Strache warnt nach Kurz-Forderung vor "Hüftschüssen" bei Berichtspflichten

Austria´s Vice Chancellor Strache addresses the media in Vienna
Austria´s Vice Chancellor Strache addresses the media in Vienna(c) REUTERS (Leonhard Foeger)
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Nach Kritik der Opposition und auch vom Regierungspartner verteidigt Vizekanzler Strache seine Partei, die FPÖ, abermals. Die Forderung von Kanzler Kurz, Berichte der Nachrichtendienste auch an die Regierungsspitze liefern zu lassen, bezeichnet Strache als "heikle Materie".

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat am Dienstag zu der von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geforderten Änderung der Berichtspflichten der Nachrichtendienste erklärt, man arbeite ein einem "guten Gesetz". Gleichzeitig mahnte er zur Vorsicht. Das Thema sei eine "sensible Materie", es dürfe zu keinen "Hüftschüssen" kommen.

Kurz hatte am Montag erklärt, künftig sollten das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), das Abwehramt und das Heeresnachrichtenamt auch an Kanzler und Vizekanzler Informationen weitergeben. Dies sei Konsequenz aus den jüngsten Verbindungen des Christchurch-Attentäters nach Österreich und zu den rechtsextremen Identitären, hieß es.

Vizekanzler Strache erklärte am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz, die Änderung der Berichtspflichten sei ja ohnehin ein Punkt im Regierungsprogramm. Er mahnte zur Vorsicht: "Das ist eine Materie, die verfassungsrechtlich durchaus heikel ist. Und genau deshalb kann man keinen Hüftschuss daraus machen. Aber wir arbeiten daran, ein gutes Gesetz - wenn es um die Berichtspflicht der Dienste geht - auch sicherzustellen. Aber das darf kein Hüftschuss sein, das ist sozusagen eine durchaus sehr sensible Materie."

Strache kann keinen "schwammigen Umgang" mit Identitären erkennen

Strache war zudem erneut um eine Abgrenzung seiner Partei von den Identitären bemüht. Die FPÖ habe diesbezüglich klare Beschlüsse, sagte der freiheitliche Parteichef: Jene, die Identitären-Mitglieder seien, könnten nicht bei der FPÖ sein. Kurz könne er "nur beruhigen: Wir haben eine klare Distanz zu jedwedem Extremismus, da kann er sich auf die FPÖ verlassen". Er gebe Kurz recht, wenn dieser meine, dass "schwammige Begrifflichkeiten nicht zu akzeptieren sind", sagte Strache. Kurz hatte am Vortag erklärt, er dulde "keinen schwammigen Umgang mit dieser rechtsextremen Bewegung" (den Identitären, Anm.) und erwarte, dass die FPÖ "klar Position bezieht" und allfällige Verbindungen trenne.

Strache sagte zudem, er wisse nicht, wo Kurz solch einen "schwammigen Umgang" der FPÖ mit den Identitären erkennen könne. Hintergrund der Aussagen des Kanzlers waren Berichte über ein Haus in Linz, in dem sich sowohl eine FPÖ-nahe Burschenschaft als auch ein Treffpunkt der Identitären befinden. Als Vermieter tritt ein Verein auf, den FPÖ-Funktionäre führen.

Strache: "Justiz hat zu bewerten, nicht Politik"

Der Rechtsstaat sei jetzt am Zug, meinte Strache im Hinblick auf die Identitären, die wegen einer Spende des Attentäters von Christchurch an ihren Obmann Martin Sellner in den Fokus der Öffentlichkeit rückten. Eine "völlig schonungslose und restlose Aufklärung" sei notwendig, sagte Strache. Staatsanwaltschaft und Justizressort seien gefordert, die Details auf den Tisch zu legen, "wo eine strafrechtliche Relevanz sichtbar ist, damit ein Prüfverfahren zur Vereinsauflösung (der Identitären, Anm.) überhaupt stattfinden kann".

Es gehe jedenfalls nicht darum, "Vorverurteilungen" zu machen, meinte der Vizekanzler. "Wenn jemand strafrechtliche Dinge getan hat, hat dass die Staatsanwaltschaft und die Justiz zu bewerten und nicht die Politik."

Rosenkranz ortet Kampagne gegen FPÖ

FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz ortete unterdessen eine "Kampagne der vereinten Linken" gegen die Bundesregierung, die "an Widerlichkeit kaum zu überbieten" sei. "Die Kampagne, die SPÖ und andere linke Zwerge mit ihren Verschwörungstheorien und Alternativszenarien aufgrund von bewussten Verdrehungen gegen Regierung und vor allem gegen Innenminister Herbert Kickl reiten, ist an Widerlichkeit kaum zu überbieten", meinte er in einer Aussendung.

"Natürlich" gebe es einen Berührungspunkt des Attentäters zu den Identitären in Österreich, nämlich eben die Spende, meinte Rosenkranz: "So weit so schlecht", aber alleine deswegen könne "kein Verein von heute auf morgen aufgelöst oder verboten werden, so wie es die Linke verlangt". Rosenkranz verwies auch auf die Aussagen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der erklärt hatte, eine Vereinsauflösung müsse man sich dreimal überlegen, da dies juristisch eine "sehr heikle Angelegenheit" sei. "Er steht damit wie Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache am Boden von Verfassung, Demokratie und Rechtsstaat", so der FPÖ-Klubchef.

SPÖ fordert Kickls Entlassung

Die SPÖ sieht indes enge Verflechtungen zwischen der FPÖ und den Identitären, und zwar auf ideologischer, organisatorischer und personeller Ebene. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda forderte Kanzler Kurz daher am Dienstag in einer Aussendung auf, klare Konsequenzen zu ziehen und sich von Innenminister Kickl (FPÖ) zu trennen.

"Ein Innenminister, der so enge Kontakte zu Rechtsextremen und zu den Identitären hat, ist ein Sicherheitsrisiko für Österreich und daher nicht länger tragbar. Statt wieder nur leere Ankündigungen zu machen, gibt es jetzt für Kurz nur eine Option: Der ÖVP-Kanzler muss dem Bundespräsidenten die Entlassung von FPÖ-Innenminister Kickl vorschlagen", meinte Drozda. Kurz trage die Verantwortung für die "gefährlichen Kontakte und Umtriebe" seines Koalitionspartners. Er habe die FPÖ in die Regierung geholt und damit eine Partei salonfähig gemacht, die bekanntermaßen immer wieder mit der extremen Rechten zu tun habe: "Dass Kurz seinen Koalitionspartner jetzt öffentlich auffordern muss, die Verbindungen zu Rechtsextremen zu beenden, ist ein Offenbarungseid, dem jetzt konkrete Schritte folgen müssen."

Kickl war zuletzt Fokus von internationaler Kritik. Europäische konservative Politiker brachten Kickl mit den Identitären in Verbindung. Kickl hatte 2016 bei einem rechten Kongress eine Rede gehalten, der mit einer "Leistungsschau der patriotischen, identitären und konservativen Arbeit" geworben hatte - Kickl sagte damals, er sei hier "unter Gleichgesinnten"; das Publikum sei eines "wie ich es mir wünsche und wie ich es mir vorstelle".

(APA/Red.)

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