U-Ausschuss beschäftigt sich mit Gerüchten über neuen BVT-Mitarbeiter

BVT-U-AUSSCHUSS: GRIDLING
BVT-U-AUSSCHUSS: GRIDLINGAPA/HANS PUNZ
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BVT-Chef Peter Gridling und Extremismusbeauftragte Sibylle G. waren erneut zu Gast im U-Ausschuss. Ihre Aussagen waren zum Teil brisant.

Der Untersuchungsausschuss zur Affäre um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat sich am Mittwoch weiter mit angeblichen ÖVP-Netzwerken im Verfassungsschutz beschäftigt. Das Innenressort war ja ab 2000 bis 2017 von schwarzen Ministern geführt worden, ehe die FPÖ übernahm.

BVT-Chef Peter Gridling berichtete von direkten Anfragen aus Kabinetten von ÖVP-Innenministern an seine Beamten, was er abzustellen versuchte; die Anfragen gebe es allerdings bis heute, unter FPÖ-Führung des Ressorts. Die Opposition thematisierte zudem angeblichen neuen Postenschacher durch das nunmehrige FPÖ-Kabinett. Auch die Leiterin des Referats Extremismus, Sibylle G., erschien nochmals im U-Ausschuss.

Neuer BVT-Mitarbeiter prahlte mit Folter

Thema bei Gridlings Befragung war ein recht aktueller Fall im BVT: Ein Mitarbeiter, Major F., aus dem Bundesheer sei BVT-Vizedirektor Dominik Fasching zur Seite gestellt worden - gerüchteweise auf Betreiben von Reinhard Teufel, dem Kabinettschef von Herbert Kickl (FPÖ). "Die Presse" berichtete bereits über die fragwürdige Personalentscheidung.

Der Major arbeitet nun im Nachrichtendienst-Referat und ist angeblich dafür vorgesehen, die neu geschaffene Abteilung VI zu übernehmen - die auch für Verdeckte Ermittler zuständig sein soll. F. soll offenbar damit geprahlt haben, dabei gewesen zu sein, als Menschen in Afghanistan durch Foltermethode "Waterboarding" gequält worden seien.

"Kein Unrechtsempfinden, weil sie kein Rechtsempfinden haben"

F. sei auf Wunsch Peter Goldgrubers, dem Generalsekretär des Innenressorts, auch in die BVT-Reformgruppe gesetzt worden, erzählte Gridling - der die Eignung des Majors dafür selbst nicht einschätzen konnte, da er keinen Zugang zur Personalakte F.s habe. Goldgruber und Fasching hätten den Job für F. "ausgemacht"; sie hätten mehrmals über F.s Dienstzuteilung gesprochen sowie über seinen Wechsel von einer Planstelle im Verteidigungs- auf eine im Innenministerium.

Aufgrund des "Waterboarding"-Gerüchts habe er die Dienstbehörde eingeschaltet, erklärte Gridling. Sibylle G. meinte in ihrer Befragung zu Major F., er erinnere sie an andere Landesverteidigungsmitarbeiter, die ins Innenressort gekommen sei und "kein Unrechtsempfinden haben, weil sie kein Rechtsempfinden haben".

"Wichtig, nicht Parteipolitik über Arbeit zu stellen"

Gridling meinte zur Möglichkeit, dass Major F. Abteilungsleiter werde, lediglich, dass er dafür ungeeignet sei - man suche ja einen Polizeioffizier.

Eine - schon länger zurückliegende - Postenbesetzung im BVT war ebefalls Thema. So habe für die Einstellung von Bernhard P. - Ex-BVT-Spionagechef, Freund von ÖVP-Mandatar Werner Amon und ehemaliger schwarzer Klubmitarbeiter - der ÖVP-Sicherheitssprecher Günther Kößl geworben. Gridling hielt P. aber für ungeeignet, da dieser weder Polizist noch Jurist war. Dies habe er unter anderem Kößl und dem langjährigen Innressorts-Kabinettschef Michael Kloibmüller mitgeteilt - eingestellt wurde P. trotzdem. "Mir war wichtig, dass nicht Parteipolitik über die Arbeit gestellt wird", sagte Gridling, der seinen früheren Stellvertreter Wolfgang Z. anwies, "ein Auge" auf P. zu werfen.

