betreffe zu 90 Prozent Ungarn, die Slowakei, Polen, Rumänien, Slowenien und Tschechien. Auch im Bericht genannt wird ein Video, mit dem das Foto auf der e-Card beworben wurde - und bei dem ein stereotyp gezeichneter Mann, der als "Ali" bezeichnet wird, laut dem Bericht "als prototypischer Sozialbetrüger abgestempelt" wurde - und das noch dazu unter Mitwirkung von FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger-Klein.

Der Bericht, so Pollak, sei entstanden, um das Bewusstsein der Öffentlichkeit für antimuslimischen Rassismus zu schärfen. Was laut der NGO notwendig sei, noch dazu, weil ein klares Bekenntnis der Politik zur Bekämpfung des antimuslimischen Rassismus bisher unterblieben sei. "Der Kampf muss Chefsache werden", so Pollak, der betont, "dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit abzulehnen ist".

Parallelen zur NS-Rhetorik

Bei der Präsentation des Berichts zeichnete man auch Parallelen zu fremdenfeindlicher Rhetorik aus anderen Zeiten und Zusammenhängen. "Das Muster per se ist nicht neu", sagt Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak. "Neu ist nur, dass die Spitzenpolitik damit auftritt." Schon 1989, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, sei die fremdenfeindliche Rhetorik aufgeflammt - auch damals vor allem von Seiten der FPÖ. "Aber sie war damals in einer anderen Rolle, sie war eine Oppositionspartei." Nunmehr seien die Freiheitlichen in der Regierung, doch nach wie vor würden die FPÖ-Kampagnen diesem Muster folgen, so Wodak.

Und Wodak sieht in der aktuellen Situation auch Parallelen zur NS-Rhetorik, mit der einst gegen Juden gehetzt wurde. "Wann wird es Postings geben, die dazu aufrufen, dass man in muslimischen Geschäften nicht einkaufen darf?" Das, so die Sprachwissenschaftlerin, wäre eine logische Folge. Man könne jetzt eine schrittweise Ausgrenzung beobachten.

"Parteien sind opportunistische Stimmensammler per se", sagt Politikwissenschaftler Anton Pelinka, "und wenn sie glauben, dass sie das mit einer bestimmten Maßnahme schaffen, dann werden sie das tun." Konkret sei das derzeit eben, die antimuslimische Karte zu spielen. Als ein Beispiel nennt er das Kopftuchverbot in Kindergarten und Volksschule.

Appell an Sebastian Kurz

Im Bericht ist es die FPÖ, die mit antimuslimischem Rassismus in Zusammenhang gebracht wird, bei der Präsentation wird aber auch die Rolle der mit ihr regierenden ÖVP thematisiert - konkret die Rolle von Sebastian Kurz. "Da wäre Expliziteres zu erwarten", meint Ruth Wodak in Hinblick darauf, dass der Bundeskanzler sich zu derartigen Vorfällen nicht oder zu wenig äußere. Dass er hier keine klare Haltung einnehme, führe dazu, dass die Grenzen des Sagbaren immer weiter ausgelotet würden. Und auch die Oppositionsparteien werden von der Kritik nicht ausgenommen, weil sie nicht klar genug gegen antimuslimischen Rassismus aufgetreten seien.

Der Bericht, so SOS-Mitmensch-Sprecher Pollak, soll nun an alle Parteien gehen. "Wir fordern die Vorsitzenden auf, eine klare Haltung gegen antimuslimischen Rassismus kundzutun. Wir wollen, dass antimuslimischer Rassismus genauso geächtet wird wie alle anderen Formen von Rassismus."

>>> Bericht: "Antimuslimischer Rassismus in der österreichischen Politik"

(eko)

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