Ein Ex-Kabinettchef als "Patriot", aber ohne "Tatpläne"

Die Angeklagten Peter Hochegger (links), Walter Meischberger (2.v.l), Karl Heinz Grasser (rechts) und Anwalt Norbert Wess (2.v.r).
Die Angeklagten Peter Hochegger (links), Walter Meischberger (2.v.l), Karl Heinz Grasser (rechts) und Anwalt Norbert Wess (2.v.r).(c) APA (Herbert Neubauer)
  • Drucken

Der frühere Kabinettchef von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Heinrich Traumüller, schilderte im Buwog-Prozess seine "Freiräume", mühte sich, seine alten Notizen vorzulesen und beteuerte "keine Manipulationen" erlebt zu haben.

Schreiben und Lesen – zwei Fähigkeiten, die am 80. Verhandlungstag im Korruptionsprozess um die umstrittene Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften des Jahres 2004 am Wiener Landesgericht für Strafsachen im Fokus standen. Der Grund: Heinrich Traumüller hatte während seiner Zeit im Finanzministerium etliche davon angefertigt, teils in grüner, teils in schwarzer Schrift. Am Dienstag befanden sich die meisten davon in dicken Aktenordnern auf der Richterbank und wurden einzeln herausgeholt, damit der frühere Kabinettchef von Karl-Heinz Grasser und spätere Bereichsleiter für Personal diese vorlesen und erläutern konnte. Er kam dieser Aufforderung nach – meist sprach er dabei äußert schnell, verhaspelte sich zuweilen und unterbrach die Richterin, zu deren Missfallen, oft.

Und das war nicht das Einzige, wofür Traumüller strenge Worte der Vorsitzenden erntete. „Ich habe keine Manipulationen wahrgenommen, ich habe keine Tatpläne wahrgenommen“, sagte er. Grasser habe stets Wert auf Transparenz gelegt. „Haben Sie das gerade vorgelesen?“, fragte Marion Hohenecker. Ja, er habe sich das beim Frühstück notiert und jetzt vorgelesen, weil es ihm ein Anliegen sei, das zu betonen.

"Ich nehme an, Sie sind Patriotin?"

Ein weiterer Satz, der die Richterin verärgerte: „Ich nehme an, Sie sind so Patriotin wie ich selbst Patriot bin?“, sagte Traumüller im Zusammenhang damit, dass er froh war, unter den Bietern für die rund 60.000 Wohnungen auch österreichische Bewerber zu haben. Er habe nicht über ihre Vorlieben nachzudenken, wies die Richterin den Zeugen zurecht. Er solle sich auf ihre Fragen und klare Antworten konzentrieren.

Das tat der 61-Jährige dann auch und erläuterte, dass er von Grasser im Juli 2003 beauftragt worden sei, sich mit der Privatisierung der Bundeswohnungen zu befassen. Die Vorgaben: Es müsse rasch gehen, es sollte der höchstmögliche Preis erzielt werden („Der Minister wollte mehr, über eine Milliarde Euro.“), alle fünf Gesellschaften (u.a. Buwog und ESG Villach) sollten verkauft werden („Er wollte nicht auf einem Teil sitzen bleiben.“) und der Verkauf sollte nach Möglichkeit defizitsenkend wirken.

Wie die Kommunikation mit Grasser funktioniert habe? „Sehr gut“, meinte der Zeuge und sie sei „auf allen Ebenen möglich“ gewesen. Dennoch sei es vorgekommen, dass man teilweise länger nicht über die Privatisierung gesprochen habe: „Der Minister wollte nicht mit Details behelligt werden“, insofern habe Traumüller durchaus einige „Freiräume“ gehabt. Ob er es auch war, der entschieden habe, eine zweite verbindliche Bieterrunde anzusetzen, wollte die Richterin daraufhin wissen. Nein, meinte Traumüller, diese Entscheidung habe „letztlich der Minister“ getroffen – jedoch nicht im Alleingang, zugezogene Experten hätten dazu geraten, etwa von der Investmentbank Lehman Brothers, die die Privatisierung abwickelte.

Ramprecht im Zeugenstand

Mehrfach unterbrochen wurde die Zeugenbefragung übrigens von Grassers Anwälten. Sie monierten, in einige der Unterlagen, die Traumüller vorgehalten wurden, vorab keine Einsicht erhalten zu haben. Das stimme nicht, konterte daraufhin die Richterin, alles befinde sich ordnungsgemäß im Akt. Und zwar so viel, dass Traumüller ein weiteres Mal im Gericht erscheinen wird müssen: Am Donnerstag soll seine Befragung fortgesetzt werden.

Morgen, Mittwoch, wird hingegen ein anderer im Zeugenstand Platz nehmen: Michael Ramprecht. Er war einst Kabinettsmitarbeiter von Grasser und hat den Ex-Minister im Rahmen eines Interviews vom Herbst 2009 belastet, indem er von einem „abgekarteten Spiel“ bei der Privatisierung der Bundeswohnungen gesprochen hatte. Grasser warf ihm daraufhin Rachegelüste vor. Die Folge: ein (juristischer) Schlagabtausch. Ob dieser nun im Großen Schwurgerichtssaal fortgesetzt wird, wird sich zeigen. Die „Presse“ berichtet in jedem Fall wieder ab 9:30 Uhr live.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

„Habe immer zum Wohl der Republik gehandelt“: der Angeklagte Karl-Heinz Grasser (r.) mit Anwalt Manfred Ainedter.
Buwog-Prozess

Grassers Schlussworte: „Nichts Unrechtes getan“

Am 168. Verhandlungstag sprachen Karl-Heinz Grasser und Co. ihre Schlussworte. Damit fiel der Startschuss für die länger dauernden Beratungen des Richtersenats.
Buwog-Prozess

Grasser: "Immer nur die Interessen der Republik im Sinne gehabt"

Er sei unschuldig und hoffe auf ein "gerechtes Urteil“, sagt der Ex-Finanzminister am letzten Hauptverhandlungstag im Buwog-Prozess.
Grasser-Anwalt Norbert Wess: "Wenn die WKStA schon mich gerne beleidigt, sollte sie berücksichtigen, dass sie auch das Gericht lächerlich macht."
Buwog

„Es kann nur einen Freispruch geben“

Im Buwog-Prozess rechneten die Ankläger zuerst mit Karl-Heinz Grasser ab, nun fordern die Verteidiger einen Freispruch.
Manfred Ainedter und Karl-Heinz Grasser
Buwog-Prozess

Plädoyer: Grasser wurden "beste Jahre seines Lebens genommen"

Anwalt Manfred Ainedter fordert für Ex-Minister Karl-Heinz Grasser einen Freispruch von allen Anklagepunkten. Zeugen hätten vor Gericht gelogen, die Staatsanwälte falsch gehandelt.
Die Ankläger Alexander Marchart und Gerald Denk.
Schlussplädoyers

„Grasser hat kassiert, er ist schuldig“

Buwog-Prozess: Die Plädoyers der beiden Oberstaatsanwälte gerieten zu einer unerbittlichen Abrechnung mit Karl-Heinz Grasser. 2,5 Millionen Euro Bestechungsgeld habe der seinerzeitige Finanzminister in seine eigene Tasche fließen lassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.