Wie der Karfreitag vom Feiertag zum Urlaubstag wurde

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Evangelische und Altkatholiken verlieren den Karfreitag als zusätzlichen freien Tag. Künftig gibt es einen "persönlichen Feiertag" für alle. Der muss aber aus dem Urlaubskontingent genommen werden.

Wien. Zum Karfreitag brauchte es mehrere Einigungsanläufe, bis es schlussendlich am Dienstag dann eine echte Einigung gab. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zwang die türkis-blaue Regierung, den Karfreitag gesetzlich neu zu regeln. Dass der Karfreitag bisher nur für Altkatholiken und Evangelische ein freier Tag gewesen war, wurde vom europäischen Höchstgericht als Ungleichbehandlung gewertet.

Die am Dienstag auf Druck ausverhandelte Lösung sieht nun so aus: Der Karfreitag als Feiertag wird gestrichen und durch einen „persönlichen Feiertag“ für alle ersetzt. Der muss allerdings vom regulären Urlaubskontingent genommen werden. Ein entsprechender Abänderungsantrag soll am Mittwoch im Nationalrat eingebracht werden, wo gleich darüber abgestimmt werden soll.

1. Wie soll das mit dem persönlichen Feiertag funktionieren? Wie kam man zu der Lösung?

Jeder Arbeitnehmer hat nun das Recht, einen seiner Urlaubstage als „persönlichen Feiertag“ zu definieren. Das muss künftig drei Monate zuvor angemeldet werden, für das Jahr 2019 wird eine kürzere Frist definiert.

Sollte der Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers - verursacht durch dringende betriebliche Gründe - dennoch an diesem selbstgewählten „persönlichen Feiertag“ freiwillig seiner Arbeit nachgehen, so erhält er für diesen Tag einen Feiertagsaufschlag. Der Urlaubsanspruch bleibt bestehen. „Damit erhält der Arbeitnehmer stattdessen einen anderen Urlaubstag“, heißt es in der gemeinsamen Aussendung der Regierungskoordinatoren ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot Blümel und FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer.

Das Ringen um die Lösung war zäh: Zuerst präsentierte die Regierung das Vorhaben, den Karfreitag für alle ab 14 Uhr zum halben Feiertag zu machen – breiter Protest von Kirchenvertretern, Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern folgte. Ob die Regelung rechtlich halten würde, war ebenfalls umstritten. Am Montag verhandelte man bis in die Nacht und einigte sich auf Folgendes: Der Karfreitag solle für alle zum Feiertag werden, der Pfingstmontag dafür fallen. Das wollten wiederum Kirchenvertreter, Gastronomie und Tourismus nicht akzeptieren.

Somit wurde die Idee des persönlichen Feiertages noch einmal aufgegriffen und adaptiert. Die Lösung wurde Dienstagnachmittag in einer Aussendung verkündet. Ein Gesetzestext mit Details war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig, was vor allem den Abgeordneten der Opposition sauer aufstieß.

2. Sind mit der Lösung nun alle Probleme der Ungleichbehandlung ausgeräumt?

Nein. Die Evangelischen und Altkatholischen verlieren nun praktisch einen freien Tag. Im Generalkollektivvertrag von 1953 wurde der Karfreitag für sie als freier Tag definiert. Das ist nun hinfällig.

In eben jenem Kollektivvertrag ist allerdings auch Jom Kippur, das jüdische Versöhnungsfest, als freier Tag für alle definiert. Das Fest wird traditionell an wechselnden Tagen im September oder Oktober gefeiert, dieses Jahr fällt der Feiertag auf den 9. Oktober (nach jüdischer Tradition beginnt er schon am Abend davor). Sollte darin nun jemand eine Ungleichbehandlung sehen und den Weg zu einem Höchstgericht gehen, ist zu erwarten, dass dieselbe Debatte wie beim Karfeitag noch einmal geführt werden muss.

Auch, was mit den Beamten passiert, war am Dienstag noch nicht ganz klar: Denn sie haben den Karfreitag sowieso halbfrei. In der Praxis wird der neue freie Tag wohl auch für Arbeitgeber und Lohnverrechner komplizierter zu administrieren sein.

3. Wie reagieren die Kirchenvertreter auf die neue Regelung?

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Erstaunlich positiv sieht die neue Regelung die evangelische Kirche – immerhin verlieren ihre etwa 300.000 Mitgliedern nun einen Feiertag. Bischof Michael Bünker sah darin am Dienstag eine „positive Lösung mit Wermutstropfen“. Und: „Ich freue mich, dass Evangelische nun die Möglichkeit haben, den ganzen Karfreitag als ihren Feiertag zu begehen.“ Der Wermutstropfen sei aber, „dass dieser selbstgewählte Feiertag aus dem bestehenden Urlaubskontingent zu nehmen ist“.

Bünker sagte im Gespräch mit der „Presse“, dass er allerdings schon mit Unmut in der Gemeinde rechne: „Ja, das wird Aufregung geben, wie auch der Vorschlag für den halben Feiertag für Aufregung gesorgt hat. In welche Richtung das geht, kann ich aber noch nicht abschätzen.“

Die katholische Kirche konnte sich ebenfalls mit dem Vorschlag anfreunden. Die Bischofskonferenz begrüßte die Regelung als „Zeichen einer religionsfreundlichen Politik gerade im Blick auf Minderheiten“.

Freude kam übrigens auch beim Handelsverband auf, der diesen Vorschlag eingebracht hatte.

4. Was sagen die Arbeitnehmervertreter zu diesem Vorschlag?

„Das ist ein Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmer“, schrieb Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl am Dienstag in einer Aussendung. Statt allen einen Feiertag zu lassen, müsse nun ein Urlaubstag verbraucht werden.

Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund ÖGB sprach von einer „Verhöhnung der Arbeitnehmer. Zuerst werde evangelischen und altkatholischen Beschäftigten ein halber Feiertag gestrichen und jetzt sogar der ganze“, ärgert sich der Leitende Sekretär Bernhard Achitz. Sichtlich lächerlich findet Achitz die Rhetorik der Regierung bezüglich eines persönlichen Feiertages innerhalb des eigenen Urlaubskontingents. Es sei schon jetzt so, dass der Arbeitgeber vor Gericht gehen müsse, wenn er einen lange beantragten Urlaubstag verhindern wolle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2019)

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