Buwog-Prozess: Ein Zeuge mit Erinnerungslücken

„Haben Sie einen Auszucker mitbekommen?“ Frage von Richterin Marion Hohenecker an den Zeugen.
„Haben Sie einen Auszucker mitbekommen?“ Frage von Richterin Marion Hohenecker an den Zeugen.APA/HANS PUNZ / APA- POOL
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Der frühere Kabinettschef des Finanzressorts, Matthias Winkler, hat als Zeuge oftmals „keine Wahrnehmungen“. Ex-Telekom-Boss Rudolf Fischer sitzt auch wieder im Saal.

Wien. Der Buwog-Prozess ist im dritten Kalenderjahr (Start: Dezember 2017) und am 76. Prozesstag so richtig in der Phase der Zeugeneinvernahmen angekommen. Als erster prominenter Zeuge sagte der frühere Kabinettschef und Pressesprecher im Finanzministerium Matthias Winkler aus. Mittlerweile ist Winkler Chef des Hotel Sacher.

Die Frage von Richterin Marion Hohenecker, ob er während Grassers Ministerzeit (2000 bis 2007) „beruflich gesehen“ dessen „engster Vertrauter“ gewesen sei, bejahte Winkler. Und: Er habe den nunmehrigen Hauptangeklagten Grasser „strategisch-politisch beraten“.

Allerdings hatte Winkler hinsichtlich des Prozessthemas „Buwog-Privatisierung“ mit Erinnerungslücken zu kämpfen. Und Details zum Buwog-Deal will der Zeuge gar nicht mitbekommen haben. So prägte der Satz „Dazu habe ich keine Wahrnehmung“ seine Einvernahme.

Diese drehte sich vor allem um Grassers Terminkalender. Speziell natürlich um die Termine, die mit dem – laut Anklage von Korruption begleiteten – Verkauf der Bundeswohnungen zu tun hatten. Winkler unterstrich, dass Grasser und er oft von der Früh bis nach 22 Uhr zu tun gehabt hätten, so sei „das Thema Buwog sicher kein zentrales Thema gewesen“.

„Kein tagesfüllender Beruf“

Es werde behauptet, dass der nun mitangeklagte Lobbyist Walter Meischberger seinerzeit als Gatekeeper fungierte, hielt die Richterin Winkler vor – Meischberger solle demnach Zugänge zu Grasser vermittelt haben. Winkler gab an, er habe davon nichts mitbekommen. Er wisse auch gar nicht, was ein Gatekeeper sein soll. Die Richterin lächelnd: „Gatekeeper ist auch kein tagesfüllender Beruf.“

Letztlich brachte die Prozessleiterin ein emotionales Thema ins Spiel. Sie wollte wissen, ob Winkler „einen Auszucker“ von Michael Ramprecht mitbekommen habe. Der Hintergrund: Letzterer war damals ebenfalls im Kabinett von Karl-Heinz Grasser tätig. Er, Winkler, habe Ramprecht eines Tages mitgeteilt, dass Ramprechts Position neu ausgeschrieben werde. Grasser hatte dies veranlasst. Die Richterin: „Wie hat Ramprecht reagiert?“ Winkler vornehm zurückhaltend: „Er war nicht erfreut.“

An dieser Stelle wurde der Prozess einmal mehr multimedial – prompt ließ die Richterin ein zum Thema passendes Mail per Beamer auf eine über dem Richtertisch angebrachte Großleinwand projizieren: Ein Mail von Grasser an seinen Anwalt Manfred Ainedter, in diesem Mail (6. Oktober 2009) bestätigte Grasser, dass Ramprecht „damals völlig ausgezuckt“ sei (später belastete Ramprecht Grasser durch eine Aussage). Dass es aus Sicht der Verteidigung problematisch ist, wenn vertrauliche Klientenmails an die Wand geworfen werden, fiel in diesem Moment nicht auf.

Vor Winkler hatte Grassers frühere Sekretärin ausgesagt. Sie gab an, dass der Terminkalender ihres Chefs immer sehr voll gewesen sei. Auch seien viele Bürgeranfragen zu beantworten gewesen, darunter auch Unpolitisches, etwa wo der Minister seine Krawatten kaufe.

Für Heiterkeit sorgte einer der Anwälte jener Firmen, die sich als Geschädigte dem Prozess angeschlossen haben. Er fragte die Sekretärin: „Erinnern Sie sich an den Termin am 4. Juni 2004 um 17.30 Uhr?“ Diese verneinte. Und erlaubte sich anzumerken, dass es ihr Job gewesen sei, unzählige Termine für ihren Chef einzutragen – und dieser eine Termin nunmehr doch schon 15 Jahre zurückliege.

Indessen sitzt seit Dienstag wieder ein Mann mit auf der Anklagebank, den man aus Prozessen rund um das Verteilen von Geld der Telekom Austria kennt: Ex-Telekom-Boss Rudolf Fischer. Wie berichtet wurde ja eines „seiner“ Strafverfahren mit dem Buwog-Verfahren verschmolzen. Der Grund: Dieses Telekom-Verfahren läuft auch gegen Meischberger. Und da letzterer eben auch Buwog-Angeklagter ist, kam es zur Fusion. Am Donnerstag wird weiterverhandelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2019)

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