1,50 Euro für Asylwerber: Kurz will Länder-Kritik "prüfen"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) APA/AFP/POOL/FRANCK ROBICHON
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Der Kanzler rechtfertigt die geplante Lohnkürzung für Asylwerber, die gemeinnützig arbeiten. Es handele sich um eine "Belohnung" und keinen Lohn, betonte er.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) reagiert auf die Kritik an der geplanten Lohnkürzung für Asylwerber, die gemeinnützige Arbeit annehmen. Zuletzt hatten sich insbesondere seine Parteikollegen, die Landeshauptleute von Vorarlberg und Oberösterreicher, Markus Wallner und Thomas Stelzer, sowie auch Kärntens SPÖ-Landeschef Peter Kaiser ablehend zu Wort gemeldet. Von einem "nicht förderlichen" Vorhaben bis hin zu "menschenverachtenden" Plänen war die Rede. 

Kurz kündigte nun am Mittwoch an, dass die Bundesregierung die Anliegen der Bundesländer im Rahmen der Begutachtung "prüfen" und dann eine Entscheidung treffen werde.

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Die Aufregung um die 1,50 Euro pro Stunde versteht Kurz dennoch nicht: Im Pressefoyer nach dem Ministerrat verwies er vielmehr darauf, dass ein entsprechendes Gesetz unter Rot-Schwarz 2017 beschlossen wurde. "Das ist einmal eine positive Kern'sche Hinterlassenschaft", befand auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), der ebenfalls daran erinnerte, dass die Regelung damals für die SPÖ "gut und richtig" gewesen sei.

Der Hintergrund laut Kanzleramt: Damals wurde ein Gesetz verabschiedet, wonach der Innenminister per Verordnung die Details zu gemeinnützigen Tätigkeiten von Asylwerbern festlegen kann. Zwischen Bund und Ländern ist koordiniert, dass die Asylwerber dafür monatlich maximal 110 Euro bekommen dürfen. Während es für Hilfstätigkeiten im Auftrag des Bundes schon einen Stundensatz von 1,60 Euro gibt, fehlt eine einheitliche Stundensatzregelung bisher für die Länder, was derzeit unterschiedliche und teils höhere Stundensätze zur Folge hat.

Dies soll nun eben mit der von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in Begutachtung geschickten Verordnungsermächtigung auf 1,50 Euro vereinheitlicht werden.

Nicht Lohn, sondern "Belohnung"

Kurz erläuterte, dass sich die Regelung am Zivildienst orientiere. Außerdem handle es sich nicht um einen Lohn, sondern eine "Belohnung" für jene, die sich ehrenamtlich engagieren, hielt Kurz fest. Die Betroffenen seien in der Grundversorgung, es werde ihnen also Wohnung, Verpflegung und anderes zur Verfügung gestellt. Er wolle diese Belohnung nicht mit einem Erwerbseinkommen vergleichen, weil das nicht die Intention sei - sonst schaffe man einen Billiglohnbereich.

In den Bundesländern gebe es teilweise unterschiedliche Regelungen und man werde die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren prüfen, erklärte Kurz. Ziel müsse es jedenfalls sein, dass mehr Asylwerber den Weg der gemeinnützigen Tätigkeit gehen, im Idealfall fast jeder. Es gebe aber "ein gewisses Chaos" in diesem Bereich, weil man derzeit nicht einmal wisse, wie viele Personen sich dabei engagieren. In jenen Ländern, wo vier bis fünf Euro pro Stunde als Anreiz bezahlt würden, könne man aufgrund des Gesamtmaximums von 110 Euro dann nur eine Stunde pro Tag einen Beitrag leisten - das reiche nicht für einen geregelten Tagesablauf, findet Kurz.

Ähnlich argumentierte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Man muss schon dazusagen, dass es um einen Zuschlag zur Grundversorgung geht", sagte sie und erinnerte daran, dass jeder Asylwerber vom Staat eine garantierte Rundum-Versorgung erhalte.

Auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) äußerte sich zu dem Thema - am Rande eines Termins mit Mikl-Leitner. Er sagte allerdings, dass es sich hierbei um ein "Randthema" handle: In seinem Bundesland gebe es sechs bis sieben solcher Fälle. Wichtiger sei es, die Asylverfahren zu verkürzen, betonten sowohl er als auch Mikl-Leitner: Gebe es einen positiven Bescheid, gehe es darum, die Menschen auch in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Negativ beschiedene Fälle seien abzuschieben, meinte Doskozil.

Dienstleistungsscheck-Arbeiten nicht betroffen

Nicht betroffen von der geplanten Lohnsenkung sind Dienstleistungsscheck-Arbeiten. Asylwerber, die seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen sind, können ja seit 1. April 2017 auch bewilligungsfrei haushaltstypische Dienstleistungen in Privathaushalten (z.B. Gartenarbeiten, Kinderbetreuung) mit einer Entlohnung über den Dienstleistungsscheck übernehmen. Dabei können sie auch mehr als 1,50 Euro verdienen, hat das Sozialministerium am Mittwoch klargestellt. Bei den über den Dienstleistungsscheck abgerechneten Tätigkeiten kann der Lohn grundsätzlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer frei vereinbart werden. Es müssen aber die Mindestlohntarife berücksichtigt werden.

(APA/Red.)

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