Buwog-Deal „abgekartetes Spiel“

Michael Ramprecht belastete Karl-Heinz Grasser (Bild: Ramprecht bei einem Medienprozess in Wien, 2011).
Michael Ramprecht belastete Karl-Heinz Grasser (Bild: Ramprecht bei einem Medienprozess in Wien, 2011).APA/GEORG HOCHMUTH
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Michael Ramprecht, Exmitglied des Kabinetts im Finanzministerium, sagt als Zeuge aus: Er habe erfahren, dass Karl-Heinz Grasser beim Buwog-Deal die Fäden gezogen habe.

Wien. Wie aus einem Angeklagten ein Belastungszeuge werden kann – dafür lieferte am Mittwoch der Buwog-Prozess eine Lehrstunde. Michael Ramprecht (58), einst Kabinettsmitglied, Vertrauter und auch Bewunderer von Karl-Heinz Grasser („Der Minister war ein Heiliger für mich“), belastete seinen früheren Chef schwer. Diese Konstellation ist interessant. Denn ursprünglich war Ramprecht selbst einer der Angeklagten.

>>> Nachlese des Livetickers: Ramprecht belastet Grasser schwer

Der Tenor der emotional vorgetragenen Aussage von Michael Ramprecht: Der aktuell mitangeklagte, aber aus gesundheitlichen Gründen nicht im Gerichtssaal anwesende Immobilienmakler Ernst Karl Plech (74) habe schon 2004 enthüllt, dass der Buwog-Verkauf manipuliert worden sei.

Grasser, damals Finanzminister, habe im Hintergrund dafür gesorgt, dass jenes Käuferkonsortium zum Zug kommt (Immofinanz-Konsortium), von dem sich Grasser selbst und Leute aus dessen Umfeld eine Provision erwarteten. Ramprecht: „Meine Wahrnehmung aus dem Gespräch mit Plech war: Der Minister zieht die Fäden.“

Ramprecht setzte somit einen Paukenschlag. Aber dieser kam nicht überraschend. Schon 2009 erhob er in Medien diese Vorwürfe. Ein verbissener gerichtlicher Schlagabtausch zwischen Grasser und ihm folgte.

Ein Tennismatch mit Folgen

Als dann die Buwog-Anklage da war, fand sich Ramprecht darin wieder: als fünfter von 16 Angeklagten. Der Vorwurf lautete auf Beihilfe zur Untreue: Ramprecht habe im Vorfeld des Buwog-Verkaufs auf die Auswahl der Bank, die den Buwog-Deal organisieren sollte (Lehman Brothers), Einfluss genommen. Das Oberlandesgericht Wien setzte diesen Anklagepunkt aber mangels dringenden Verdachts außer Kraft. Und stellte das Verfahren in dieser Sache ein. Fortan war Ramprecht „nur“ noch Zeuge. Zeuge der Anklage.

Wie ist nun dieses Gespräch mit Plech verlaufen, will Richterin Marion Hohenecker von Ramprecht am Mittwoch wissen. Es habe im März oder April 2004 nach einem Tennismatch stattgefunden, so der Zeuge. Damals war Ramprecht Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG). Sein Engagement im Kabinett Grasser hatte nur von Anfang 2000 bis Mitte 2001 gedauert.

Da Plech das Tennismatch gegen ihn, Ramprecht, mit 0:6, 0:6 glatt verloren habe, sei der Immobilienmakler und damalige Grasser-Berater gereizt gewesen. Als dann die Rede auf den Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog und andere) gekommen sei, habe Plech gefragt: „Lebst du hinter dem Mond?“ Weiter habe es geheißen: „Das Ganze ist abgekartet. Dahinter steht der Minister.“

Die Richterin: „Was soll abgekartet gewesen sein?“ Ramprecht: „Dass Lehman Brothers gewinnt und dass man den gesamten Prozess (Anmerkung: Buwog-Verkaufsprozess) bis zum Schluss so gestaltet, dass der gewinnt, von dem man den größten Vorteil hat.“ Die Richterin fragt noch einmal nach: „Sagte Plech, auch der Buwog-Prozess sei ein abgekartetes Spiel?“ Antwort: „Ja.“

Richterin: „Und wer soll involviert gewesen sein?“ Ramprecht: „Luigi Monetti und Meischberger.“ Zur Erklärung: Hinter dem Spitznamen des Ersteren verbirgt sich der frühere Boss der Raiffeisen-Landesbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger. Er starb im Jänner dieses Jahres. Er war Mitangeklagter im Buwog-Prozess. Walter Meischberger wiederum ist der Zweitangeklagte hinter Grasser. Er soll die Buwog-Provision, 9,6 Mio. Euro, erhalten und mit Grasser, Plech, dem mitangeklagten PR-Experten Peter Hochegger geteilt haben. Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt. Alle anderen bestreiten sämtliche Vorwürfe.

„Grasser dorthin bringen“

Wie er darauf komme, dass Grasser auch mit drin stecke, fragt die Richterin erneut. Ramprecht bleibt dabei – Plech habe vermittelt: „Dein Minister steckt hinter der ganzen Geschichte.“

Warum diese Belastungen? Ist es Rache, weil 2006 Ramprechts Vertrag als BBG-Chef nicht verlängert wurde – weil ihn Grasser damals nicht unterstützte? Keineswegs, meint Ramprecht. Und: „Im Innersten meines Herzens wollte ich, dass alles an die Öffentlichkeit kommt.“ Ganz unverblümt legt er nach: „Ich wollte Grasser dorthin bringen, wo er jetzt sitzt.“ Warum er erst 2009 aktiv geworden sei (damals gab er ein „Profil“-Interview), fragt die Richterin. Antwort: Vorher hätte seine Familie ihn abgehalten. Auch sei er von Plech bedroht worden.

Als Lebensversicherung habe er dann andere Gespräche zwischen ihm und Plech aufgezeichnet. Wo die Bänder seien, will die Prozessleiterin wissen. Die gebe er nicht heraus, solange die Drohung aufrecht sei, so Ramprecht. Warum er einerseits die (angeblichen) Bänder unter Verschluss hält, andererseits aber ohnedies umfassend aussagt, erfahren die Prozesszuhörer an diesem Tag nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2019)

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