Anfragen aus Kabinett an Verfassungsschützer

Auch wurde am Mittwoch der Kontakt zwischen Kabinett und BVT-Mitarbeitern und die in diesem Rahmen erfolgende Informationsweitergabe hinterfragt. Nachdem es im Novermber 2017 aus dem Kabinett des letzten ÖVP-Innenministers Wolfgang Sobotka gehäuft Fragen nach Informationen aus dem Verfassungsschutz gegeben habe, hatte Gridling seine Mitarbeiter angewiesen, ihn stets über Informationsweitergabe an das Kabinett zu informieren. Auch im nun von der FPÖ geführten Ministerium gebe es weiterhin direkte Anfragen an BVT-Mitarbeiter. Diese E-Mails von Ermittlern an politisches Personal wurden aber vom BVT nicht an den U-Ausschuss übermittelt. Sie sollen nun nachgereicht werden.

Stephanie Krisper (Neos) schlug während der Befragung Sibylle G.s in eine ähnliche Kerbe. Sie zitierte Aussagen des früheren Abteilungsleiters für Informationsbeschaffung und Ermittlung im BVT, Martin W. Dieser verdächtigte offenbar das ÖVP-geführte Ministerbüro, heikle Informationen an die Medien weitergegeben zu haben. Sibylle G. fügte dem hinzu, dass es üblich sei, dass sowohl ihre Vorgesetzten im BVT als auch das Kabinett Anfragen direkt an Sachbearbeiter schickten. Sie selbst habe ihre Mitarbeiter daher angewiesen, sie über derartige Informationsflüsse zu informieren. Außerdem überraschte sie die Abgeordneten mit dem Hinweis, auf Anweisung ihrer Vorgesetzten gerade einen Bericht über mögliche politische Einflussnahmen auf ihre Arbeit in den letzten zehn Jahren zu erstellen.

Passwörter von Extremismusbeauftragter gingen an Kickl-Kabinett

G. ergänzte ihre Aussagen zur Razzia um das nicht unwichtige Detail, dass im Sicherstellungsprotokoll, das zur Durchsuchung ihres Büros angefertigt worden war, auch alle ihre Passwörter angeführt worden seien. Dieses Protokoll landete bei Goldgruber - per Botenfahrt.

In puncto Personal beklagte G., dass das Extremismusreferat im Gegensatz zu anderen Stellen aktuell ausgedünnt werde. Es sei wohl so, wie es der oberösterreichische FPÖ-Landesrat Elmar Podgorschek gesagt habe: "Wir werden ausgetrocknet." Gridling gab sich seine eigene Zukunft betreffend kryptisch. Er habe die Möglichkeit, ab Mai vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. "Ich weiß heute nicht, was ich vielleicht in zwei, drei Monaten will", sagte er dem Ausschuss.

Geladen waren G. und Gridling zum Thema Datenspeicherungen im BVT - konkret in der Causa Sigrid Maurer, in der das BVT Daten von Studentenvertretern nach einer Protestaktion im Parlament gespeichert und dann länger nicht gelöscht hatte. G. und Gridling sprachen beide von Fehlern, die dabei passiert seien, etwa die Angabe eines falschen Rechtsgrundes für die Bearbeitung im BVT. Auf Anweisung sei allerdings nichts gespeichert worden.

Anm.: In einer ersten Version des Textes wurde fälschlicherweise von einem Disziplinarverfahren des Verteidigungsministeriums gegen F. wegen des im U-Ausschuss thematisierten Gerüchts berichtet. Tatsächlich führte das Ressort ein Disziplinarverfahren gegen F. in einer anderen Sache.

>> BVT-U-Ausschuss: Was war, was kommt

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