Die lückenhafte Erinnerung von Grassers Ex-Pressesprecher

Der Hauptangeklagte, Karl-Heinz Grasser, vor dem Großen Schwurgerichtssaal
Der Hauptangeklagte, Karl-Heinz Grasser, vor dem Großen Schwurgerichtssaal(c) Helmut Fohringer, APA
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Der frühere Pressesprecher und Kabinettchef von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Matthias Winkler, lobt als Zeuge im Buwog-Prozess seinen einstigen Chef - zu anderen Themen hat der Chef des Hotel Sacher "keine Wahrnehmung".

Karl-Heinz Grasser war ein aktiver Chef, ein zugänglicher, der sich für die Anliegen seines Fahrers ebenso interessiert habe wie für jene des Malers im Ministerium oder von Passanten. Aussagen, wonach dem einstigen Finanzminister (Februar 2000 bis Jänner 2007, Anm.) Derartiges gleichgültig gewesen sei, seien „das ganz große Gegenteil von wahr“, bekundete dessen einstiger Pressesprecher und Kabinettchef Matthias Winkler am Mittwoch im Wiener Landesgericht für Strafsachen. Er ist der vierte Zeuge, der im Korruptionsprozess um die Affären Buwog und Terminal Tower befragt wurde.

Bei Detailfragen von Richterin Marion Hohenecker verblich dann aber die Erinnerung des heutigen Chefs des Hotel Sacher. Das alles sei schon zehn, 14, 15 Jahre her, gab Winkler mehrfach zu Protokoll.

So hatte er „keine Wahrnehmung“ zu etwaigen Umfragen, die die Telekom Austria bezahlt hatte und die - über die PR-Agentur des mitangeklagten Lobbyisten Peter Hochegger - Medien zugespielt wurden. Ebenfalls wenig anfangen konnte Winkler, der sich selbst als engsten „beruflichen“ Vertrauten von Grasser charakterisierte, mit den Anklagethemen Privatisierung der Bundeswohnungen und Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower. Das seien „Randthemen“ gewesen, so Winkler, mit denen er inhaltlich nicht befasst gewesen sei. Wenn Anfragen dazu gekommen seien, hätte er bei den zuständigen Fachabteilungen nachgefragt.

Sehr wohl in Erinnerung geblieben ist Winkler laut eigenen Angaben hingegen Michael Ramprecht. Dieser war einst Mitarbeiter im Kabinett Grassers, mittlerweile hat er den Ex-Minister schwer belastet. Winkler meinte, er wisse noch, dass Ramprecht „wütend“ gewesen sei, weil sein Vertrag nicht verlängert worden war. Grasser und Ramprecht (der im März vor Gericht aussagen soll) hätten sich folglich im Bösen getrennt.

Für Staunen sorgte Winkler, als ihm ein Dankesmail an den Zweitangeklagten Walter Meischberger und Hochegger vorgehalten wurde. Darin hatte er sich wortreich für einen zu seiner Sponsion geschenkten Gutschein bedankt: Er habe sich davon nun eine Golfausrüstung gekauft – Hose, Socken, Shirt und mehr –, habe die Turnierreife erlangt. Im Großen Schwurgerichtssaal war von der einstigen Begeisterung am Mittwoch nichts mehr zu merken: Er habe „definitiv nicht Golf gespielt“ und tue das bis heute nicht, so Winkler. Und an das E-Mail könne er sich nicht erinnern.

Frage nach der Krawatte

Vor dem Hotelier war am Vormittag eine ehemalige Assistentin des Ministers zu Wort gekommen. Sie hatte dessen Terminkalender verwaltet, der schon mehrfach Thema im Großen Schwurgerichtssaal gewesen ist. Sie schilderte, dass Grassers Kalender "immer übervoll" gewesen sei und die Bürger zahlreiche Anfragen (darunter, wo er seine Krawatten kaufte) an das Büro richteten. Am Donnerstag wird die Verhandlung fortgesetzt.

Buwog/Terminal Tower - auf einen Blick

Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?

Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.

Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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