"Stil, der nicht gefällt": Nationalrat streicht Karfreitag als Feiertag

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NATIONALRAT: REGIERUNGSBANK - PLATZ KICKL(c) Roland Schlager, APA
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Der Karfreitag fällt heute aus dem Feiertagskalender. Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache rechtfertigen die Lösung. Die Arbeiterkammer zeigt sich empört - auch darüber, in Verhandlungen nicht eingebunden worden zu sein.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs hatte eine Debatte angestoßen: Was tun mit dem Karfreitag? Dieser war bisher nur für Altkatholiken und Evangelische ein freier Tag, eine Diskriminierung, befand das Höchstgericht. Die Koalition aus ÖVP und FPÖ schlug daraufhin vor, aus dem Karfreitag einen halben Feiertag zu machen - ein Vorstoß, der auf heftige Kritik gestoßen ist und zu folgendem Beschluss geführt hat: Der Nationalrat entfernt heute den Karfreitag gänzlich aus dem Feiertagskalender (siehe Livestream unten). Wer künftig an diesem Tag frei haben will, muss dafür einen Tag aus seinem regulären Urlaubskontingent verwenden.

Ein Ende der Kritik bedeutet das freilich nicht. Zwar zeigten sich die Kirchenvertreter umgehend erfreut, die Opposition ("Urlaubsraub") und die Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sind diesbezüglich aber ganz anderer Auffassung. Ihrer Ansicht nach habe sich Türkis-Blau für die schlechteste Variante entschieden, denn, wäre die Regierung dem Urteil des EuGH tatsächlich gefolgt, "dann hätten alle Arbeitnehmer am Karfreitag frei".

Anderl: Türkis-blauer Stil, "der absolut nicht gefällt"

Anderl kritisierte am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal" auch den Stil der Regierung, die die Karfreitagsentscheidung ohne Einbindung der Sozialpartner getroffen hatte: "Wir haben einen neuen Stil der Bundesregierung, der uns als Interessenvertretung Arbeiterkammer, aber auch als ÖGB, absolut nicht gefällt. Es ist auch kein Stil, der zukünftig für Frieden und soziale Gerechtigkeit sorgt, wie wir es kennen."

Auch die Regelung, wie sie die Regierung plant, greife in den aus den 1950er Jahren stammenden General-Kollektivvertrag und auch in Branchen-Kollektivverträge ein - das sei eine neue Dimension und bedenklich, so Anderl im Ö1-"Morgenjournal". Dass die Regierung in bestehende Kollektivverträge eingreift "hat es in der Zweiten Republik noch nie gegeben", beanstandete Anderl weiter. Sie werte diesen Schritt als ein "sehr bedenkliches" Signal.

Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) rechtfertigte indes im ORF-Radio die türkis-blauen Schritte: "Dass es am Ende ein Kompromiss sein hat müssen, war klar." Mit der Neuregelung habe nun jeder Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch darauf, einen Urlaubstag an einem Tag seiner Wahl zu nehmen. Das sorge für Gleichberechtigung. Angesprochen auf die Kritik an der Lösung gab sich Blümel unbeeindruckt: "Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass es recht egal gewesen wäre, welche Lösung wir vorgelegt hätten, sie wäre ohnehin von der Opposition kritisiert worden." Er sei jedenfalls froh, dass den Religionsgemeinschaften der gefundene Kompromiss zusage.

Kurz und Strache verteidigen Lösung

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) verteidigten am späten Mittwochvormittag ihren Entschluss. Im Pressefoyer nach dem Ministerrat betonten beide, dass keiner der 13 Feiertage in Österreich gestrichen wird und dafür wolle man auch das Bewusstsein schärfen.

Für 96 Prozent der Österreicher ändert sich nichts, so Kurz. Die einzige Veränderung gebe es für die Protestanten. Dies lasse sich begründen, denn es sei nicht fair, dass eine Gruppe mehr Feiertage habe als andere. Für Jom Kippur gebe es keinen gesetzlichen Feiertag, dieser sei im Kollektivvertrag geregelt. Angesprochen darauf, dass im Öffentlichen Dienst am Karfreitag frei sei, verwies Kurz auf unterschiedliche Regelungen in diversen Sparten der Wirtschaft. Selbst im Öffentlichen Dienst seien die Regelungen sehr divers, nannte er etwa Lehrer und die Polizei als Beispiel.

Strache übte indes Kritik an der Arbeiterkammer, die einen Atheisten mit seiner Klage unterstützt habe, "weil man das den Protestanten kollektivvertraglich neidig war". Aufgrund des EuGH-Urteils musste man die Regelung nun entsprechend bereinigen. Mit der "Aufwertung" eines Urlaubstages als einseitiges Recht für Arbeitnehmer können sich nun Protestanten etwa am Karfreitag freinehmen. Aber auch Atheisten oder Anhänger von Religionsgemeinschaften "querbeet" könnten sich einen persönlichen Feiertag oder Familientag nehmen, so Strache weiter. Die Debatte sei damit "positiv gelöst".

Von Kindergeld bis Lkw-Sicherheit

Bevor das Ende des Karfreitags heute im Nationalrat besiegelt wird, steht im Nationalrat auf Antrag der SPÖ übrigens eine Debatte über Lkw-Sicherheit auf der Agenda der Abgeordneten. Beschlossen wird heute außerdem, dass Krisenpflegeeltern wieder Familienbeihilfe und Kindergeld beziehen können. Auch die Rahmenbedingungen für das Foto auf der E-Card werden in der Sitzung festgelegt. Und: In einer "Dringlichen Anfrage" wollen die Neos eine rasche Steuerreform einfordern.

>>> Link zum Ö1-"Morgenjournal"

(hell)

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