"Bundesheer am Scheideweg": Generalstabschef fordert eindringlich mehr Geld

Die Presse/Clemens Fabry
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Das Heer wurde in den vergangenen 15 Jahren halbiert . Der oberste Offizier Robert Brieger warnt: Dadurch hätten sich "Sicherheitslücken ergeben".

Generalstabschef Robert Brieger, der oberste Offizier im Bundesheer, hielt sich bisher mit Warnungen und Wünschen zurück. Doch nach Bundespräsident Alexander van der Bellen schlägt nun auch er Alarm: Das Bundesheer könne bald seinen Verfassungsauftrag nicht mehr erfüllen. Brieger spricht in einem Papier, aus dem die "ZiB2" Dienstagabend zitierte und das auch der APA vorliegt, von einer "Diskrepanz zwischen dem Verfassungsauftrag, der Budgetlage und dem Realzustand" des Bundesheeres.

"Das Bundesheer hat sich in den letzen beiden Jahrzehnten von der eigenständigen Fähigkeit zur Landesverteidigung dramatisch entfernt. Schon bald werden die wesentlichen militärischen Kernfähigkeiten aufgrund der Überalterung nahezu aller wichtigen Waffensysteme nicht mehr vorhanden sein." Durch "die permanente Unterbudgetierung" des Bundesheeres hätten sich "Sicherheitslücken" ergeben, schreibt Brieger in einer Broschüre, die bisher nicht veröffentlicht wurde. "Das Bundesheer steht erstmalig seit seinem Bestehen vor dem Scheideweg, ob es seine Kernaufgabe als bewaffnete Macht der Republik Österreich überhaupt noch wahrnehmen kann oder eben nicht."

Der Generalstab verlangt eine Anhebung des Heeresbudgets von derzeit 2,2 Milliarden auf mindestens 3,3 Milliarden Euro bis 2022 und ab dann auf mindestens ein Prozent des BIP bzw. über vier Milliarden Euro, um das Notwendigste abzudecken. Ein Prozent des BIP hatte auch die FPÖ im Wahlkampf gefordert, Verteidigungsminister Mario Kunasek konnte aber ein so hohes Budget bei den Verhandlungen mit dem Finanzministerium bei Weitem nicht erzielen. Für eine "vollumfängliche Landesverteidigung" wären zwei Prozent notwendig, meint Brieger. Das Bundesheer sei "jetzt schon nicht mehr in der Lage seinen Verfassungsauftrag, Landesverteidigung im Rahmen einer Schutzoperation in einem vertretbaren Maß zu erfüllen", wenn das Budget nicht angehoben werde, werde das Militär "nur mehr einfache Assistenzleistungen erfüllen können und seine militärische Leistungsfähigkeit weitgehend einbüßen", so Brieger. Seit jeher kritisieren Militärs, dass das Bundesheer nur für Schneeräum-Arbeiten oder im Katastrophenschutz Anerkennung in der Bevölkerung bekommt. Und dass sich die Politik daher auch auf diese Bereiche konzentriert.

Robert Brieger: Heer sei regelrecht leergeräumt worden

Der "dringende Investitionsstau" wird vom Generalstabschef mit drei Milliarden Euro beziffert. Ohne Investition werde es 2025, also in sechs Jahren, in allen Bereichen zu einem Verlust von Fähigkeiten kommen - in der Luftraumüberwachung genau so wie bei der Mobilität und der Ausrüstung. Der Generalstab zeigt auch auf, dass das Bundesheer in den vergangenen 15 Jahren regelrecht leergeräumt und in allen Bereichen halbiert wurde. Neben zahlreichen Liegenschaften wurden seit 2004 41 Prozent der Luftfahrzeuge, 62 Prozent der schweren Waffen, 61 Prozent der geschützten und gepanzerten Fahrzeuge, 56 Prozent der ungeschützten Lkws und 49 Prozent der ungeschützten Pkw eingespart. Der Personalstand sank um 16 Prozent, die Mobilmachungsstärke gar um 50 Prozent und das Jahreskontingent der Grundwehrdiener um 47 Prozent.

Ein drastisches Bild zeigt sich auch bei der Infrastruktur des Militärs. Bei 65 Prozent der Gebäude brauche es größere Instandsetzungen, 25 Prozent der Infrastruktur brauchen kleinere Instandsetzungen, nur zehn der Gebäude sind in einem neuwertigen Zustand.

(APA/red.)

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