Gericht weist Klage Kickls gegen Pilz ab

VERHANDLUNG INNENMINISTER KICKL (FPOe) GEGEN ABG. PILZ (JETZT) IM HANDELSGERICHT WIEN
VERHANDLUNG INNENMINISTER KICKL (FPOe) GEGEN ABG. PILZ (JETZT) IM HANDELSGERICHT WIENAPA/GEORG HOCHMUTH
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Die Unterlassungsklage des Innenministers gegen den Abgeordneten wurde abgewiesen. Pilz' Aussage zur BVT-Razzia sei zwar inhaltlich falsch - aber durch den politischen Kontext gerechtfertigt. Kickls Anwalt will berufen.

Das Handelsgericht Wien hat eine Unterlassungsklage von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) gegen Peter Pilz abgewiesen. Das bestätigte der Anwalt Kickls, Niki Haas, am Freitag und kündigte zugleich Berufung an. Der Abgeordnete der Liste "Jetzt" hatte behauptet, Kickl habe eine illegale Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) angeordnet.

Gegenstand der Klage waren zwei Aussagen Pilz' in einer Pressekonferenz im August 2018. Einerseits ging es um die Behauptung, Kickl habe "als Innenminister eine illegale Hausdurchsuchung im eigenen Haus beim Verfassungsschutz durchführen lassen", andererseits die Behauptung, Kickl bleibe im Amt, "weil sich in der Freiheitlichen Partei jeder auf seinem Sessel angeschraubt hat. Gestern auf der Oppositionsbank, heute auf der Regierungsbank, morgen wahrscheinlich schon wieder auf der Anklagebank".

Aussage im Rahmen der freien Meinungsäußerung

Der Richter habe auf ein Beweisverfahren verzichtet und das Urteil damit begründet, dass er die Äußerungen als im Rahmen der politischen Auseinandersetzung gerechtfertigt erachte, erklärte Kickls Anwalt. Zugleich habe er allerdings eine Pilz-Aussage als inhaltlich falsch qualifiziert: Der Bevölkerung sei nämlich bekannt, "dass eine derartige Hausdurchsuchung aufgrund der in Österreich geltenden Rechtslage durch einen Bundesminister ohne gerichtliche Bewilligung nicht durchgeführt werden darf".

In der zweiten Aussage habe der Richter keinen konkreten Vorwurf einer konkreten strafbaren Handlung erkennen können und sah diese daher "noch durch Artikel 10 EMRK (Freiheit der Meinungsäußerung, Anm.) gedeckt" im Rahmen der politischen Auseinandersetzung. "Auch diese Interpretation wird die nächste Instanz zu beurteilen haben", meinte Kickls Rechtsvertreter. "Ich gehe nach wie vor davon aus, dass es unzulässig ist, einen politischen Mitbewerber als künftig wahrscheinlich Angeklagten zu bezeichnen."

Richter: "Scharfe Worte" für "Missstände" als "Kernaufgabe" der Opposition

Pilz sah indes in der Entscheidung des Handelsgerichts einen "Sieg für den Rechtsstaat". "Ein Innenminister vom Schlage Kickls kann einem Abgeordneten in Russland oder Ungarn den Mund verbieten, in Österreich funktioniert dieser Knebelungsversuch aber nicht", argumentierte der Abgeordnete.

Besonders erfreut zeigte sich Pilz über die Begründung des Richters. Dieser habe in seinem Urteil festgehalten, dass es die "Kernaufgabe eines Oppositionspolitikers" sei, Missstände "mit scharfen Worten" öffentlich zu kritisieren. "Es ist für eine demokratische Gesellschaft von erheblicher Bedeutung", an Politikern "auch in schärferer Form Kritik üben zu dürfen", heißt es in dem Urteil. Das bedeute, "dass ich das nicht nur sagen darf, es ist meine Aufgabe, derartiges öffentlich zu sagen. Das ist meine Kernaufgabe", erklärte Pilz.

"Im Urteil ist alles drinnen, was den Minister stört"

Der Richter geht in seiner Urteilsbegründung tatsächlich relativ weit und hält zur umstrittenen Hausdurchsuchung im BVT folgendes fest: "Die medienöffentlich vorgenommene, teils rechtswidrige Durchführung einer Hausdurchsuchung bei einer Behörde, deren Wesen es ist, teils auch im Geheimen tätig zu sein, ist ein Umstand, der potenziell geeignet ist, die Sicherheit Österreichs zu gefährden. Es ist daher geradezu Aufgabe der Opposition, allfällige Defizite bei Beantragung und Durchführung mit - auch scharfen - öffentlichen Wortmeldungen zu kritisieren. Die Aussagen des Beklagten erweisen sich daher geradezu als im Kernbereich dessen gelegen, was von einem (Oppositions-)Politiker in einer demokratischen Gesellschaft zu erwarten ist, und sind daher jedenfalls im Rahmen der politischen Auseinandersetzung durch Art 10 EMRK gerechtfertigt."

Der Richter berufe sich also auch auf die Menschenrechtskonvention, "im Urteil ist damit alles drinnen, was den Minister stört: Rechtsstaat, Gesetze, Rechte und Pflichten der parlamentarischen Opposition und Menschenrechte", sagte Pilz und legte noch eines drauf: "Die FPÖ ist eine Partei von Verfassungsfeinden." Er nahm aber auch die ÖVP in die Pflicht: Die FPÖ sei eigentlich nur der "Rammbock" für ÖVP-Chef und Kanzler Sebastian Kurz, der eine "Orbanisierung Österreichs" anstrebe. Das sei eigentlich die viel größere Gefahr, so Pilz.

Noch kein Urteil gibt es im zweiten Verfahren mit Kickl und Pilz, das der Innenminister gegen die Liste "Jetzt" selbst angestrengt hat. Pilz hatte behauptet, Kickl sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Diese Causa wird am 1. April weiter verhandelt.

(APA)

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