"Einzelmeinung"? SPÖ uneinig über Schutzhaft für alle

Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig
Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig APA/HANS KLAUS TECHT
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Burgenlands SPÖ-Chef Doskozil fordert eine Schutzhaft auch für Österreicher und erhält zaghafte Zustimmung von seinem Wiener Kollegen. In Kärnten ist die rote Sicht auf die Dinge indes eine andere, in Oberösterreich dominiert die Ablehnung.

Schutzhaft ja oder nein? Für Asylwerber oder auch für Österreicher? Diese Fragen beschäftigen derzeit nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die SPÖ. Während FPÖ-Innenminister Herbert Kickl am Montag betonte, die Sicherungshaft solle nur für gefährliche Flüchtlinge gelten, schlug Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil vor, die Präventivhaft auch für gefährliche Österreicher vorzusehen - ein Ansatz, den Kärntens roter Landeshauptmann Peter Kaiser eine "Einzelmeinung" nannte, obgleich sein Wiener Amtskollege, Michael Ludwig, die Idee goutierte. Oberösterreichs SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer wiederum bekundete, eine Sicherungshaft grundsätzlich abzulehnen.

Der Reihe nach: Dem burgenländischen SPÖ-Chef greift die Debatte über eine Sicherungshaft zu kurz. Ihm erscheint eine Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Österreichern nicht sinnvoll. Ähnlich sieht es Ludwig: Zwar wollte sich der Wiener Bürgermeister nicht festlegen, ob eine Sicherungshaft eingeführt werden soll oder nicht, jedenfalls gehöre sie aber diskutiert - und zwar aus "Opfersicht". Nur für Asylwerber solle sie gegebenenfalls nicht gelten, ging er am Montag aber doch mit Doskozil (SPÖ) d'accord. "Für ein Opfer eines Gewaltverbrechens spielt es keine Rolle, woher der Täter kommt", betonte Ludwig. Bei allfälligen Neuregelungen müssten "natürlich auch alle Grundrechte, Menschenrechte und verfassungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden".

Für den Koalitionspartner der SPÖ in Wien, die Grünen, gibt es in Sachen Sicherungshaft indes keinen Spielraum. Neo-Spitzenkandidatin Birgit Hebein, die ab Ende Juni auch Vizebürgermeisterin sein wird, sagte am Montag: "Doskozil will Menschen auf bloßen Verdacht hin in Haft nehmen, weil sie vielleicht einmal eine Straftat begehen könnten", kritisierte sie: "Mit diesem Sicherheitspopulismus muss endlich Schluss sein."

Ähnliche Skepsis kam aus Oberösterreich: Der türkis-blauen Bundesregierung gehe es nicht um die Sicherheit der Bevölkerung, sondern "einzig darum, Asylwerber in Bausch und Bogen zu kriminalisieren", meinte SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer.

Kaiser sieht Doskozil-Aussagen als "Einzelmeinung"

Kärntens Landeshauptmann und stellvertretender SPÖ-Bundeschef Peter Kaiser wiederum ortete in den Aussagen Doskozils zur Sicherungshaft eine "Einzelmeinung". Nach seiner Position zur Sicherungshaft gefragt, wollte sich Kaiser nicht explizit festlegen, er forderte eine Analyse: "Ich habe in dem Fall etwas anderes zu sagen."

Und zwar: "Ich möchte nicht, dass man ohne irgendeine tiefer gehende Diskussion hier irgendwas beschließt, und auf einmal kann jeder und jede in Österreich kontrolliert werden. Denn was Doskozil gestern nur einmal als eine Facette aufgezeigt hat: Warum, wenn man schon mit solchen Argumenten kommt, ist es ausschließlich eine bestimmte Gruppe, warum soll das nicht für alle gelten? Sind nicht alle auch potenzielle Gefährder oder Nicht-Gefährder?"

Der geschäftsführende SPÖ-Chef Georg Dornauer zeigte sich zur Sicherheitshaft zumindest gesprächsbereit - "aber vor dem Hintergrund der Wahrung aller Grund- und Menschenrechte", sagte er. Menschen "einfach wegzusperren", gehe freilich nicht: "Das wollen wir nicht - und das will auch Doskozil nicht."

(Red./APA)

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