Ab sofort dürfen im Grasser-Prozess die Zeugen sprechen

Der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser
Der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser(c) Georg Hochmuth, APA
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Rund 160 Zeugen wurden in Österreichs größten Korruptionsprozess bereits beantragt, heute eröffnen den Reigen zwei Mitarbeiter aus dem einstigen Kabinett von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

75 Tage hat es gedauert - beginnend mit dem 12. Dezember 2017 - bis im größten Korruptionsprozess der österreichischen Justizgeschichte erstmals Zeugen zu Wort kommen. Heute, Dienstag, soll es im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts für Strafsachen endlich soweit sein: Zwei Mitarbeiter aus dem Kabinett des ehemaligen Finanzministers (Februar 2000 bis Jänner 2007) und nunmehrigen Hauptangeklagten Karl-Heinz Grasser sollen befragt werden. Morgen, Mittwoch, folgen laut Gerichtsplan seine ehemalige Assistentin und sein früherer Kabinettschef.

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Der weitere Fahrplan: Für den Donnerstag ist die Befragung einer stellvertretenden Sektionsleiterin und eines weiteren Kabinettsmitarbeiters angesetzt. Der vorerst prominenteste Zeuge ist am 26. Februar der ehemalige Finanzstaatssekretär Alfred Finz (ÖVP). In Summe wurde bisher rund 160 Zeugen beantragt, weitere könnten dazu kommen.

Thema der sind vorrangig die umstrittene Privatisierung der Bundeswohnungen (u.a. Buwog) im Jahr 2004 sowie die Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower. Vorrangig deshalb, da der Prozess zuletzt um zwei weitere Causen erweitert wurde: die Affäre Parteikassen/Telekom sowie die sogenannte Causa Villa, die sich um die Delogierung des Zweitangeklagten, Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, aus dessen Wiener Villa dreht.

Zurück zu den Fällen Buwog/Terminal Tower: Hier wirft die Staatsanwaltschaft, konkret die Oberstaatsanwälte Gerald Denk und Alexander Marchart, Grasser, Meischberger, dem ehemaligen Immobilienmakler Ernst Karl Plech und dem Ex-Lobbyisten Peter Hochegger vor, seit Grassers Amtsantritt einen Tatplan verfolgt zu haben, um bei Privatisierungen der Republik unerlaubt mitzuschneiden ("Sie wollten kassieren und sie haben kassiert.") Hochegger hat dazu ein Teilgeständnis abgelegt, alle übrigen plädieren auf nicht schuldig. Plech ist schwer erkrankt und schon seit Monaten nicht mehr bei den Verhandlungen im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Straflandesgericht anwesend.

Verteidiger fordern Weisung von Minister

Zuletzt hatten sich die Verteidiger von Grasser mit einem offenen Brief an Justizminister Josef Moser (ÖVP) gewandt, um sich über die ihrer Meinung nach falsche Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft zu beschweren. Es sei zu "wiederholtem Amtsmissbrauch" gekommen, da die Staatsanwälte Vernehmungsprotokolle monatelang nicht zu den Gerichtsakten genommen und Zeugen außerhalb der Hauptverhandlung während des laufenden Strafverfahrens befragt hätten. Schon zuvor im Gerichtssaal hatten die Staatsanwälte die Vorwürfe zurückgewiesen und ihrerseits den Vorwurf der Verleumdung in den Raum gestellt.

Buwog/Terminal Tower - auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung.

(APA/hell)

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