Grasser fordert Weisung durch Justizminister Moser

Anwalt Norbert Wess, der Hauptangeklagte Karl Heinz Grasser und Anwalt Manfred Ainedter
Anwalt Norbert Wess, der Hauptangeklagte Karl Heinz Grasser und Anwalt Manfred Ainedter APA/ROLAND SCHLAGER
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Buwog-Verfahren. Der ÖVP-Minister solle "Abhilfe gegen die eklatant rechtswidrige Vorgangsweise" der Oberstaatsanwälte im Buwog-Prozess schaffen. Dies fordert Karl-Heinz Grasser in einem offenen Brief. Die Ankläger weisen die Vorwürfe zurück.

Nach den in Richtung Amtsmissbrauchs-Verdacht weisenden Vorwürfen gegen die beiden Oberstaatsanwälte von der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Gerald Denk und Alexander Marchart, legt Karl-Heinz Grasser nun nach. Der Buwog-Hauptangeklagte fordert in einem offenen Brief an Justizminister Josef Moser (ÖVP) die Erteilung einer Weisung. Moser solle "als oberstes Organ der Weisungskette durch Erteilung einer entsprechenden Weisung Abhilfe gegen die eklatant rechtswidrige Vorgangsweise der WKStA schaffen".

Am Dienstag hatten die Grasser-Anwälte Manfred Ainedter und Norbert Wess den beiden Anklagevertretern Amtsmissbrauch vorgeworfen. Gestern, Mittwoch, folgte dann die per Brief bzw. per Mail an Moser übermittelte Aufforderung eine Weisung zu erteilen. Diese Aufforderung wurde am Donnerstag publik - eben durch einen offenen Brief. Dieser liegt auch der "Presse" vor.

In dem Brief schreiben die Verteidiger namens des vormaligen FPÖ-Finanzministers: "Wir haben bekanntlich in der gestrigen Hauptverhandlung mehrfaches aus unserer Sicht evident gegen mehrfache gesetzliche Bestimmungen verstoßendes und somit rechtswidriges Vorgehen der Anklagevertreter (...) aufgezeigt, belegt, gerügt und dementsprechende Anträge an das Schöffengericht gestellt."

Denk und Marchart weisen Grasser-Vorwürfe zurück

Konkret wirft Grasser mittels seiner Anwälte den Oberstaatsanwälten „wiederholten Amtsmissbrauch" vor, da diese in einem derzeit im Hintergrund laufenden Ermittlungsverfahren Zeugen-Vernehmungsprotokolle monatelang nicht zu den Akten genommen haben sollen. Somit habe Grasser (er ist Beschuldigter in diesem Ermittlungsverfahren) nichts von diesen Einvernahmen gewusst, diese seien der Akteneinsicht entzogen gewesen. Er habe daher seine Beschuldigtenrechte nicht wahrnehmen können.

Vorwurf Nummer 2: Ein Zeuge sei auch zu einem Thema befragt worden, das nun im längst laufenden Buwog-Verfahren abgehandelt wird. Und dies sei unzulässig.

Außerdem beschwert sich Grasser in dem Brief bei Moser darüber, dass die Vertreter der WKStA ihrerseits angekündigt haben, von der Oberstaatsanwaltschaft prüfen zu lassen, ob durch das Verhalten der Verteidiger eine Verleumdung begangen worden sei. Dazu muss man wissen: Die beiden Oberstaatsanwälte Denk und Marchart weisen die Vorwürfe des ehemaligen Finanzministers entschieden zurück. Und prüfen Gegenmaßnahmen.

In dem angesprochenen, im Hintergrund laufenden Ermittlungsverfahren geht es um die Frage, ob dem Staat bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Geld entgangen ist. 2017 strich das Oberlandesgericht Wien diesen Punkt als zu wenig begründet aus der Anklageschrift und ordnete weitere Ermittlungen an, deren Einstellung Wess und Ainedter vor Weihnachten 2018 beantragt haben. Die Oberstaatsanwälte lehnen eine Einstellung ab. Entscheiden wird ein Gericht. Nach Einbringen des Einstellungsantrags kam heraus, dass Marchart und Denk die nun so heftig umstrittenen Einvernahmen durchgeführt haben – teils eben auch zu Themen aus dem laufenden Verfahren. Insofern sprechen die Verteidiger von einem "Schattenakt", der angelegt worden sei.

Buwog/Terminal Tower - auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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